Tetris spielen für die Geothermie

Glaubt man den Marketingkampagnen der Münchner Stadtwerke (SWM), ist die Energiewende in der Landeshauptstadt schon weit fortgeschritten: 90% des Stroms der Münchner Haushalte werden bereits heute regenerativ erzeugt und die Fernwärme wird spätestens bis 2040 klimaneutral.

Leider ist die Realität noch weit davon entfernt. Bei den 90% Ökostrom handelt es sich um eine bilanzielle Betrachtung. Ganz überwiegend wird dieser Strom in Windkraftanlagen der SWM in der Nordsee erzeugt wird und kann mangels ausreichender Netzleitungen bislang nicht nach Süddeutschland und insbesondere nicht nach München transportiert werden. Physikalisch kommt daher der Strom für die Münchner Haushalte zu erheblichen Anteilen aus den fossilen Kraftwerken der SWM. Auch bei der Fernwärme ist es noch ein langer Weg. Die vor kurzem in Betrieb genommene Geothermieanlage im Münchner Süden liefert 75 MW. Das klingt viel, ist aber doch sehr wenig verglichen mit der Fernwärmeleistung von 900 MW des mit Kohle befeuerten Heizkraftwerks Nord oder der beiden Gasturbinen im Münchner Süden mit zusammen mehr als 600 MW Heizleistung.

Wie komplex und schwierig es ist, weitere Standorte für die Erschließung der Geothermie zu finden, konnte man in der Vollversammlung am vergangenen Mittwoch erleben.

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Erfolgreich aber wirkungslos

Vor einigen Monaten habe ich schon einmal darüber berichtet, wie Bürgerinnen und Bürger versuchen können, direkt auf die Münchner Kommunalpolitik Einfluss zu nehmen. Die Behandlung des aktuellen Bürgerbegehrens „Grünflächen erhalten“ in der Vollversammlung des Stadtrats am vergangenen Mittwoch zeigt, dass dabei Erwartungen entstehen können, die später vielleicht bitter enttäuscht werden.

Website des Bürgerbegehrens „Grünflächen erhalten“

Am Mittwoch hat der Stadtrat mit einer Mehrheit aus Grünen und CSU beschlossen, die Forderungen des Bürgerbegehrens zu übernehmen, sodass es nicht zu einer Abstimmung der Bürgerschaft kommt. Dennoch wird diese Entscheidung kaum Auswirkungen auf die zukünftige Stadtplanung und Baupolitik in München haben.

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Eine bezahlbare Verkehrswende?

In einem der ersten Stadtratsberichte habe ich 2020 auf die zwei verschiedenen Wege hingewiesen, wie in Wien bzw. Amsterdam die Verkehrswende gelungen ist. Die Diskussion des Stadtrats in der Vollversammlung am vergangenen Mittwoch gibt Anlass, diese Gedanken noch einmal aufzugreifen. Auf der Tagesordnung stand ein ca. 600 Mio. EUR teurer Vorhaltebau am Hauptbahnhof für eine Station einer weiteren U-Bahnlinie (U9) durch die Innenstadt.

Geplante Streckenführung der zukünftigen U9
(Quelle: Stadtwerke München)

Mit der U9 sollen die Linien U3 und U6 entlastet werden. Zudem würde eine neue Direktverbindung zum Hauptbahnhof geschaffen.

Die Kosten der U9 können gegenwärtig nur geschätzt werden. Sie liegen voraussichtlich irgendwo zwischen 4 und 10 Mrd. EUR. Verbindliche Förderzusagen vom Bund oder Freistaat Euro dafür gibt es bislang nicht.

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Neue Erkenntnisse

In Krisen muss man auf neue Umstände reagieren. Strategien, die gestern noch richtig waren, sind heute nicht mehr sinnvoll, wenn sich wesentliche Voraussetzungen geändert haben. So waren die harten Coronamaßnahmen am Anfang der Pandemie ebenso nötig, wie sie jetzt falsch wären. Dank der Impfung ist das Krankheitsrisiko inzwischen viel niedriger als in 2020.

Gleiches gilt in der aktuellen Gaskrise. Neue Entwicklungen verlangen das Überdenken bislang gefasster Beschlüsse. Ein aktuelles Beispiel aus München ist die überraschende Verlautbarung der Stadtwerke München (SWM), dass im kommenden Winter die Fernwärme in München grundsätzlich ohne den Betrieb der Gaskraftwerke der SWM erzeugt werden kann. Bislang galt die Annahme, dass diese Gaskraftwerke durchgehend laufen müssten, damit es in den mit Fernwärme geheizten Wohnungen Münchens nicht kalt wird, vgl. hier.

