Managementversagen oder Verständnisproblem?

Seit Jahresbeginn sind die Preise der Stadtwerke München (SWM) viel zu hoch. Wer als Kunde der SWM seine Tarife für Gas oder Strom mit den Marktpreisen vergleicht, wird blass. Für die Kilowattstunde Gas verlangen die SWM aktuell mehr als 20 Ct. Wettbewerber wie die Stadtwerke Leipzig bieten bundesweit Verträge an, bei denen die Kilowattstunde etwas weniger als 12 Ct kostet – und das mit Preisbindung für ein Jahr. Gleiches gilt beim Strom: Hier nehmen die SWM aktuell 58 Ct/kWh, während beispielsweise Vattenfall nur 38 Ct/kWh verlangt. Auch bei der Fernwärme sind die Preise der SWM deutlich angestiegen auf über 19 Ct/kWh, hier allerdings ohne die Möglichkeit, zu einem anderen Anbieter zu wechseln.

Warum ist das so? Dazu gab es am vergangenen Dienstag eine heftige Debatte im Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit. „Sprachlos“ über solches „Managementversagen“ der Geschäftsleitung der SWM waren Stadträtinnen und Stadträte von CSU, FDP, LINKE und ÖDP. Im Folgenden soll anhand der Vorlage des Wirtschaftsreferats und der Argumente in der Sitzung erörtert werden, ob an diesem Vorwurf etwas dran ist.

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Hohe Preise – sichere Versorgung

Das Thema Gaspreise kommt jetzt bei allen Münchner Gaskunden an. Die neuen Tarife ab dem 1. Januar 2023 sind in einem Preisblatt der Stadtwerke zusammengefasst, das vor wenigen Tagen veröffentlicht worden ist.

Damit steigt für typische Gasverbraucher im Vollversorgungstarif der Preis pro Kilowattstunde auf etwa 21,09 Cent. Das ist in etwa eine Steigerung auf das Doppelte der aktuellen Preise. Und doch wird damit noch nicht einmal die Hälfte der langfristigen Preissteigerungen für Erdgas an die Münchner Kunden weitergegeben. Warum das so ist, hat Dr. Florian Bieberbach, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Stadtwerke (SWM), am Dienstag in einem bemerkenswerten Vortrag im Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft erläutert. Die wichtigsten Erkenntnisse daraus werden im Folgenden zusammengefasst und diskutiert.

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Ohne Kohle keine Wärme

Bei einer Stadt der Größe Münchens wirken sich globale Ereignisse sofort auf die Kommunalpolitik aus. Das war bei Corona so und gilt leider auch für Putins Krieg in der Ukraine, wie man am Dienstag im Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft unmittelbar erfahren konnte. Die Pläne für die CO2-reduzierende Umstellung des Heizkraftwerks Nord auf Erdgas müssen vorerst beerdigt werden. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie verhindert werden kann, dass die Energiekosten einkommensschwachen Münchnerinnen und Münchnern über den Kopf wachsen.

Im Folgenden wird anhand zweier Vorlagen der Verwaltung erläutert, welche enormen Auswirkungen die unsichere Versorgungslage mit Erdgas für München hat. Ferner wird ausgeführt, wie es vielleicht gelingen könnte, mit einer anderen Tarifstruktur die hohen Energiekosten angemessen zu verteilen.

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Wunsch trifft auf Wirklichkeit

Im Zuge des allgemeinen Überbietungswettbewerbes beim Klimaschutz hat der Stadtrat letztes Jahr beschlossen, dass München bereits 2035 klimaneutral werden soll. Fünf Jahre früher als der Freistaat Bayern und zehn Jahre vor der Bundesrepublik insgesamt.

