Es wäre ein großer Wurf geworden. Anstelle des „Beton-Karstadt“ aus dem letzten Jahrhundert sollte in der Schützenstraße zwischen Hauptbahnhof und Stachus ein großer moderner Gebäudekomplex des britischen Stararchitekten David Chipperfield mit Läden, Büros und Wohnungen entstehen:
Daraus wird nichts. Denn seit der Pleite des Investors (SIGNA) im November 2023 ruhen sämtliche Arbeiten, sowohl bei der Renovierung des historischen Kaufhauses als auch beim Abriss der Betonburg aus den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Fertig geworden ist allein das neue Hotel Königshof.
Damit ist der erste Eindruck beim Gang vom Hauptbahnhof Richtung Stachus von Stillstand….
…. und Verwahrlosung geprägt:
Zudem hat sich der benachbarte Alte Botanische Garten (im ersten Bild im Hintergrund) zum Drogenhandelsplatz und zur Lagerstätte für Obdachlose entwickelt. Wer sich auskennt, vermeidet sowohl den Besuch des Gartens als auch den Gang durch die Schützenstraße.
Vor einigen Monaten hat Oberbürgermeister Reiter eine Taskforce gegründet, die schnell Abhilfe schaffen soll. Erste Ergebnisse und weitere Schritte wurden am vergangenen Dienstag in einer gemeinsamen Sitzung mehrerer Stadtratsausschüsse diskutiert.
Immer wenn eine Kommunal-, Landtags- oder Bundestagswahl ansteht, verändert sich das Münchner Stadtbild. Plakate der Parteien werden an allen nur erdenklichen Stellen aufgestellt, um die Aufmerksamkeit auf Kandidaten und politische Aussagen zu lenken. Nach der Wahl dauert es dann viele Wochen, bis alles wieder abgebaut ist und auch der letzte Ständer beseitigt ist.
Braucht es das wirklich? Und in welchem Ausmaß? Gleich drei Bürgerversammlungen in Nymphenburg, Schwanthalerhöhe und Schwabing haben in den letzten Monaten beantragt, das Plakatieren der Parteien zu beschränken, unter anderem, um „Müllmengen und eine Verschandelung des Stadtbildes zu vermeiden“ . Daher hat sich der Kreisverwaltungsausschuss des Stadtrates am vergangenen Dienstag damit befasst. Anlass für mich, ein paar Gedanken zu diesem Thema zusammenzustellen.
Vor einigen Tagen habe ich ausführlich über die umfangreichen Pläne für den neuen Bahnhofsplatz berichtet. Neben der Architektur und der Verkehrsführung wird der Erfolg des Projekts auch davon abhängen, ob man sich im Bahnhofsviertel zu jeder Tages- und Nachtzeit wohlfühlt. So wird die Bahn – kurze Reisezeiten und funktionierende Anschlüsse vorausgesetzt – nur dann attraktiver als ein Kurzstreckenflug, wenn es am Hauptbahnhof und in seiner Umgebung ähnlich angenehm ist wie am Münchner Flughafen. Und das ist – unabhängig von der aktuellen Baustelle – noch ein weiter Weg.
Gleichzeitig ist das Bahnhofsviertel anders als der Flughafen außerhalb der Stadt ein öffentlicher Raum, der für jedermann leicht zugänglich ist. Das bringt die eine oder andere Zumutung mit sich, wenn sich dort auch gesellschaftliche Randgruppen aufhalten. Einen Anspruch auf Sicherheit haben aber auch diese Personen, die selbst besonders häufig Opfer von Kriminalität werden. Es ist daher eine Daueraufgabe der Stadtverwaltung wirksame Strategien zur Verhinderung von Ordnungswidrigkeiten und Kriminalität im Bahnhofsviertel zu entwickeln.
In der Sitzung des Kreisverwaltungsauschusses am vergangenen Dienstag wurde den Stadträtinnen und Stadträten über ein mehrjähriges wissenschaftliches Projekt berichtet, an dem die Stadt München teilgenommen hat. Unter Leitung von Frau Professor Haverkamp hat eine Arbeitsgruppe der Universität Tübingen die Sicherheit an Bahnhöfen (SiBa) in drei großen deutschen Städten (Düsseldorf, Leipzig und München) analysiert und einen „SiBa-Werkzeugkasten“ mit zahlreichen Maßnahmen zur Kriminalprävention entwickelt.
Wer diesen Seiten schon etwas länger folgt, wird sich vielleicht an einen Bericht zum Sicherheitsreport 2019 erinnern. Die damaligen Überlegungen zur guten Sicherheitslage in München gelten – jedenfalls auf den ersten Blick – auch für den Sicherheitsreport 2020, der gestern im Kreisverwaltungsausschuss vorgestellt worden ist. Man sieht auch, dass die zahlreichen Corona-Maßnahmen wenigstens einen Vorteil haben: Die Sicherheitslage ist 2020 in vielen Bereichen noch besser geworden. Auf den Punkt gebracht kann man das am Schusswaffengebrauch der Münchner Polizei ablesen:
Käme ein Polizist aus Chicago nach München, würde er vermutlich nach wenigen Wochen aus Langeweile seinen Job aufgeben.
