Jährlich 50 Millionen für die Stadtkasse – einfach futsch

Städtereisen sind voll im Trend. Zusammen mit Hamburg liegt München aktuell auf Platz zwei der in Deutschland besuchten Städte. Das bringt viel Geld in die Stadt, allerdings nicht in die Stadtkasse, jedenfalls nicht direkt. Das ist in vielen anderen Städten anders. So erheben beispielsweise Berlin, Hamburg, Frankfurt und Köln jeweils eine „Bettensteuer“ , die typischerweise einige Euro pro Übernachtung beträgt. Nichts anderes gilt in Rom, Paris oder Barcelona. Begründet wird das mit der Nutzung der städtischen Infrastruktur durch die Gäste und den Kultureinrichtungen, die alle aus den städtischen Haushalten (mit-) finanziert werden.

Da liegt es nahe, dass auch die Stadt München diese Finanzquelle erschließt. Mit einer Vorlage wollte die Stadtkämmerei im Finanzausschuss am vergangenen Dienstag einen entsprechenden Grundsatzbeschluss des Stadtrates herbeiführen. Warum daraus nichts wird und die Stadt bis auf weiteres keine direkten Einnahmen aus dem boomenden Städtetourismus erhält, wird im Folgenden erläutert und kommentiert.

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Wieviel Wahlplakate verträgt München?

Immer wenn eine Kommunal-, Landtags- oder Bundestagswahl ansteht, verändert sich das Münchner Stadtbild. Plakate der Parteien werden an allen nur erdenklichen Stellen aufgestellt, um die Aufmerksamkeit auf Kandidaten und politische Aussagen zu lenken. Nach der Wahl dauert es dann viele Wochen, bis alles wieder abgebaut ist und auch der letzte Ständer beseitigt ist.

Braucht es das wirklich? Und in welchem Ausmaß? Gleich drei Bürgerversammlungen in Nymphenburg, Schwanthalerhöhe und Schwabing haben in den letzten Monaten beantragt, das Plakatieren der Parteien zu beschränken, unter anderem, um „Müllmengen und eine Verschandelung des Stadtbildes zu vermeiden“ . Daher hat sich der Kreisverwaltungsausschuss des Stadtrates am vergangenen Dienstag damit befasst. Anlass für mich, ein paar Gedanken zu diesem Thema zusammenzustellen.

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Vom Verkehrsversuch zum Provisorium

Die Neugestaltung der Fraunhoferstraße war eines der großen Aufregerthemen des letzten Kommunalwahlkampfes. Zur Erinnerung: Nachdem sich unter der schwarz-roten Rathauskoalition der vergangenen Wahlperiode (fast) nichts für den Radverkehr in München getan hat, kam 2019 Bewegung in die Diskussion. Das lag zum einem am erfolgreichen Münchner Radentscheid, mit dem der Stadtrat im Juli 2019 einen massiven Ausbau der Infrastruktur für den Radverkehr beschlossen hat. Zum anderen hat die SPD-Fraktion noch vor der Kommunalwahl im Frühjahr 2020 verkehrspolitisch die Seiten gewechselt und zusammen mit den Grünen den „Verkehrsversuch“ Fraunhoferstraße beschlossen. Damit wurde diese zentrale Verbindungsstraße vom Isarufer zum Sendlinger Tor innerhalb weniger Wochen von so:

Zustand der Fraunhoferstraße vor dem Beginn des Verkehrsversuchs
(Quelle: Präsentation Mobilitätsreferat)

auf so umgestaltet:

Aktueller Zustand der Fraunhoferstraße (Quelle: eigenes Bild)

Dadurch sind ca. 120 Parkplätze entfallen. An deren Stelle wurden zwei breite und damit „Radentscheid-konforme“ Radwege farbig markiert.

Eigentlich hätte der Verkehrsversuch nur ein Jahr dauern sollen. Doch dann kam Corona und viele andere dringende Themen, unter anderen die Gründung eines ganz neuen Referats in der Stadtverwaltung, das inzwischen alle Fragen der Mobilität in München bearbeitet. Daher wurden die Ergebnisse erst gestern in der Sitzung des Mobilitätsausschusses vorgelegt. Über die Diskussion der Stadträtinnen und Stadträte wird im Folgenden ebenso berichtet wie über die mittel- und langfristigen Pläne für die weitere Gestaltung der Fraunhoferstraße.

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Hohe Preise – sichere Versorgung

Das Thema Gaspreise kommt jetzt bei allen Münchner Gaskunden an. Die neuen Tarife ab dem 1. Januar 2023 sind in einem Preisblatt der Stadtwerke zusammengefasst, das vor wenigen Tagen veröffentlicht worden ist.