So wünschenswert diese Zielmarke auch ist, so klar ist inzwischen, dass die Klimaneutralität innerhalb der nächsten 13 Jahre nicht zu erreichen ist. In einem ausführlichen Gutachten, das am vergangenen Dienstag im Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft vorgestellt worden ist, liest sich das so:

Trotz sehr ambitionierter Annahmen wird jedoch im Jahr 2035 das Ziel einer Klimaneutralität deutlich verfehlt. Erst bis zum Jahr 2050 scheint der Zielwert von 0,06 Tonnen CO2-Äquivalent nahezu erreichbar zu sein. [….] Eine weitere Beschleunigung der Emissionsreduktion gegenüber den hier beschriebenen Szenarien erscheint aus heutiger Sicht kaum möglich, da es sich um einen aufwendigen Transformationsprozess langlebiger Infrastrukturen handelt.

(Gutachten, Zusammenfassung, Seiten 5-6)

In der Debatte im Ausschuss gab es daher auch den einen oder anderen hämischen Kommentar Richtung grün-roter Rathauskoalition. In der Sache hilft das aber nicht weiter. Denn dass der CO2-Ausstoß für die Münchner Wärmeversorgung drastisch reduziert werden muss, ist unumstritten. Das lesenswerte Gutachten erläutert dazu zwei Szenarien, die im Folgenden kurz erläutert und kommentiert werden.

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Trübe Aussichten für die Innenstadt

Der gerade veröffentlichte Münchner Wirtschaftsbericht für das Jahr 2020 zeigt deutlich: Die Perspektiven für den Einzelhandel sind schlecht. Zwar gibt es keine Umsatzzahlen aus München, aber die Daten für ganz Bayern gelten im Wesentlichen auch hier. Die Umsätze sind in vielen Sparten (Bekleidung, Schuhe, Unterhaltungselektronik, etc.) um bis zu 10% gesunken, während das Onlinegeschäft boomt, mit Zuwächsen von fast 24%. Diese Entwicklung hat schon weit vor Corona begonnen. Monatelange Ladenschließungen haben jedoch viele Kunden zusätzlich ins Internet getrieben. Und wer erst einmal die Hürde zum Online-Shopping genommen hat, kommt häufig nicht mehr zurück. Das führt selbst im erfolgsverwöhnten Münchner Einzelhandel zu Leerständen und über 1000 verlorenen Arbeitsplätzen – nahezu ausschließlich von Frauen.

In der Ausschusssitzung am vergangenen Dienstag hat das Referat für Arbeit und Wirtschaft mit einer Vorlage über seine Anstrengungen berichtet, den Einzelhandel in der Münchner Innenstadt zu unterstützen. Allerdings erscheinen mir sowohl die darin erläuterten Maßnahmen als auch die Diskussion im Ausschuss etwas hilflos. Man beschwört traditionelle Stärken der Münchner Innenstadt, aber Ansätze, um der wachsenden Bedrohung durch Amazon & Co zu begegnen, sind kaum zu erkennen.

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Mobilfunkausbau: Es klemmt noch immer

Vor etwa einem halben Jahr gab es hier einen Bericht zu diesem Dauerthema der Münchner Kommunalpolitik. Wie vom Stadtrat damals beschlossen, hat das Referat für Arbeit und Wirtschaft in einer aktuellen Vorlage am vergangenen Dienstag über den weiteren Netzausbau (4G und 5G) berichtet. Und da zeigt sich, dass es kaum vorangeht.

Ein paar Zahlen dazu: In München gibt es gegenwärtig etwa 1570 Sendeanlagen. Laut der drei Netzbetreiber (Telekom, Vodafone, Telefonica) werden für den weiteren Ausbau des Netzes dringend weitere Anlagen benötigt. Dazu melden die Netzbetreiber bei der Bundesnetzagentur sogenannte „Suchkreise“ an, d.h. Gebiete in München, in denen ein Standort für einen zusätzlichen Sendemast gesucht wird. Allein seit der letzten Befassung des Ausschusses mit diesem Thema im November 2020 sind 18 neue Suchkreise hinzugekommen. Im Gesamtjahr 2020 waren es 89. Das ist die Nachfrageseite.