Ein genauerer Blick auf das umfangreiche Zahlenwerk des Sicherheitsreports 2020 zeigt jedoch einige Verschiebungen in den Statistiken und auch beunruhigende Entwicklungen. Denn wie im Einzelhandel führt Corona zu einer Art „Strukturwandel“ der Kriminalität, der im Folgenden kurz beleuchtet werden soll:
Diebstahl ist in Zeiten des überall geltenden Abstandsgebots und der Ausgangsbeschränkungen offensichtlich viel schwieriger geworden. So sind beispielweise Taschendiebstähle im ÖPNV um fast 25 % zurückgegangen. Kein Wunder, wenn es keine vollen U-, S- oder Straßenbahnen mehr gibt und bereits das Eindringen in den persönlichen Corona-Umkreis mit einem Radius von 1,5m als Bedrohung empfunden wird.
Auch die Anzahl der Wohnungseinbrüche hat im vergangenen Jahr weiter deutlich abgenommen.
Bei Reise- und Ausgangsbeschränkungen mit andauerndem Homeoffice muss ein Einbrecher fast immer damit rechnen, Bewohner der Wohnung oder des Hauses anzutreffen. Das schreckt ab. Zudem ist der „Bandentourismus“ von zumeist osteuropäischen Einbrecherbanden durch die Grenzschließungen eingeschränkt.
Auf der anderen Seite ist der Bereich der Computerkriminalität stark angestiegen:
Angriffe auf Computer von Münchnerinnen und Münchner erfolgen vielfach aus dem Ausland, wie mit den verschiedenen Farben im Bild oben für die unterschiedlichen Tatorte dargestellt. Den größten Anteil an der Computerkriminalität hat mit über 21% das Ausspähen von Zugangsdaten zur Vorbereitung eines späteren Betrugs – beispielsweise mit den bekannten Phishing-Emails. Manch einer, der mit wenig Erfahrung und Kenntnissen im Lockdown mit dem Online-Shopping begonnen hat, könnte hier ein Opfer geworden sein.
In seinem Vortrag vor dem Ausschuss ist der Münchner Polizeipräsident Thomas Hampel auch auf die Frage eingegangen, ob der Lockdown zu mehr häuslicher Gewalt geführt hat. Der erfasste Anstieg von 2930 auf 3016 Fälle ist nach Auffassung des Polizeipräsidenten innerhalb der „normalen“ Schwankungsbreite. In der Diskussion wurde von den Ausschussmitgliedern jedoch auf anderslautende Berichte von Opferverbänden wie dem Weißen Ring hingewiesen und eine hohe Dunkelziffer vermutet.
Aus meiner Sicht wird erst der Sicherheitsreport 2021 ein klareres Bild für einen Jahresvergleich liefern, da der weitaus größere Teil des immer noch andauernden Lockdowns im laufenden Jahr liegt. Wie bereits in einem anderen Bericht ausgeführt, zeigen genauere Zahlen für die einzelnen Monate durchaus eine signifikante Zunahme häuslicher Gewalt im Zeitraum des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020.
Erheblich angestiegen sind die Zahlen im Bereich der Sexualdelikte, allerdings in erster Linie durch verstärkte öffentliche Aufmerksamkeit – #MeToo -, aber auch durch internationale Zusammenarbeit der Polizeibehörden bei der Verfolgung von Kinderpornographie.
Ein weiterer Schatten auf der ansonsten so guten Sicherheitslage ist die deutliche Zunahme der politisch motivierten Kriminalität an beiden Enden des politischen Spektrums. Ein genauerer Blick auf die Statistik zeigt, dass rechte und linke Extremisten unterschiedliche Schwerpunkte haben:
Sowohl aus der Tabelle als auch aus zusätzlichen Erläuterungen im Bericht sieht man, dass rechtsextreme Gewalt häufig zu Körperverletzungen führt (57 Fälle der insgesamt 61 Gewaltdelikte in der Tabelle oben) und hier die Zahlen deutlich gestiegen sind. Gewaltdelikte linksextremer Täter sind nur zu einem kleineren Teil Körperverletzungen, sondern werden vielfach als gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs- oder Luftverkehr klassifiziert. Erschreckend ist auch die hohe Zahl der Sachbeschädigungen mit einer Steigerung von 30% gegenüber 2019. Allerdings ist laut Sicherheitsreport der größte Teil davon das Aufsprühen von irgendwelchen Parolen, die nur kleinere Schäden verursachen.
Ob die Corona-Pandemie nicht nur in Einzelfällen, sondern insgesamt mit dem starken Anstieg der Fälle politisch motivierter Kriminalität in Zusammenhang steht, ist den Daten leider nicht zu entnehmen und wurde auch im Ausschuss nicht diskutiert. Die Fragen der Stadträtinnen und Stadträte betrafen in erster Linie die in der Öffentlichkeit viel beachteten Demonstrationen von Gegnern der Corona-Maßnahmen. Gefragt wurde insbesondere, ob die Polizei bei zahlreichen Regelverstößen nicht härter einschreiten sollte.
Aus meiner Sicht hat der Polizeipräsident dazu sehr abgewogen geantwortet: Bei Versammlungen sind die rechtlichen Hürden für ein Einschreiten der Polizei vergleichsweise hoch. Ordnungswidrigkeiten durch Versammlungsteilnehmer können nicht ohne Weiteres das Beenden einer Versammlung begründen, auch und gerade unter Abwägung der Folgen eines gewaltsamen Einschreitens der Polizei. Denn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt bei allem Ärger über massenhafte Regelverstöße auch hier – genauso wie bei allen anderen Demonstrationen.