Vor diesem Hintergrund haben die Fraktionen der grün-roten Rathauskoalition ihre Meinung zum Weiterbetrieb des Atomkraftwerks Isar 2 geändert und in der Vollversammlung am vergangenen Mittwoch erklärt, dass sie einem begrenzten Weiterbetrieb im Grundsatz zustimmen können. Welche Überlegungen diesem Umschwung zugrunde liegen, und welche Unklarheiten es dabei noch gibt, soll nachfolgend erläutert werden.

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Atom oder Kohle ?

Wir befinden uns in einer Energiekrise. Der Blick auf die Nebenkostenabrechnung – jedenfalls die kommende – zeigt, dass die Heizkosten sich gerade vervielfachen, unabhängig davon, welcher Energieträger (Öl, Erdgas, Fernwärme, etc….) zum Einsatz kommt. Bislang ist aus der Energiekrise keine Versorgungskrise geworden. Noch kommt der Strom aus der Steckdose und das Gas aus der Leitung. Aber die unvorhersehbaren Handlungen von Wladimir Putin im Rahmen seines Angriffskrieges gegen die Ukraine könnten schon in den nächsten Tagen zu einem völligen Stopp der Gaslieferungen nach Deutschland führen.

Vor diesem Hintergrund hat die CSU-Fraktion im Stadtrat zum wiederholten Male den Antrag gestellt, der Oberbürgermeister solle sich auf Bundesebene für eine längere Laufzeit des Kernkraftwerks Isar 2 einzusetzen. In der heutigen Vollversammlung des Stadtrates gab es dazu eine intensive Debatte mit jeder Menge Schuldzuweisungen. Daneben waren aber auch interessante Argumente zum Für und Wider eines Weiterbetriebs des letzten Atomkraftwerks in Bayern zu hören. Darüber soll im Folgenden berichtet werden, zusammen mit ein paar eigenen Gedanken, was in dieser schwierigen Lage der richtige Weg sein könnte.

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Omikron und die Münchner Kommunalpolitik

Wer diese Seiten öfter besucht, wird bemerkt haben, dass seit Ende November keine neuen Beiträge erschienen sind. Warum? Weil die öffentliche Kommunalpolitik in München eines der ersten Opfer der Omikronwelle geworden ist. Nach mehreren roten Warnhinweisen der Corona-App auf den Mobiltelefonen von Mitgliedern des Stadtrates wurden öffentliche Ausschusssitzungen Ende November von einem Tag auf den anderen durch Online-Beratungen ersetzt. Die Öffentlichkeit bleibt damit außen vor, denn die Zugangsdaten werden nicht bekanntgemacht. Lediglich Vollversammlungen wurden einmal im Monat auf muenchen.de gestreamt. Der interessante Teil der kommunalpolitischen Willensbildung, nämlich der intensive Austausch von Argumenten, bleibt allerdings auch hier auf der Strecke. Wenn wie am 2. Februar in einer Sitzung mehr als 50 Themen beraten und abgestimmt werden müssen, ist eine tiefergehende Debatte kaum möglich.

Das ist schade und wirft die Frage auf, ob der weitgehende Verzicht auf öffentliche Ausschusssitzungen durch die von Omikron ausgehende Infektionsgefahr tatsächlich gerechtfertigt war und immer noch ist. Damit ist man mitten drin in der Problematik, wie die aktuelle Situation einzuschätzen ist. Ist die höhere Infektiosität von Omikron der entscheidende Gesichtspunkt (die gefürchtete „Omikronwand“)? Oder ist diese Variante so harmlos, dass es auf die hohen Infektionszahlen nicht mehr ankommt? Dazu ist in den vergangenen Wochen viel geschrieben und noch viel mehr in unzähligen Talkshows gesagt worden, ohne dass für mich belastbare Erkenntnisse herausgekommen wäre.

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Radwegerückbau in München

Nein, diese Überschrift ist kein Druckfehler und auch kein Aprilscherz im Oktober. Ganz im Gegenteil, dieses Thema war Gegenstand ernsthafter Beratungen im Mobilitätsausschuss und in der Vollversammlung am vergangenen Mittwoch. Worum geht es dabei?