Auf der Angebotsseite wurden mit dem Beschluss im November die Stadtwerke beauftragt, die Auswahl städtischer Gebäude zu koordinieren, die den Netzbetreibern angeboten werden können. Zwar konnten auf diese Weise inzwischen über 200 grundsätzlich mögliche Standorte identifiziert werden. Allerdings wurden in den vergangenen sechs Monaten für ganze drei Standorte eine Freigabe durch die Stadtverwaltung erreicht.

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Bescheidene Ergebnisse

Die Stadt München unterstützt Unternehmensgründungen in vielfältiger Weise. Neben der Bereitstellung von günstigen Gewerbeflächen zählt dazu auch der Innovationswettbewerb der Stadt. Damit sollen Startups gefördert werden, die besonders innovative Lösungen für praktische Aufgabenstellungen der Stadtverwaltung entwickeln. Eine prima Idee, wie ich finde. Startup-Preise gibt es inzwischen jede Menge, aber nicht für Projekte, mit denen sich die Arbeit einer kommunalen Verwaltung verbessern lässt. Neben einem Preisgeld von 1500 EUR bekommen die Gewinner Zugang zu weiteren Förderprogrammen und die Möglichkeit, ihre Entwicklungen im Rahmen einer Testphase in der Stadtverwaltung zu realisieren.

In einer Vorlage, die heute im Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft diskutiert worden ist, werden die Ergebnisse des Innovationswettbewerbs in 2019 und 2020 erläutert und Pläne für den Wettbewerb 2021 vorgestellt. Dabei zeigt sich leider, dass der Ertrag an praktisch umsetzbaren Innovationen bislang eher gering ausgefallen ist.

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Startups in München: Auf die Flächen kommt es an

Es gibt tatsächlich noch andere Themen als die leidige Pandemie. In der heutigen Ausschusssitzung wurde eine Vorlage des Referats für Arbeit und Wirtschaft besprochen, die einen umfassenden Überblick zur Lage von Startups in München gibt. Das Gesamtbild ist durchaus erfreulich, aber die teuren Münchner Mieten erweisen sich gleich in doppelter Hinsicht als Hemmschuh für ein größeres Wachstum von Startups in München. Im Einzelnen:

Die Bedeutung von Unternehmensgründungen für die Wirtschaft in München steigt ständig – mit den Worten des Referatsleiters: „Die Startups von heute sind die Gewerbesteuerzahler von morgen.“ Im bundesweiten Vergleich liegt München in der Startup-Szene auf Platz zwei hinter Berlin. Eine detaillierte Analyse der Situation in München findet sich im „Deutschen Startup Monitor 2019“ , der in der Vorlage mehrfach zitiert wird.

Für die weitere Wirtschaftsförderung der Stadt sind insbesondere die Schwächen des Standorts München zu beachten . 74% der Unternehmensgründer bezeichnen die Verfügbarkeit von bezahlbaren Büroimmobilien als schlecht oder sehr schlecht. Auch die Suche nach qualifiziertem Personal wird von den Unternehmen als schwierig betrachtet – ein Aspekt, der neben dem harten Wettbewerb der Münchner Unternehmen um die besten Mitarbeiter auch mit den teuren Mieten in dieser Stadt zusammenhängt.

Vor diesem Hintergrund möchte das Referat Startups bei der Suche nach geeigneten Flächen unterstützen. Je nach Lebensalter des Unternehmens sind die Anforderungen ganz unterschiedlich:

1. Gründungsphase

Neue Unternehmen gehen häufig aus einer der beiden Münchner Universitäten hervor. Mit dem LMU Innovation and Entrepreneurship Center und UnternehmerTUM gibt es umfangreiche Förderangebote und Netzwerke für die erste Phase eines Startups. Die Flächenbedarfe der Unternehmen sind zu diesem Zeitpunkt meistens noch gering (ab 20 qm), aber die benötigte Flexibilität sehr hoch. Die Stadt München wird in Zukunft dafür geeignete Räume im Munich Urban Colab (MUC) anbieten, das gegenwärtig an der Dachauerstraße entsteht und ab Mitte 2021 auf 11.000 m² ein günstiges und flexibles Flächenangebot bereitstellen soll.