Insgesamt erscheint mir beim genaueren Hinschauen das Bild der Sicherheitslage in München etwas gemischt. Insbesondere im Bereich der Sexualdelikte aber auch im Bereich der politisch motivierten Kriminalität werden erhebliche Anstrengungen der Polizei, der Politik und der ganzen Stadtgesellschaft erforderlich sein, um ein weiteres Ansteigen der Fälle zu verhindern. Wie die Sicherheitslage sich nach dem Ende der Pandemie entwickeln wird, lässt sich gegenwärtig nicht vorhersehen.
Der Hauptbahnhof ist zur Zeit eine riesige Baustelle. Das Eingangsgebäude ist abgerissen und wird in den nächsten Jahren durch einen kompletten Neubau ersetzt. Aber auch die Regeln in und um den Bahnhof haben sich geändert. Denn seit 2017 ist es verboten, im Bahnhofsbereich Alkohol zu konsumieren, seit 2018 sogar rund um die Uhr. Und das hat nichts mit Corona zu tun. Damit soll die hohe Anzahl von Ordnungswidrigkeiten und „Roheitsdelikten“ (Raub, Körperverletzung, etc.) durch alkoholisierte Personen verringert werden. Da die geltende Verordnung demnächst ausläuft, musste der Kreisverwaltungsausschuss am Dienstag entscheiden, ob das Alkoholverbot verlängert werden soll und wie die Stadt mit der „Steherszene“ im Bahnhofsbereich umgeht.
Ausgangspunkt war eine Vorlage des Kreisverwaltungsreferats (KVR), in der die Entwicklung der Sicherheitslage am Hauptbahnhof seit 2017 nachgezeichnet wird. Denn das Verbot kann nach geltender Rechtslage nur dann bestehen bleiben, wenn „an den in der Verordnung bezeichneten Orten aufgrund übermäßigen Alkoholkonsums regelmäßig, d.h. nicht nur vereinzelt oder gelegentlich, Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten begangen werden.“ Den räumlichen Bereich der Verordnung sieht man hier:
Die vorgelegten Daten zur Sicherheitslage am Hauptbahnhof sind etwas diffus. Sowohl der begonnene Umbau des Bahnhofs als auch die Corona-Pandemie erschweren genaue Vergleiche. Erkennbar ist allerdings, dass mit der Einführung des Alkoholverbots rund um die Uhr die Anzahl der Straftaten im inneren Bereich (dunkelblau) deutlich stärker zurückgegangen ist als im gesamten Stadtgebiet (-28% im Vergleich mit – 1%). Fraglich ist allerdings, ob das Verbot nur eine Verdrängung in angrenzende Gebiete bewirkt. Immer wieder wird in diesem Zusammenhang der nördliche Bahnhofsbereich mit dem Botanischen Garten genannt (der mittelblaue Bereich im Bild oben). Hier ist es laut Polizeibericht in der Tat in den letzten Monaten zu einem Anstieg der Delikte gekommen.
Neben der Begründung der reinen Ordnungsmaßnahmen erläutert die Anlage 10 der Vorlage die Anstrengungen der Stadt, alkoholabhängigen Personen eine Alternative anzubieten, nämlich die Begegnungsstätte „D3“ am Anfang der Dachauer Straße. Der Ansatz ist der gleiche wie bei den bislang vom Freistaat verhinderten Drogenkonsumräumen. Suchtgefährdete Personen können im D3 – in Maßen – mitgebrachten Alkohol konsumieren und erhalten Unterstützung und Therapieangebote. Betrieben wird die Einrichtung von der Caritas. In ihrem Bericht bestätigt die Leitung des D3, dass viele Besucher sich vorher an verschiedenen Bereichen des Bahnhofs aufgehalten haben. Allerdings hat auch hier Corona alles verändert. Starke Begrenzungen der Besucher behindern die Arbeit der Begegnungsstätte. Gleichzeitig ist der Bedarf nach Unterstützung weiter gestiegen, auch von Personen, die sich bislang nicht im Bahnhofsbereich aufgehalten haben.
Aus meiner Sicht geht der Ansatz der Verwaltung, die Sicherheitslage am Bahnhof durch eine Kombination aus Verboten und Angeboten für alkoholabhängige Mitbürger zu verbessern, in die richtige Richtung. Allerdings werden damit die Probleme nicht kurzfristig gelöst, schon gar nicht in Zeiten der Pandemie, die immer mehr Personen in wirtschaftliche Notlagen bringt und damit das Risiko von Alkoholmissbrauch erhöht.
Im Stadtrat war die Verlängerung des Alkoholverbots allerdings umstritten, mit Ablehnung von beiden Enden des politischen Spektrums: Sowohl die Bayernpartei als auch die LINKE haben gegen eine Fortführung des Verbots gestimmt. Die einen, weil es eine unangemessene Einschränkung der persönlichen Freiheit sei, und die anderen als untauglichen Versuch, Suchtkranke aus dem Bahnhofsbereich einfach zu vertreiben. Auch bei den Grünen gab es wohl Vorbehalte gegen das Alkoholverbot, ohne dass in der Debatte klar wurde, warum eigentlich. Im Rahmen der Abstimmung mit der SPD, die die Vorlage unterstützt, hat man sich jedoch auf den Kompromiss verständigt, das Verbot zunächst nur um zwei Jahre zu verlängern und mit einer umfassenden Evaluation zu begleiten. Ob der Erkenntnisgewinn dabei wesentlich über das hinausgeht, was bereits der aktuellen Vorlage und ihren Anlagen zu entnehmen ist, erscheint mir zweifelhaft. Denn die nächsten zwei Jahre werden ohnehin noch von der Sondersituation der Corona-Pandemie und dem Umbau des Bahnhofs geprägt sein und wenig Neues über einen „Normalzustand“ am Bahnhof erkennen lassen.