Damit steigt für typische Gasverbraucher im Vollversorgungstarif der Preis pro Kilowattstunde auf etwa 21,09 Cent. Das ist in etwa eine Steigerung auf das Doppelte der aktuellen Preise. Und doch wird damit noch nicht einmal die Hälfte der langfristigen Preissteigerungen für Erdgas an die Münchner Kunden weitergegeben. Warum das so ist, hat Dr. Florian Bieberbach, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Stadtwerke (SWM), am Dienstag in einem bemerkenswerten Vortrag im Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft erläutert. Die wichtigsten Erkenntnisse daraus werden im Folgenden zusammengefasst und diskutiert.

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Bürgerbegehren, Ratsbegehren oder Stadtratsbeschluss – wer entscheidet die Hochhausfrage?

Die Hochhausdebatte in München ist voll im Gange. Während das Stadtplanungsreferat zusammen mit dem Investor die Pläne für die Bebauung des Paketpostareals vorantreibt, sammelt eine Bürgerinitiative seit Monaten Unterschriften, um die zwei 150 Meter hohen Türme unbedingt zu verhindern.

Die Debatte gestern im Stadtplanungsausschuss hat sich weniger mit dem inhaltlichen Für und Wider der Hochhausplanung befasst, sondern mit der Frage, wie diese Entscheidung zustande kommen soll. Und da wird es richtig kompliziert. Im vorliegenden Beitrag sollen die verschiedenen Möglichkeiten zur Entscheidungsfindung kurz dargestellt und anhand der Argumente aus der heutigen Sitzung diskutiert werden.

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Neue Erkenntnisse

In Krisen muss man auf neue Umstände reagieren. Strategien, die gestern noch richtig waren, sind heute nicht mehr sinnvoll, wenn sich wesentliche Voraussetzungen geändert haben. So waren die harten Coronamaßnahmen am Anfang der Pandemie ebenso nötig, wie sie jetzt falsch wären. Dank der Impfung ist das Krankheitsrisiko inzwischen viel niedriger als in 2020.

Gleiches gilt in der aktuellen Gaskrise. Neue Entwicklungen verlangen das Überdenken bislang gefasster Beschlüsse. Ein aktuelles Beispiel aus München ist die überraschende Verlautbarung der Stadtwerke München (SWM), dass im kommenden Winter die Fernwärme in München grundsätzlich ohne den Betrieb der Gaskraftwerke der SWM erzeugt werden kann. Bislang galt die Annahme, dass diese Gaskraftwerke durchgehend laufen müssten, damit es in den mit Fernwärme geheizten Wohnungen Münchens nicht kalt wird, vgl. hier.

Vor diesem Hintergrund haben die Fraktionen der grün-roten Rathauskoalition ihre Meinung zum Weiterbetrieb des Atomkraftwerks Isar 2 geändert und in der Vollversammlung am vergangenen Mittwoch erklärt, dass sie einem begrenzten Weiterbetrieb im Grundsatz zustimmen können. Welche Überlegungen diesem Umschwung zugrunde liegen, und welche Unklarheiten es dabei noch gibt, soll nachfolgend erläutert werden.

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Atom oder Kohle ?

Wir befinden uns in einer Energiekrise. Der Blick auf die Nebenkostenabrechnung – jedenfalls die kommende – zeigt, dass die Heizkosten sich gerade vervielfachen, unabhängig davon, welcher Energieträger (Öl, Erdgas, Fernwärme, etc….) zum Einsatz kommt. Bislang ist aus der Energiekrise keine Versorgungskrise geworden. Noch kommt der Strom aus der Steckdose und das Gas aus der Leitung. Aber die unvorhersehbaren Handlungen von Wladimir Putin im Rahmen seines Angriffskrieges gegen die Ukraine könnten schon in den nächsten Tagen zu einem völligen Stopp der Gaslieferungen nach Deutschland führen.

Vor diesem Hintergrund hat die CSU-Fraktion im Stadtrat zum wiederholten Male den Antrag gestellt, der Oberbürgermeister solle sich auf Bundesebene für eine längere Laufzeit des Kernkraftwerks Isar 2 einzusetzen. In der heutigen Vollversammlung des Stadtrates gab es dazu eine intensive Debatte mit jeder Menge Schuldzuweisungen. Daneben waren aber auch interessante Argumente zum Für und Wider eines Weiterbetriebs des letzten Atomkraftwerks in Bayern zu hören. Darüber soll im Folgenden berichtet werden, zusammen mit ein paar eigenen Gedanken, was in dieser schwierigen Lage der richtige Weg sein könnte.

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Eine ernstzunehmende Empfehlung

Art. 18 der Bayrischen Gemeindeordnung verlangt, dass in jeder Gemeinde mindestens einmal im Jahr eine Bürgerversammlung stattfindet. In München gilt das für jeden Stadtbezirk. Gemäß Art. 18 (4) müssen dort verabschiedete Empfehlungen vom Stadtrat behandelt werden.

