Letzte Woche habe ich über einen Beschluss der Vollversammlung berichtet, mit dem das Bürgerbegehren zum Erhalt der städtischen Grünflächen vom Stadtrat übernommen worden ist. Direkte Auswirkungen hat das jedoch nicht. Auch in Zukunft wird der Stadtrat den Grünflächenschutz mit konkurrierenden Anforderungen abwägen müssen. In der gestrigen Sitzung des Stadtplanungsausschusses ging es um die dabei einfließenden „städtebaulichen Orientierungswerte“ . Was damit gemeint ist und wie in Zukunft genauer erfasst werden soll, ob ein Bebauungsplan tatsächlich hochwertige Grünflächen enthält, wird im Folgenden erläutert.
Die Bebauung des Stadtgebietes von München steuert die Verwaltung und der Stadtrat durch die sogenannte Bauleitplanung. Damit werden – unter Beteiligung der Öffentlichkeit – Bebauungspläne erstellt, die festlegen, wieviel und wo gebaut werden darf. Für die Beurteilung, ob in einem Bebauungsplan hinreichend Grünflächen vorhanden sind, verwendet das Stadtplanungsreferat aktuell folgende Richtwerte:
15m² pro Person innerhalb und 20m² außerhalb des Mittleren Rings.
Wie das Wort Richtwert schon vermuten lässt, handelt es sich nicht um eine genau einzuhaltende Mindestanforderung. In der Vorlage des Stadtplanungsreferats für die gestrige Debatte im Stadtplanungsausschuss liest sich das so:
„Auf eine konsequente Umsetzung der o.g. Werte wird geachtet. Sofern die Orientierungswerte aus städtebaulichen Gründen (z.B. ungünstiger Flächenzuschnitt des Planungsgebiets) ausnahmsweise unterschritten werden müssen, wird einzelfallbezogen geprüft, ob dies durch besondere Situationen begründet werden kann und ob Maßnahmen vorgesehen werden, die das ebenerdige Flächendefizit „kompensieren“, ggf. auch im Umfeld des Planungsgebiets.“
Leider war weder der Vorlage noch der Debatte zu entnehmen, wie gut diese Anforderungen in den verschiedenen Münchner Stadtbezirken erfüllt sind.
Für zukünftige Bauprojekte sollen die Richtwerte deutlich genauer aufgeschlüsselt werden:
- Grünflächen haben mehrere Funktionen, insbesondere für das Stadtklima, aber auch für die Naherholung der Bewohner. Letztere ist allerdings nur dann für alle möglich, wenn es sich um öffentliche Grünflächen und nicht um private Gärten handelt. In Zukunft müssen daher Bebauungspläne angeben, wie hoch der Anteil der öffentlichen Grünflächen an den oben genannten Richtwerten ist. Verlangt werden mindestens 50%.
- Fast jedes neue Bauprojekt umfasst eine Tiefgarage, auf denen häufig Grünflächen angelegt werden. Das sieht zwar schön aus, macht aber das Wachstum großer Bäume unmöglich. Tiefe Wurzeln würden die Tiefgarage gefährden. Der gewachsene Pflanzenbestand wird spätestens dann beseitigt, wenn die Decke der Tiefgarage saniert werden muss. Relevante Abkühlungseffekte sind von solchen Grünanlagen ebenso wenig zu erwarten wie die Speicherung von Starkniederschlägen. Um solch eine Grünfläche bereits im Genehmigungsverfahren richtig einzuschätzen, hat die Rathauskoalition im gestrigen Beschluss durchgesetzt, dass in Zukunft der Flächenanteil ohne „Unterbauung“ angegeben werden muss. Öffentliche Grünflächen sollen ab jetzt zu 100% und private Grünflächen zu mindestens 40% von Unterbauung freigehalten werden.
CSU-Stadtrat Alexander Reissl hat in der Debatte eingewandt, dass mit solchen zusätzlichen Richtwerten eine weitere bürokratische Hürde errichtet werde und die Baukosten weiter steigen würden.
Im Ergebnis überzeugt mich dieses Argument nicht. Digitale Planungsunterlagen geben diese zusätzlichen Angaben ohne großen Aufwand her und erleichtern der Verwaltung und dem Stadtrat, die Grünanlagen eines neuen Bauprojektes zutreffend zu bewerten. Die Einschränkungen selbst, die damit geschaffen werden, erscheinen mir gerechtfertigt. Denn je dichter die Stadt bereits bebaut ist, desto genauer muss auf die Qualität der verbleibenden Grünflächen geachtet werden.