Welch große Löcher die Corona-Krise in den Haushalt der Stadt München reißt, ist unverkennbar. Eine aktuelle Pressemitteilung der Stadtkämmerei weist darauf hin, dass 2021 der Schuldenstand der Stadt auf voraussichtlich über 3 Milliarden EUR ansteigen wird. Mit deutlichen Worten hat der Kämmerer daher dem Stadtrat empfohlen:
“ ganz genau hinzusehen, klare Prioritäten zu setzen und gegebenenfalls zu kürzen.“
Wie wenig diese mahnenden Worte bei den Stadträten bislang Gehör finden, hat die heutige Sitzung des Kreisverwaltungsausschusses gezeigt. Einmal mehr wurden zusätzliche Millionenausgaben ohne kritische Nachfragen in kürzester Zeit durchgewunken.
Gegenstand der Beratungen waren mehrere Anträge des Kreisverwaltungsreferats zur Verbesserung der personellen und sachlichen Ausstattung der Münchner Feuerwehr:
– Für die Planung des Ersatzes der Hard- und Software in der Einsatzleitstelle der Berufsfeuerwehr wurden mit einer ersten Vorlage zwei unbefristete neue Stellen beantragt.
– Gemäß einer weiteren Vorlage soll die Unterstützung der freiwilligen Feuerwehr dauerhaft erhöht werden, um auch hier zwei weitere Dauerstellen für deren IT bzw. Verwaltung zu finanzieren.
– Schließlich wird in einer dritten Vorlage unter anderem beantragt, zusätzliche Ergänzungen für die laufende Software der Einsatzleitstelle zu erstellen.
Allen drei Vorlagen enthalten auf den ersten Blick überzeugende Begründungen, warum die vorgeschlagenen Ausgaben unvermeidbar sind. Hinzu kam in der Sitzung der Appell des sympathischen Leiters der Branddirektion, die Arbeit der Münchner Feuerwehr zu unterstützen. Und das reicht dann schon, denn fast alle Ausschussmitglieder haben die drei Vorlagen ohne jede Nachfrage genehmigt, obwohl sich die Stadtkämmerei unter Hinweis auf die angespannte Haushaltslage jeweils strikt dagegen ausgesprochen hat:
„Im Rahmen des Eckdatenbeschlusses wurde für den Haushaltsplan 2021 […] für das Haushaltsjahr 2021 insgesamt eine Einsparsumme i. H.v. 240 Mio. € beschlossen. Für den Haushalt 2021 besteht daher kein Spielraum für weitere Ausweitungen.
Nun ist eine leistungsfähige Feuerwehr in der Tat eine ganz wichtige Aufgabe der Stadt München. Als verantwortungsvolles Ausschussmitglied tut man sich deshalb wohl schwer, den tatsächlichen Finanzbedarf strenger als die Branddirektion einzuschätzen. Dennoch hätten einige Fragen durchaus gestellt werden können, z.B.:
– Warum braucht es für die Planung des Hard- und Softwareaustausches in der Leitstelle unbefristete Stellen ? Die Planung ist gemäß der Vorlage im Wesentlichen in 2023, spätestens in 2025 beendet. Die Vorlage verweist dazu auf die Zertifizierung der IT der Leitstellen, die auch danach in gewissen Zeitabständen immer wieder vorbereitet werden muss. Da könnte man zumindest Zweifel anmelden, ob dafür auf Dauer zwei unbefristete Vollzeitstellen benötigt werden.
– Für andere Softwareprojekte greift die Stadt München auch auf externe Berater zurück. Das ist kurzfristig vielleicht teurer, führt aber nicht zu dauerhaften Personalkosten. Wäre das eine denkbare Alternative ?
– Warum braucht die freiwillige Feuerwehr auf einmal 50 % mehr Verwaltungspersonal, nämlich anstelle der bisherigen vier Mitarbeiter jetzt insgesamt sechs Personen?
– Schließlich könnte man sich fragen, ob die alte Software der Leitstelle für einen sechsstelligen Betrag kurz vor Ende ihrer Nutzungsphase noch mit den genannten Ergänzungen versehen werden muss, oder ob die vorhandenen provisorischen Lösungen nicht doch bis zur Einführung der neuen Software ab 2023 fortgeführt werden könnten.
Beantworten kann ich diese Fragen nicht. Aber so oder so ähnlich hätte man unter dem Eindruck der angespannten Haushaltslage die tatsächlichen Notwendigkeiten in der Sitzung weiter untersuchen können. Der Weckruf des Kämmerers, ganz genau hinzusehen, zu priorisieren und gegebenenfalls zu kürzen ist jedenfalls in diesem Ausschuss noch nicht angekommen.