2. Aufbauphase

In diesem Zeitraum brauchen erfolgreiche Startups mehr Fläche (bis 300 m²), die typischerweise für einen längeren Zeitraum, ca. 2 – 3 Jahre angemietet wird. Die Stadt München bietet passende Räume im Münchner Technologie Zentrum (MTZ) an. Allerdings sind die fast 10.000 m² des MTZ bereits vollständig von etwa 100 Unternehmen mit insgesamt 700 Mitarbeitern belegt. Daneben gibt es weitere Flächenangebote im WERK1, das im Werksviertel hinter dem Ostbahnhof liegt. Gegenwärtig stehen ca. 5000 m² zur Verfügung, die bis 2023 mehr als verdoppelt werden sollen. Weitere Flächen könnten in Zukunft auf dem benachbarten Gewerbehof Ostbahnhof entstehen.

3. Wachstumsphase

Hier liegen laut der Vorlage des Referats die größten Probleme: Flächen von mehr als 300 m² sind für junge Unternehmen in München schwer zu bekommen, selbst wenn sie nicht mehr ganz am Anfang stehen und in dieser Phase marktübliche Mieten bezahlen können. Anbieter bevorzugen Mieter, die langfristige Verträge abschließen und wenig Risiko mit sich bringen. Die Stadt selbst hat geeignete Flächen nicht im Angebot. Laut der Vorlage wird sie daher verstärkt versuchen, durch Beratung und Vernetzung doch noch den ein oder anderen Anbieter zu finden, der bereit ist, seine Flächen an solche Unternehmen zu vermieten, in der Hoffnung an ihrem schnellen Wachstum zu partizipieren.

Mit der Corona-Krise könnte eine Entlastung aus einer ganz neuen Richtung kommen. Die folgende Anzeige habe ich auf munich-startup.de gefunden. Sie bestätigt die in der Vorlage geäußerte Vermutung, dass auch im Innenstadtbereich Flächen von Betrieben, die die Krise nicht überstehen, für eine neue Nutzung in Betracht kommen:

Insgesamt erscheint mir die Stadtverwaltung engagiert und erfolgreich dabei zu sein, in München ein attraktives Umfeld für Unternehmensgründungen zu schaffen. Auch die Ausschussmitglieder waren mit der Vorlage des Referats für Arbeit und Wirtschaft zufrieden.

Wie es noch besser gehen könnte, zeigen Beispiele aus dem Ausland, die am Rande ebenfalls in der Vorlage genannt sind. So werden in Paris, Amsterdam und Barcelona unter dem Stichwort „Coliving“ zusammen mit Büro- und Laborflächen auch gleich Wohnungen für Mitarbeiter der neuen Unternehmen geplant, vgl. die Station F in Paris. Gründer finden hier nicht nur Räume für ihr neues Unternehmen samt der üblichen Vernetzungsangebote, sondern auch gleich die – per Algorithmus – perfekt passende Wohnung oder Wohngemeinschaft. Einen Ansatz, den man in Zukunft auch in München bei der Planung neuer Quartiere oder Stadtteile verfolgen könnte, um auf Dauer im internationalen Wettbewerb um die besten Startups bestehen zu können.

Die Energiewende der Stadtwerke – in Zukunft vielleicht auch regional

Manches geht schneller als man denkt. Die Stadtwerke München haben bei der Stromerzeugung bereits 2008 die Energiewende eingeläutet und eine „Ausbauoffensive Erneuerbare Energien“ begonnen. Durch erhebliche Investitionen an vielen Standorten in Europa ist es gelungen, etwa 6,0 TWh/ Jahr regenerativen Strom zu erzeugen. Das sind ungefähr 80% des gesamten Stromverbrauchs Münchens von gegenwärtig etwa 7,2 TWh/ Jahr. Das Ziel einer vollständigen regenerativen Stromversorgung der Stadt ist damit zum Greifen nahe. In der gestrigen Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Wirtschaft wurde dazu ein Zwischenbericht vorgelegt. Darin wird auch auf den Hauptkritikpunkt an der Ausbauoffensive eingegangen, nämlich dass der weitaus größte Teil des regenerativen Stroms nicht regional erzeugt wird, sondern mit Windkraftanlagen in der Nordsee.