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde München weitgehend autogerecht wiederaufgebaut, vgl. beispielsweise den damals geschaffenen mehrspurigen Altstadtring. In den 70er und 80er Jahren wurden erste Radwege angelegt. Die sahen (und sehen heute noch) häufig so aus wie hier in der Balanstraße:

Radweg in der Balanstraße

Der weniger als einen Meter breite Radweg geht auf Kosten des ohnehin schmalen Bürgersteigs. Vielleicht war damals weniger die Förderung des Radverkehrs beabsichtigt als vielmehr, die gesamte Straßenfläche für den Autoverkehr freizuhalten.

Inzwischen haben sich die verkehrspolitischen Vorstellungen geändert und viele dieser alten Radwege liegen in Tempo 30 Zonen. Das bringt die Frage mit sich, ob ein Rückbau sinnvoll ist.

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Die zweitbeste Lösung – wenn überhaupt

Vor dem Auftreten des Coronavirus waren drohende Fahrverbote für Dieselfahrzeuge eines der größten Aufregerthemen der Politik. Insbesondere in Stuttgart und München sind an vielbefahrenen Straßen die Belastungen mit Feinstaub und Stickoxiden immer noch zu hoch. Wie bereits an anderer Stelle berichtet, werden die Werte zwar allmählich besser. Sie liegen aber immer noch über den zulässigen Grenzen. In München gilt das unter anderem für die Landshuter Allee.

In der gestrigen Vollversammlung wurde von einem Forschungsprojekt berichtet, das in den nächsten Wochen beginnen soll. Große Filtersäulen entlang der Landshuter Allee sollen Stickoxide und Feinstaub aus der Luft herausfiltern. Im Stadtrat traf das auf allgemeine Zustimmung, nicht zuletzt, weil der Freistaat fast alle Kosten des Projekts trägt. Worum es dabei geht und was aus meiner Sicht davon zu halten ist, wird im Folgenden erläutert.

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Das 365-EUR-Ticket – alle wollen es, aber es kommt (erstmal) nicht

Endlich wieder richtige Kommunalpolitik, möchte man nach der letzten Vollversammlung am vergangenen Mittwoch ausrufen. Die am Anfang der Sitzung von Wolfgang Schäuble, dem Leiter des Krisenstabes, erläuterte Corona-Lage ist so erfreulich, dass es keines weiteren Berichts bedarf. Stattdessen geht es hier um die Einführung eines 365-EUR-Tickets für alle für den öffentlichen Nahverkehr in München. Im Folgenden werden die Hauptargumente aus der Diskussion des Stadtrats zusammengefasst und mit ein paar eigenen Gedanken ergänzt.

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Wie viele Wohnungsbaugesellschaften braucht München?

Die – allmählich abklingende – Corona Pandemie bremst die Kommunalpolitik in München immer noch aus. Viele Ausschusssitzungen des Stadtrats entfallen und in der monatlichen Vollversammlung nimmt die Diskussion zur Pandemielage jedes Mal soviel Zeit in Anspruch, dass viele andere Themen vertagt werden müssen, beispielsweise die Beschlussfassung über die in diesem Bericht diskutierte Vorlage der Verwaltung.

Worum geht es dabei ? Für viele Münchner Haushalte wird es immer schwieriger, die hohen Mieten des freien Wohnungsmarktes zu bezahlen. Da kommt den beiden Wohnungsbaugesellschaften GWG und GEWOFAG große Bedeutung zu. Allerdings verfügen sie mit ca. 67.000 Wohnungen zusammen über nicht einmal 10% des gesamten Wohnungsbestandes der Stadt. Zum Vergleich: In Wien sind fast 25% aller Wohnungen in der Hand des Wiener Gemeindebaus. Ein schnelles Wachstum der Anzahl günstiger Wohnungen in München ist nicht zu erkennen. Im Gegenteil, selbst bei der Bebauung von städtischen Grundstücken braucht es immer wieder private Investoren. Deren Neubauten stellen jedoch nur zum Teil günstigen Wohnraum bereit und das auch nur über einen begrenzten Zeitraum. Das wirft die Frage auf, ob nicht eine einzige, größere Wohnungsbaugesellschaft deutlich leistungsfähiger wäre. Die Vorlage des Stadtplanungsreferats, deren Diskussion am Mittwoch leider vertagt worden ist, erläutert das Für und Wider einer Fusion der beiden Gesellschaften.

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