Es kommt immer wieder vor, dass im Stadtrat Anträge gestellt werden, die von der Verwaltung nicht umgesetzt werden können, weil die Stadt für den entsprechenden Sachverhalt nicht zuständig ist. Zum Beispiel wäre ein Antrag, das neue Mobilitätsreferat solle endlich sicherstellen, dass die S-Bahn pünktlich fährt, an den falschen Adressaten gerichtet. Für die S-Bahn ist ausschließlich der Freistaat Bayern verantwortlich.
Erfahrene Stadträte wissen das und formulieren solche Anträge so, dass der Oberbürgermeister sich bei der zuständigen Stelle für das Antragsbegehren einsetzen soll. Im Ergebnis ist so ein Antrag keine Vorgabe für ein praktisches Verwaltungshandeln, sondern eher ein politisches Statement mit dem langfristige Veränderungen in der Landes- oder Bundespolitik angestoßen werden.
So ist auch der Antrag der SPD-Fraktion in der gestrigen Kreisverwaltungsausschusssitzung zu lesen, womit
„der Oberbürgermeister beauftragt [wird], sich beim Bayerischen Städtetag dafür einzusetzen, dass die rechtlichen Voraussetzungen für ein kommunales Wahlrecht für Nicht-Unionsbürger*innen, die seit mindestens fünf Jahren in Deutschland leben, geschaffen werden“ .
Das Kreisverwaltungsreferat hat in seiner Vorlage die geltende Rechtslage mit einem kommunalen Wahlrecht nur für deutsche Staatsbürger und EU-Ausländer erläutert und die hohen rechtlichen Hürden für eine Änderung dargelegt. Am Ende wird der Antrag zwar befürwortet, aber ohne jede inhaltliche Auseinandersetzung und eher mit dem Tenor, dass auf absehbare Zeit ohnehin nichts daraus wird.
Ganz anders die kurze, aber intensive Diskussion im gestrigen Kreisverwaltungsausschuss. Neben dem eher polemischen Vorwurf, es handele sich um einen reinen „Schaufensterantrag“, da die Stadt nicht zuständig sei – was sich allerdings im Antragstext bereits widerspiegelt – wurden von Stadträten der CSU und der FDP auch inhaltliche Einwände vorgetragen. Danach stehe bereits jetzt der Weg zum kommunalen Wahlrecht jedem Ausländer durch einen Antrag auf Einbürgerung offen. Die Regelungen zur doppelten Staatsbürgerschaft ermöglichten dies auch ohne einen Verzicht auf die bisherige Staatsbürgerschaft. Mehr brauche es nicht.
Diese Argumentationslinie ist jedenfalls von der CSU etwas seltsam, wenn man bedenkt, wie massiv sie den „Doppelpass“ jahrelang kritisiert hat. Ganze Wahlkämpfe wurden damit bestritten. Auch der Verweis auf die Einbürgerung an sich greift zu kurz, wie aus der SPD-Fraktion zu Recht erwidert wurde. Eine Einbürgerung ist im Regelfall erst nach acht Jahren möglich – ein Zeitraum, in dem in München mindestens zwei Kommunalwahlen stattfinden, ohne die Möglichkeit, vorher an politischen Entscheidungen mitzuwirken.
Welche Bedeutung das Thema für eine Stadt wie München hat, ergibt sich bereits daraus, dass hier über 200.000 Ausländer leben, die nicht aus EU-Staaten kommen (vgl. S. 38 des Münchner Integrationsberichts von 2017) und daher bislang nicht wählen dürfen. Es stellt sich daher in der Tat die Frage, ob nicht für einen so großen Anteil der Bevölkerung bereits früher – im Antrag steht nach fünf Jahren – ein kommunales Wahlrecht möglich sein sollte.
Allerdings halte ich ein reines „Ersitzen“ eines kommunalen Wahlrechts nicht für sinnvoll. Ebenso wie bei der Einbürgerung nach acht Jahren deutsche Sprachkenntnisse, ein Bekenntnis zum Grundgesetz und Kenntnisse unserer Gesellschaftsordnung verlangt werden, müsste auch ein kommunales Wahlrecht ähnliche Voraussetzungen haben. Es erscheint schwer vorstellbar, dass sich ein ausländischer Mitbürger ohne deutsche Sprachkenntnisse über kommunalpolitische Themen und Personen so informieren kann, dass er eine qualifizierte Wahlentscheidung treffen kann. Die Qualität einer Demokratie macht sich nicht nur an der Zahl der Wähler fest, sondern auch daran, ob und wie es ihnen möglich ist, zu einer fundierten Wahlentscheidung zu kommen.
Der Antrag der SPD-Fraktion ist in der gestrigen Ausschusssitzung und in der heutigen Vollversammlung gegen die Stimmen der CSU, der AFD und von Frau Neff von der FDP angenommen worden. Wenn er aber keine politische Eintagsfliege sein soll, müsste er mit einem Konzept ergänzt werden, das vernünftige Voraussetzungen für die Gewährung eines kommunalen Wahlrechtes definiert. Damit könnte es vielleicht auch gelingen, die bestehenden Widerstände in Land und Bund zu überwinden.