Grundlage des Zwischenberichts ist ein externes Gutachten (vorgelegt in zwei Teilen, hier und hier) des Hamburg Instituts, einer Beratungsgesellschaft für Fragen der Energieversorgung mit regenerativen Energien. Auf fast 50 Seiten werden alle Aspekte der Ausbauoffensive beleuchtet und insbesondere die Potenziale einer stärkeren regionalen Energieversorgung untersucht.

Für 2035 rechnen die Stadtwerke mit einem Bedarf von maximal 8,4 TWh/Jahr, wenn bis dahin fast 40% der 900.000 Fahrzeuge in München elektrisch unterwegs sind. Die Ausbauoffensive soll daher fortgesetzt werden, um 2025 eine regenerative Deckung von 100% zu erreichen und danach den weiter steigenden Stromverbrauch bedienen zu können.

Zum Kritikpunkt der regenerativen Energieerzeugung fernab von München steht im Gutachten Folgendes: Die Betrachtung des erzeugten und des verbrauchten Stroms ist tatsächlich rein bilanziell, d.h. es wird die Strommenge, die von den Stadtwerken in ihren regenerativen Anlagen in Europa erzeugt wird, mit dem Verbrauch in München verglichen, unabhängig davon, wo der Strom der städtischen Verbraucher physikalisch herkommt, z.B. aus dem noch nicht abgeschalteten Kohlekraftwerk München Nord. Das ist aber bei einem elektrischen Verbundnetz, wie es in Europa existiert, ganz unvermeidbar. Vereinfachend betrachtet kann man sich dazu eine Art „europäischen Stromsee“ vorstellen, der Zuflüsse und Abflüsse hat. Durch die Errichtung von Windkraftanlagen in Norwegen haben die Stadtwerke seit 2008 einen neuen regenerativen Zufluss zu diesem Stromsee geschaffen, der fast genauso groß ist, wie der Abfluss, den München entnimmt.

Aus meiner Sicht ist diese Berechnungsmethode zulässig und etwas anderes als der „moderne Ablasshandel“, wenn für eine Flugreise CO2-Kompensationszahlungen geleistet werden. Dabei steht nämlich der CO2 Erzeugung durch das Flugzeug gerade keine tatsächliche CO2-Entnahme aus der Atmosphäre gegenüber, sondern nur das (vage) Versprechen des Zahlungsempfängers, mit dem Geld ein Projekt zu finanzieren, das irgendwann zu einer CO2-Speicherung, beispielsweise in einem Baum, führen soll.

In jedem Fall lässt das Gutachten keinen Zweifel daran, dass der schnelle Aufbau der regenerativen Energieerzeugung lokal und regional im erfolgten Umfang unmöglich gewesen wäre. In der Tat leisten die bislang in München und Umgebung installierten regenerativen Kraftwerke gerade 0.46 TWh/ Jahr, also nur etwa 6% des verbrauchten Stroms, vgl. die folgende Tabelle aus dem Gutachten:

Übersicht der regenerativen Kraftwerke der Stadtwerke in München und Umgebung. Die vierte Spalte zeigt wieviel Strom damit in 2019 erzeugt worden ist.

Dabei springt der mit 0,3% vernachlässigbare Anteil der Photovoltaik ins Auge. Das überrascht, denn bundesweit liegt der Anteil der solaren Stromerzeugung immerhin bei 9%.

Grundsätzlich gibt es in München viele Dachflächen, die für die Photovoltaik geeignet wären aber ungenutzt bleiben. Das Gutachten verweist auf frühere Studien, die Potenziale zwischen 700 GWh/ Jahr und 5 TWh/ Jahr angeben, letzteres nur als sogenanntes „technisches Potential“, d.h. wenn wirklich auf jedem Dach eine Solarzelle installiert würde. Anschaulich werden diese Betrachtungen durch eine genaue Karte Münchens, die bereits 2010 erstellt worden ist. Da kann man jede Dachfläche sehen, die grundsätzlich für die Stromerzeugung geeignet wäre – einschließlich der Südseite der Frauenkirche!