Im Juli 2021 hat die Bürgerversammlung des Stadtbezirkes Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt Folgendes beschlossen:

„München hat den Klimanotstand ausgerufen [….] . Eine der wichtigen Transformationen ist die Umstellung von fossilen Energieträgern auf erneuerbare Energie, wie etwa durch Solaranlagen. Bei bereits bestehenden Gebäuden sind Bebauungspläne eine Voraussetzung, um Neubauten oder alte Gebäude bei Dachsanierungen mit Solaranlagen auszustatten. Der Bezirksausschuss möge daher die Verwaltung mit der Erstellung von Bebauungsanträgen für den Bezirk beauftragen, um im nächsten Schritt auf die weitflächige Durchsetzung von Solaranlagen hinzuwirken […] “

(Hervorhebung hinzugefügt)

In der Sitzung des Stadtplanungsausschusses am vergangenen Mittwoch hat die Verwaltung dazu Stellung genommen. Die Ausführungen in der entsprechenden Vorlage sind zwar zutreffend, aber letztlich ebenso enttäuschend wie die Tatsache, dass es dazu keine Debatte im Ausschuss gab.

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Ein neuer „Stadtbaustein“

In München steht ein Justizpalast, der auch gut zu Paris oder London passen würde. Mit seiner Größe und Architektur bringt er die Bedeutung der dritten Staatsgewalt zum Ausdruck. Wer hier an einer Gerichtsverhandlung teilnimmt, merkt noch bevor er das Gebäude betritt, dass es um etwas geht.

Der Justizpalast (Quelle: Google Street View).

Umso erstaunlicher erscheint es aus heutiger Perspektive, dass in den 70er Jahren unmittelbar gegenüber ein riesiges Kaufhaus gebaut worden ist, dessen Fassade – vorsichtig ausgedrückt – ein gewisses Kontrastprogramm darstellt:

Die Fassade des Karstadt-Kaufhauses

Welche Überlegungen der Genehmigung dieses Baus zugrunde lagen, weiß ich nicht. Sollten Straftäter damit einen ersten Eindruck ihres zukünftigen Wohnortes bekommen? Oder ging es darum, Stilelemente der wenige Jahre zuvor errichteten Berliner Mauer in vierfacher Größe aufzugreifen?

Nun ändert sich nicht nur der Zeitgeschmack, sondern auch das Einkaufsverhalten. Große Kaufhäuser sterben aus und auch der Karstadt zwischen Schützenstraße und Prielmayerstraße rechnet sich nicht mehr. Der Abriss des Betonklotzes hat bereits begonnen. Was stattdessen hier errichtet werden soll, wurde am Mittwoch im Stadtplanungsausschuss vorgestellt.

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Paketpostareal – nächste Staffel

Im April 2021 habe ich hier über eines der umstrittensten Themen der Münchner Kommunalpolitik berichtet – die geplante Bebauung des Paketpostareals. Zur Erinnerung: Nördlich der Bahnachse liegt zwischen Wilhelm-Hale-Straße und Arnulfstraße die alte Paketposthalle. Mit ihren riesigen Betonbögen ist sie ein denkmalgeschütztes Bauwerk.

Die alte Paketposthalle

Die Halle und das umgebende Gelände hat die Post an einen Investor verkauft. Dessen Pläne sehen einen Umbau zu einer überdachten, offenen Kulturfläche mit wechselnder Nutzung vor. Eine Idee, die auf große Zustimmung stößt.

Allerdings kann man damit kein Geld verdienen. Finanziert werden soll das Projekt durch neue Wohnbebauung in der Umgebung, darunter zwei über 150m hohe Türme. Hier ein Bild aus dem sogenannten „Masterplan“ des Investors:


Die geplante Bebauung des Paketpostareals von Osten aus gesehen (Quelle: Masterplan des Investors)

Mit anderen Worten bekommt die Stadt eine neue attraktive Kulturstätte, wenn der Investor dafür als erster in München das Baurecht für richtige Hochhäuser erhält. Ein Angebot, das viele Stadträtinnen und Stadträte attraktiv finden, denen die gegenwärtige Architektur Münchens ohnehin zu „provinziell“ (FDP-Stadtrat Prof. Hofmann) erscheint.

Dennoch hat sich daran erheblicher Streit entzündet. Soll in München überhaupt so hoch gebaut werden und sind die beiden Türme dafür die geeigneten Objekte? Im April 2021 hat der Stadtrat ein sogenanntes Bürgergutachten in Auftrag gegeben, mit dem alle Aspekte des Bauprojekts von zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern untersucht werden sollten. Die Empfehlungen des fertigen Gutachtens wurden am Mittwoch im Stadtplanungsausschuss diskutiert.

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