Die Schwierigkeiten der Münchner Gastronomie sind allgemein bekannt. Lockdown, Abstandsgebote, Adressenaufnahme und Maskenpflicht sind vielleicht zur Infektionsbekämpfung notwendig, aber sicher kein Förderprogramm für das Geschäft der Wirte. Wer das schwarz auf weiß nachprüfen will, muss sich nur die Zahlen zur Gewerbesteuer aus dem Bereich Gastronomie anschauen. Von über 51 Mio EUR im Juni 2019 ist das Aufkommen auf unter 18 Mio EUR im Juni 2020 zurückgegangen. Die Gastronomie ist damit die prozentual am stärksten von der Krise betroffene Branche in München.
Der Stadtrat hat schnell regiert und bereits am 13. Mai quasi wörtlich den Aufruf von Prof. Drosten umgesetzt, „das Leben nach draußen zu verlegen„. Überall in München konnten Wirte neue Freischankflächen für den Sommer beantragen, zum Teil auf Parkplätzen am Straßenrand, so wie beispielhaft auf diesem Bild zu sehen:
Das Kreisverwaltungsreferat hat in einem enormen Kraftakt über tausend Anträge der Wirte bearbeitet und davon 86% in kürzester Zeit genehmigt. Dafür gab es in der heutigen Sitzung des Kreisverwaltungsausschuss fraktionsübergreifend viel Lob für den Referatsleiter und seine Mitarbeiter.
Aber wie geht es jetzt weiter? Der Herbst hat begonnen, die Temperaturen sinken, während die Infektionszahlen steigen. Nicht verändert haben sich die Kernaussagen zur Vermeidung von Ansteckungen. Im Gegenteil, die „drei Gs“ (Gruppen in geschlossenen Räume mit lauten Gesprächen) sind weiterhin die Hauptrisikofaktoren für die Ausbreitung des Virus. Das ist genau die Situation, die man im Innern eines voll besetzten Restaurants oder einer gut besuchten Bar vorfindet.
Mehrere Stadtratsfraktionen haben daher Anträge vorgelegt, wonach die Wirte die Freischankflächen weiterhin betreiben können. Zudem soll das normalerweise geltende Verbot des Einsatzes von Heizstrahlern im Außenbereich für das kommende Winterhalbjahr außer Kraft gesetzt werden. Und genau da ist er, der Zielkonflikt: Hat ausnahmsweise der Infektionsschutz in der Gastronomie Vorrang, so dass die Freischankflächen den ganzen Winter über mit stromfressenden Heizstrahlern gewärmt werden können oder gilt weiterhin der erst vor kurzem ausgerufene Klimanotstand? Danach ist die gesamte Stadtpolitik daraufhin zu prüfen, wie der CO2-Ausstoß in München verringert werden kann. Die stadtweite Verwendung von Heizstrahlern passt dazu wie die Faust aufs Auge.
In diesem Dilemma gab es durchaus unterschiedliche Standpunkte der Fraktionen in der heutigen Sitzung:
Am einfachsten die Meinung der FDP: Danach müssen die Freischankflächen ohnehin weg, damit die fehlenden Parkplätze umgehend den Autofahrern wieder zur Verfügung gestellt werden. Klimaschutz und Überlebenskampf der Gastronomie sind demgegenüber nachrangig – die Folgen für die zukünftigen Gewerbesteuereinnahmen der Stadt (siehe oben) sind es dann wohl auch.
Deutlich schwieriger hat sich die Rathauskoalition aus Grünen und SPD mit dem Thema getan. Als Kompromisslösung soll die Nutzung von Heizstrahlern nur dann gestattet sein, wenn der Wirt dafür Ökostrom bezieht. Das wiederum betrachtete der Vertreter der ÖDP als Scheinlösung, denn der Aufpreis für den Ökostrom sei nicht anderes als ein Feigenblatt für den tatsächlich von den Stadtwerken gelieferten Strom, der nahezu vollständig aus fossiler Erzeugung stamme. Die CSU hingegen wollte die Verpflichtung der Wirte zum Bezug von Ökostrom nicht mittragen, wohl mit der Überlegung, dass dann auch der sonstige Stromverbrauch der Gastronomen teurer werde, jedenfalls dann, wenn es nicht möglich ist, den Strom für die Heizstrahler getrennt abzurechnen. Stattdessen wurde eine Klimakompensationszahlung für jeden Heizstrahler ohne Ökostrom vorgeschlagen.
Will man in solch einer Situation zwischen Infektionsschutz und Klimaschutz abwägen, muss man erst einmal verstehen, was eigentlich auf der Waagschale liegt. Allerdings wurde weder in der Verwaltungsvorlage noch in den Anträgen der Parteien auch nur grob abgeschätzt, wieviel zusätzlichen CO2-Ausstoß der stadtweite Einsatz der Heizstrahler in den Freischankflächen über das Winterhalbjahr verursacht. Das soll im Folgenden nachgeholt werden, ungefähr überschlagen, so gut es eben ohne eine exakte Kenntnis der genauen Zahlen geht.