Ausschnitt der Karte zu potentiellen Nutzung von Solarenergie in München von 2010

Das Gutachten des Hamburg Instituts kommt zu dem Ergebnis, dass mit erheblichen Anstrengungen etwa 1,8 TWh/Jahr durch Photovoltaik lokal erzeugt werden könnten – ein Vielfaches der gegenwärtigen Solarstromproduktion in München. Andere Möglichkeiten zur Steigerung der regionalen Stromerzeugung scheiden demgegenüber aus, denn ein weiterer Ausbau der Wasserkraft führt zu ökologischen Schäden und neue Windkraftanlagen werden in Bayern praktisch nicht mehr genehmigt.

Warum stockt dann der Ausbau der Solarenergie in München? Das Gutachten fasst die fehlenden politischen Voraussetzungen so zusammen:

Fehlende politische Voraussetzungen für einen schnellen Ausbau der Solarenergie in Städten; Quelle: Gutachten des Hamburg Instituts

Die kommunalpolitischen Gestaltungsmöglichkeiten der Stadt München stehen erst an dritter Stelle. Für einen umfangreichen Ausbau der Solarenergie fehlt es am politischen Willen des Freistaats und insbesondere im Bund. Auch die aktuelle Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) wird daran voraussichtlich nichts ändern, denn die geltenden Beschränkungen des Ausbaus der Solarenergie sollen erhalten bleiben, damit der Strompreis nicht steigt.

Dr. Florian Bieberbach, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Stadtwerke, hat in der Sitzung auf Fragen der Stadträte hin, diese Analyse bestätigt. Darüber hinaus bräuchten die Stadtwerke Zugriff auf mehr Dachflächen in der Stadt. Über die komplizierten rechtlichen Dreiecksbeziehungen, die dafür jedoch notwendig sind, wurde bereits hier berichtet.

Trotzdem will der Stadtrat einen neuen Anlauf zum Ausbau der Solarenergie in München nehmen. Nach einer hitzigen Debatte, die jedoch nicht inhaltliche Aspekte sondern nur formale Einwendungen der CSU-Fraktion gegen die Antragsformulierung der grün-roten Rathausmehrheit betraf, hat der Ausschuss mit großer Mehrheit die Stadtwerke beauftragt, die Ausbauoffensive fortzusetzen. Der Anteil an regional erzeugtem Ökostrom soll bis 2035 auf 35% des Stromverbrauchs der Münchner Haushalte gesteigert werden. Ob und gegebenenfalls wann dieses ehrgeizige Ziel tatsächlich erreicht wird, erscheint mit jedoch bei den geltenden bundes- und landespolitischen Rahmenbedingungen mehr als unsicher.

Mobilfunkausbau: Vorfahrt für die Stadtwerke

Schon einmal ist auf diesen Seiten über die Schwierigkeiten des Mobilfunkausbaus in München berichtet worden. Am vergangenen Donnerstag hat die Vollversammlung des Stadtrates mit den Stimmen der grün-roten Mehrheit einen wegweisenden Beschluss zu diesem Thema verabschiedet. Danach soll der Aufbau des 5G-Netzes bevorzugt mit Mikrozellen erfolgen, wobei die Stadtwerke mit ihrer Tochter M-Net eine koordinierende Rolle übernehmen werden.

Ausgangspunkt der Diskussion war eine Vorlage des Referats für Arbeit und Wirtschaft, um die Genehmigung von neuen Mobilfunkanlagen zu beschleunigen. Die Bearbeitungsdauer von im Schnitt eineinhalb Jahren liegt an einem verwaltungsinternen Dauerstreit zwischen dem Referat für Arbeit und Wirtschaft und anderen Referaten, die Eingriffe in das Stadtbild und in Grünflächen durch zusätzliche Mobilfunkanlagen minimieren möchten.

