Notfallversorgung in München

In den vergangenen Wochen und Monaten sind die Probleme der Notfallversorgung im deutschen Gesundheitssystem viel diskutiert worden. Aber wie ist die Situation in München? Können Notfallpatienten hier schnell genug versorgt werden? Welche Entwicklungen sind über die letzten Jahre zu beobachten und womit ist in Zukunft zu rechnen? Auf diese Fragen gab es am vergangenen Donnerstag Antworten bei der Vorstellung der Studie „Notfallversorgung Landeshauptstadt München“ des Instituts für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM) der Ludwig-Maximilians-Universität. Über die wichtigsten Erkenntnisse sowie die nachfolgende Debatte im Gesundheitsausschuss informiert dieser Beitrag.

Zunächst fällt auf, dass weit über die Hälfte der Münchner Notfallpatienten eine Klinik aufsuchen, obwohl sie nur eine ambulante Behandlung benötigen. Deshalb sollen in Zukunft die Bereitschaftspraxen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), die ebenfalls eine ambulante Notfallversorgung anbieten, stärker in Anspruch genommen werden. Auf Antrag der SPD-Fraktion hat der Ausschuss einstimmig eine Werbekampagne für die bundesweite Telefonhotline 116117 der KVB beschlossen. Notfallpatienten können damit die passende medizinische Unterstützung finden, sei es in einer Bereitschaftspraxis oder gegebenenfalls doch in einer Klinik.

Website zur Notfall-Telefonhotline 116117

Was aber, wenn es wirklich ernst wird, beispielsweise bei einem Schlaganfall? Hier kommt die Studie zu gemischten Ergebnissen:

„Bei Einrichtungen der Kategorie „Chest Pain Unit“ (Herzinfarkt-Versorgung) zeigte sich, dass es nur sehr selten zu Situationen kam, mit weniger als fünf freien Einrichtungen dieses Fachbereiches. Insofern können für die Kategorie CPU daraus keine Verfügbarkeitsdefizite abgeleitet werden. […]. Bei Einrichtungen der Kategorie „Stroke Unit“ (Schlaganfall-Versorgung) zeigte sich, dass es im Verlauf des fünfjährigen Beobachtungszeitraumes vermehrt zu Situationen kam, bei welchen keine oder nur einzelne Einrichtungen verfügbar waren.

Ähnliche Probleme treten bei der Versorgung von schweren Notfällen von Kindern auf, die eine Intensivstation benötigen.

Eine Verschlechterung der Notfallversorgung lässt sich auch an der „Prähospitalzeit“ ablesen, der Zeit zwischen Eingang eines Notrufs und der Ankunft im Krankenhaus. Im Zeitraum von 2015 – 2021 war im Median ein Anstieg von 48 auf 57 Minuten zu beobachten – nur noch knapp unter dem offiziellen Richtwert von 60 Minuten. Laut Dr. Prückner, dem Direktor des INM, liegt das weniger an gestiegenen Transportzeiten im Münchner Verkehr, sondern an der zunehmend schwierigen Abklärung, welche Klinik noch Notfallpatienten aufnehmen kann.

Auch der Blick in die Zukunft stimmt nicht optimistisch. Die Studie enthält für alle Münchner Stadtbezirke Prognosen, wie sich die Anzahl der Kliniknotfälle aufgrund des demographischen Wandels und des anhaltenden Zuzugs bis 2040 entwickeln wird:

Insbesondere in den nördlichen Randgebieten der Stadt, wo die Anzahl der Bewohner stark wachsen wird, steigt der Bedarf.

Wenig überraschend ist die Hauptursache der Probleme bei der Notfallversorgung das fehlende Personal. Betten, die eigentlich vorhanden sind, können nicht mit Patienten belegt werden, da es an Pflegerinnen und Pflegern fehlt.

Wie darauf zu reagieren ist, war Gegenstand der streitigen Debatte im Ausschuss. Prof. Theiss hat angemerkt, dass seine CSU-Fraktion bereits vor einem Jahr den Antrag gestellt hat, Pflegekräfte mit einem kommunalen Gehaltszuschuss und weiteren Maßnahmen nach München zu locken. Die Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek hat ebenso wie Mitglieder anderer Fraktionen mit dem Hinweis auf den Münchner „Lenkungskreis Pflege“ geantwortet, der alle Beteiligten an einen Tisch bringen und die weitreichenden Probleme auf diesem Gebiet grundsätzlich analysieren soll. Erste konkrete Vorschläge seien in der zweiten Jahreshälfte 2023 zu erwarten.

Wirklich überzeugend erscheint mir diese Antwort nicht. Natürlich ist es richtig, die vielfältigen Probleme in der Pflege in München gründlich zu analysieren, um nachhaltige Entscheidungen zu treffen. Im Wettbewerb um die knappen Mitarbeiter ist die Bezahlung allerdings ein ganz wesentlicher Faktor, der erheblichen Einfluss hat, ob jemand in diese teure Stadt als Pflegerin oder Pfleger kommt. Gründe, warum man nicht die tiefgehende Analyse des Lenkungskreises mit einem sofortigen Gehaltszuschlag verbinden kann, waren in der Debatte nicht zu hören.

Es wäre gut, wenn spätestens beim nächsten Update der Notfallstudie in wenigen Jahren zu erkennen wäre, dass sich die Situation in der Notfallversorgung in München nicht noch weiter verschlechtert hat.

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