Nimmt man an, dass ein durchschnittlicher Heizstrahler etwa 3kW benötigt, 8 Stunden am Tag läuft und im Durchschnitt vielleicht 8 solche Heizstrahler zum Einsatz kommen, fallen pro Freischankfläche am Tag ca. 200 kWh Stromverbrauch an. Geht man ferner von etwa 1000 Freischankflächen aus (vgl. die Anzahl der genehmigten Anträge oben), ergibt das pro Tag einen zusätzlichen Stromverbrauch in München von ca. 200.000 kWh. Multipliziert man das mit einer Anzahl von 150 Tagen – das entspricht in etwa sechs offenen Tagen jeder Bar / jedes Restaurants pro Woche im Winterhalbjahr- ergibt sich eingesamter zusätzlicher Stromverbrauch von ca. 30.000.000 kWh. Legt man die aktuellen Zahlen des Umweltbundesamtes für den CO2-Ausstoß von etwa 400 Gramm pro Kilowattstunde zugrunde, führt das zu einem zusätzlichen Ausstoß von ungefähr 12.000 Tonnen CO2 durch die Stadt München.
Wie bereits erwähnt, ist das nicht mehr als eine grobe Abschätzung, die auch um einen Faktor 2 oder 3 neben der Wahrheit liegen kann. In jedem Fall ist es aber eine ganze Menge Co2. Jedoch verursacht jeder Bewohner Münchens im Jahr ohnehin etwa 11 Tonnen CO2 und damit alle 1,5 Mio Münchner zusammen etwa 16.500.000 Tonnen. Der durch die Heizstrahler im ganzen Winterhalbjahr verursachte zusätzliche CO2-Ausstoß liegt damit nicht einmal im Promillebereich des jährlichen Gesamtausstoßes. Wenn auch nur ein Teil der reiselustigen Münchner diesen Winter wegen der diversen Warnungen auf eine Flugreise verzichtet und das gesparte Geld in die Münchner Gastronomie investiert, ist die Klimabilanz insgesamt sicher positiv.
Im Ergebnis halte ich daher den Einsatz der Heizstrahler in dieser Ausnahmesituation für akzeptabel. Der vom Stadtrat mit den Stimmen der Grünen, der SPD und im Grundsatz auch von der CSU verabschiedete Antrag trifft daher die richtige Abwägung.
Eine Krankheit, die vom Tier auf den Menschen übertragen wird. Bei Infektionen ist sie für den Menschen häufig tödlich. Die Infektionszahlen in Bayern steigen seit Jahren exponentiell – allerdings mit einer Verdopplungszeit von 10 Jahren. Die Rede ist nicht von Corona, sondern vom Fuchsbandwurm, dessen zunehmende Ausbreitung in München gestern ein Thema im Kreisverwaltungsausschuss war.
Der Fuchsbandwurm ist ein Parasit, der den Darm von Füchsen befällt. Genaue Erläuterungen dazu findet man beim entsprechenden Wikipedia-Eintrag. Der „normale“ Kreislauf beginnt, indem der Fuchs mit seinem Kot die Eier des Wurms ausscheidet. Der Kot wird von Mäusen aufgenommen, die dann wiederum von einem anderen Fuchs gefressen werden. Wird der Mensch mit den Wurmeiern infiziert, ist das quasi ein Betriebsunfall dieses „normalen“ Kreislaufes, der damit unterbrochen wird. Allerdings ruft die Wurminfektion beim Menschen nach langer Inkubationsszeit eine schwere Erkrankung hervor, die kaum zu behandeln ist und meistens tödlich endet.
Für die Großstadt München ist das ein Problem, weil – man glaubt es kaum – hier sehr viele Füchse leben, viel mehr als auf dem Land. Dies führt zu zwei Arten von Risiken mit dem Fuchsbandwurm in Kontakt zu kommen: Zum einen durch Fuchskot, an dem sich beispielsweise Kleinkinder direkt infizieren können, die in Gärten oder in Grünanlagen der Stadt spielen. Zum anderen durch Hunde und insbesondere Katzen, die infizierte Mäuse fressen und dann ihrerseits Eier des Fuchsbandwurms ausscheiden, die am Fell hängenbleiben.
Der Stadtrat hat daher vor einigen Jahren ein Fuchsbandwurm-Monitoring bei der TU München in Auftrag gegeben, dessen Ergebnisse gestern vorgestellt worden sind. Die vollständige Studie findet sich hier. Die Resultate sind einigermaßen ernüchternd:
Um den Fuchsbandwurm zu bekämpfen, können Köder mit einem Entwurmungsmittel ausgelegt werden. Dass solche Aktionen grundsätzlich wirksam sind, wird in der Studie ebenfalls angegeben. Hier das Schaubild dazu:
Die Anzahl der tatsächlichen Erkrankungsfälle von Menschen in Bayern aufgrund des Fuchsbandwurms sind bislang sehr gering, allerdings mit deutlich steigender Tendenz:
In der gestrigen Sitzung wurde im Lichte der Studienergebnisse diskutiert, wie weiter vorzugehen ist. Das Ergebnis ist recht einfach – bis auf etwas Information für Halter von Haustieren passiert im Wesentlichen Nichts. Hier der Beschluss zum Nachlesen.
Bereits in der Vorlage des Kreisverwaltungsreferats war ausgeführt worden, dass eine Entwurmungsaktion in München nicht zu empfehlen sei, da
– gegenwärtig kein zugelassenes Entwurmungmittel verfügbar sei
– bei einer Entwurmungsaktion Resistenzen entstünden
– ohnehin eine Reinfektion durch zuwandernde Füchse wahrscheinlich sei.