Neue Standorte werden zum einen für das bestehende Netz aus 4G-Makrozellen benötigt aber auch für das zukünftige 5G-Netz. Und genau hier setzt der Gestaltungswille der Rathausmehrheit an. Mit einem Änderungsantrag vorgestellt von der SPD-Fraktion wurde eine Festlegung getroffen, dass das 5G-Netz bevorzugt mit Mikrozellen aufgebaut wird. Ferner sollen die Stadtwerke in Zukunft für den gesamten Netzausbau eine koordinierende Funktion übernehmen und wo immer möglich, Standorte von den vier Netzbetreibern gemeinsam genutzt werden („Sharing-Modell“).

Die CSU-Fraktion fand dieses Konzept nicht überzeugend. Damit entstünde lediglich eine weitere „Schnittstelle“ ohne Entscheidungsbefugnis, die den Stillstand beim Genehmigen neuer Standorte nicht überwinden könne. Außerdem hätten die Stadtwerke gar kein Interesse an diesem Thema, da sie kein Mobilfunkbetreiber seien. Schließlich sei das Sharing von Mobilfunkmasten auch jetzt schon ständige Praxis.

Der zweite und der dritte Einwand wurden von einem Vertreter von M-Net und einer Vertreterin der Stadtwerke sofort widerlegt. M-Net betreibt ein flächendeckendes Glasfasernetz in München und hat nach eigener Aussage ein erhebliches wirtschaftliches Interesse daran, dieses Netz mit dem Anschluss von 5G-Mikrozellen zusätzlich auszulasten. Zugleich können die Stadtwerke den Strom für die Mikrozellen liefern und zum Teil auch weitere geeignete Mobilfunkstandorte auf ihren Liegenschaften anbieten. Im Übrigen werde Sharing in München mit seiner hohen Mobilfunknachfrage anders als im ländlichen Raum von den Netzbetreibern bislang nicht praktiziert.

Aus meiner Sicht ist es stimmig, die Stadtwerke am 5G-Ausbau zu beteiligen. Wie von der SPD-Fraktion zu Recht angemerkt, gehört ein leistungsfähiger Mobilfunk zur Daseinsvorsorge. Ein starker öffentlicher Einfluss ist daher genauso wichtig wie in anderen Bereichen der öffentlichen Infrastruktur (Strom, Wasser, Gesundheit, etc.). Die Bedenken der ÖDP, dass dadurch rechtliche Probleme zu erwarten seien, halte ich im Grundsatz nicht für gerechtfertigt, da M-Net nicht als Wettbewerber der Mobilfunkbetreiber auftritt, sondern als Grundlagenanbieter für den Aufbau der weiteren Infrastruktur. Trotzdem sind Interessenkollisionen nicht ganz ausgeschlossen, wenn die Stadtwerke einerseits den Genehmigungsprozess für neue Anlagen koordinieren sollen und andererseits daran auch wirtschaftlich partizipieren wollen.

Auch die Festlegung auf Mikrozellen als bevorzugtes Infrastrukturelement für den 5G-Netzaufbau finde ich richtig. Wie vom Vertreter von M-Net bereits früher ausgeführt, können damit Netzwerke aufgebaut werden, die eine hohe Leistungsfähigkeit mit geringsten Eingriffen in das Stadtbild verbinden. Das ist die richtige Zielvorgabe für den weiteren Mobilfunkausbau in einer dicht besiedelten Großstadt wie München mit seiner historisch gewachsenen Architektur.

Zweifelhaft ist allerdings weiterhin, wie der Stillstand in der Verwaltung bei den anstehenden Genehmigungsverfahren überwunden werden kann. Dieser Punkt, der ja der Ausgangspunkt der Vorlage gewesen ist, scheint immer noch ungelöst. Das ist schade, denn die Diskussion im Stadtrat hat auch gezeigt, dass es neben dem in weiter Ferne liegenden autonomen Fahren auch andere Anwendungen gibt, die von schnellem Mobilfunk profitieren werden und damit auch neue wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeiten mit sich bringen.