Das klingt zunächst recht überzeugend. Im Lichte der mündlichen Aussagen des Gutachters Prof. König in der Ausschusssitzung, stellt sich die Lage aber doch etwas anders dar. Im Einzelnen:
– Dass es gegenwärtig keine zugelassenen Köder gibt, liegt laut dem Gutachter nur an wirtschaftlichen Gründen. Die Firma Bayer hat mangels Profitabilität die Produktion eingestellt und eine andere Firma in Tschechien würde die Produktion nur dann aufnehmen, wenn ihr eine hinreichende Abnahmemenge garantiert würde. Aus meiner Sicht liegt es dann doch nahe, dass München sich mit anderen Gemeinden in Süddeutschland zusammentut, die das gleiche Problem haben und gemeinsam einen Nachfragepool bildet, der zu günstigen Preisen Köder einkauft.
– Die eigentliche Entwurmungschemikalie ist laut Gutachter seit 80 Jahren die gleiche und hat bislang nie zu Resistenzen geführt, da der Wurm nur kurz im Darm des Fuchses damit in Kontakt kommt.
– Eine Reinfektion durch zuwandernde Füchse ist im ländlichen Raum in der Tat ein Hindernis für eine dauerhafte Entwurmung. Dies gilt aber nicht für eine Großstadt wie München, in der die sehr hohe Populationsdichte keine Zuwanderung zulässt.
Im Ergebnis passen diese Aussagen des Gutachters nicht zum verabschiedeten Beschluss. Die wesentlichen Überlegung sind daher doch wohl eher ökonomischer Natur gewesen, im Anbetracht der (noch) geringen Fälle, so wie es ganz unverblümt in der Stellungnahme des Referats für Gesundheit und Umwelt zum Ausdruck kommt:
Was ergibt sich jetzt aus alledem ? Das Mindeste wäre ein klarer Auftrag an des RGU die Anzahl der Infektionsfälle bei Münchnern jedes Jahr an den Stadtrat zu berichten, damit dann jeweils neu darüber beschlossen werden kann, ob die obige Abwägung noch richtig ist. Und eine größere Informationskampagne für alle Eltern / Kindergärten sowie die Halter von Hunden und insbesondere Katzen sollte die Einsparung von 300.000 EURO Behandlungskosten pro Infektionsfall und dem damit verbundenen menschlichen Leid schon wert sein.
Einmal im Jahr erscheint der Sicherheitsreport des Polizeipräsidiums München. Heute war es mal wieder so weit. In der Sitzung des Kreisverwaltungsausschusses wurden die aktuellen Zahlen zur Kriminalität in München dem Stadtrat vorgestellt. Und die sind beeindruckend niedrig – ein „Topergebnis“ wie es der Polizeipräsident zu Recht bezeichnet hat. Wer alle Statistiken lesen möchte, kann das über hundertseitige Zahlenwerk hier herunterladen.
Einen Überblick der Situation zeigt die Zusammenfassung am Anfang des Berichts:
Wie man sehen kann, sind in den meisten Kategorien die Zahlen gegenüber 2018 rückläufig, zum Teil im hohen zweistelligen Prozentbereich. Bei der politisch motivierten Kriminalität bleibt aber auch München nicht vom deutlichen Anstieg rechter Gewalt und Hasskriminalität verschont, vgl. die von mir rot markierten Zahlen oben. Laut Polizeipräsident wird die Münchner Polizei darauf mit einem neuen Spezialdezernat reagieren.
Der Rückgang der Straftaten insgesamt liegt im Trend deutscher Großstädte, wie der folgende Vergleich der Häufigkeitszahl ( = Anzahl jährlicher Straftaten pro 100.000 Einwohner) zeigt.
Seit 2015 ist überall eine kontinuierliche Abnahme an Straftaten zu beobachten. Allerdings ist der Unterschied von München gegenüber den anderen Großstädten beeindruckend, fast ein Faktor zwei relativ zur zweitbesten Stadt Köln. In der Diskussion des Sicherheitsreports haben Vertreter der SPD-Fraktion und der Oberbürgermeister zutreffend darauf hingewiesen, dass die hervorragende Sicherheitslage neben der guten Polizeiarbeit auch die Folge einer engagierten Sozialpolitik ist, die sich seit Jahrzehnten darum kümmert, dass niemand sich selbst überlassen wird mit dem Risiko in die Kriminalität abzugleiten. Das war vielleicht in anderen Städten trotz großer Wirtschaftskraft nicht immer in gleichem Maße der Fall.
Verblüffend ist auch, dass der Rückgang der Straftaten einhergeht mit einer deutlichen Abnahme der Personalstärke der Münchner Polizei. Die Zahl der Polizeivollzugsbeamten ist von ca. 6000 im Jahr 2012 auf heute etwa 5300 zurückgegangen (vgl. die Grafik auf Seite 13 des Sicherheitsreports). Allerdings konnte der Polizeipräsident dem Ausschuss berichten, dass 2020 über dreihundert neue Stellen dazukommen werden. Abgesehen vom Abbau eines Berges von Überstunden, bleibt diese Personalpolitik in Anbetracht des vorgelegten Sicherheitsreports etwas unverständlich. Vielleicht wird der allgemeine Sparzwang durch die Corona Pandemie hier noch zu anderen Entscheidungen führen. Das „Topergebnis“ des Jahres 2019 mit der bestehenden Mannschaftsstärke ist jedenfalls bei aller Freude darüber kein Argument für eine expansive Personalpolitik bei der Münchner Polizei.