Gute Tendenz, schlechte Transparenz

Dass Wohnraum in München Mangelware ist, weiß jeder. Umso ärgerlicher ist es, wenn Wohnungen oder Häuser leer stehen. Beispielsweise gibt es in meiner Nachbarschaft ein kleines Reihenhaus, dessen letzter Bewohner vor über einem Jahr verstorben ist. Neue Eigentümer oder Mieter sind bislang nicht in Sicht, obwohl das Haus geradezu danach ruft, von einer jungen Familie bewohnt zu werden.

Für solche Leerstände kann es viele Gründe geben. Ungeklärte Erbfälle gehören ebenso dazu wie aufwendige Renovierungen, bei denen allein die Planung der Baumaßnahmen mehrere Monate dauern kann. Besonders problematisch ist der Leerstand bei städtischen Wohnungsbauunternehmen, die über günstigen Wohnraum verfügen, der in München besonders knapp ist.

In 2013 gab es Presseberichte über eine hohe Anzahl an ungenutzten Wohnungen der beiden städtischen Wohnungsbaugesellschaften (die zum 1. Januar 2024 zur Münchner Wohnen fusioniert haben). Der Stadtrat hat daher die Verwaltung Ende 2013 beauftragt, regelmäßig über die Entwicklung der Leerstände zu berichten.

In der Sitzung des Stadtplanungsausschusses am vergangenen Mittwoch wurde dazu ein „Abschlussbericht“ vorgelegt. Danach hat die Zahl der leerstehenden städtischen Wohnungen in München deutlich abgenommen. Die Verbesserung der Situation wird im folgenden Bericht ebenso erläutert, wie die Frage, ob es eine gute Idee ist, in Zukunft auf Leerstandsberichte zu verzichten.

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Tannenbaum statt Dönerspieß

Dass der demografische Wandel in vollem Gang ist, lernt inzwischen jede Schülerin und jeder Schüler. An die Stelle der „Bevölkerungspyramide“, die zu meinen Schulzeiten unterrichtet wurde, ist der „Dönerspieß“ getreten, ein Begriff, der die aktuelle Altersverteilung in Deutschland anschaulich illustriert:

Altersverteilung in Deutschland 2022 (Quelle: Destatis)

Aber wie liegen die Dinge in München? Das kann man dem umfangreichen „Demografiebericht 2022“ entnehmen, den das Stadtplanungsreferat am vergangenen Mittwoch vorgelegt hat. Der folgende Beitrag fasst wesentliche Ergebnisse dieser Studie zusammen und nimmt Stellung zu einigen Schlussfolgerungen der Mitglieder des Ausschusses für Stadtplanung und Bauordnung.

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Die Aliens kommen!

Mit dem Neubau des Münchner Hauptbahnhofes wird sich der erste Eindruck, den Bahnreisende von München gewinnen, stark verändern. Während bislang eine Mischung aus restaurierten Gebäuden der Gründerzeit und heruntergekommener Bausubstanz aus den 50er Jahren den öffentlichen Raum am Bahnhof dominiert, wird in Zukunft alles ganz anders. Denn dieses Raumschiff wird am Ende der Gleise landen:

Der neue Hauptbahnhof von Norden (Quelle: Ergebnisbericht Beratergremium)

In der Sitzung des Stadtplanungsausschusses am vergangenen Mittwoch wurde der Bebauungsplan für einen Teilabschnitt des Projekts gebilligt und damit die zukünftige Gestaltung des Starnberger Flügelbahnhofs festgelegt. Ferner wurde ein Bericht des Beratungsgremiums vorgestellt, das die Planungen der Deutschen Bahn zum gesamten Bahnhofsneubau seit einigen Jahren begleitet.

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Ein Webfehler der Bayrischen Gemeindeordnung ?

Vor einigen Wochen habe ich hier über die Übernahme des Bürgerbegehrens zum Schutz der Grünflächen durch den Stadtrat berichtet. Meine Befürchtung war, dass dadurch „Erwartungen entstehen können, die später vielleicht bitter enttäuscht werden.“ Genauso ist es gekommen. Insgesamt sechs laufende Bauprojekte wurden am Mittwoch in der Sitzung des Stadtplanungsausschusses diskutiert. Im Ergebnis ändert das übernommene Bürgerbegehren (fast) nichts an den erheblichen Eingriffen in bestehende Grünanlagen. Warum das so ist und welche Schlussfolgerungen sich damit über den Sinn von Bürgerbegehren zur Stadtplanung aufdrängen, wird im folgenden Beitrag erläutert.

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Sektorale Bebauungspläne – Wundermittel der Wohnungspolitik?

Die Wohnungspolitik in München ist eine Sisyphosaufgabe. Kaum ist es mit viel Anstrengung und Geld gelungen, Investoren zum Neubau von günstigen Mietwohnungen zu bringen, fallen an anderer Stelle zahlreiche Wohnungen aus der Sozialbindung. Erhebliche Mietsteigerungen sind die Folge.

Informationsflyer der Stadt München mit Prognosen zum Wohnungsbau

Der hellblaue Balken des Bestands an Sozialwohnungen schrumpft automatisch durch Zeitablauf, so dass schon eine gleichbleibende Anzahl von Sozialwohnungen ständigen Neubau verlangt. Dauerhaft günstig sind nur die Wohnungen des Kommunalreferats und der städtischen Wohnungsbaugesellschaften.

Warum ist das so? Bislang sind private Sozialwohnungen zumeist durch eine Art Handel entstanden: Ein Investor bekommt ein Baurecht auf einem Grundstück und verpflichtet sich im Gegenzug, einen erheblichen Teil (in München 40%) der neuen Wohnungen einer Sozialbindung zu unterwerfen. Allerdings hat der Bundesgerichtshof in 2019 entschieden, dass die Sozialbindung in solchen Verträgen zeitlich begrenzt sein muss.

Mit dem sogenannten Baulandmobilisierungsgesetz hat sich die Lage jedoch geändert. Denn jetzt kann der Stadtrat für bestimmte Innenstadtgebiete einen „sektoralen Bebauungsplan“ beschließen, mit dem dauerhaft ein bestimmter Anteil an Sozialwohnungen festgeschrieben wird. In einer umfangreichen Vorlage hat das Stadtplanungsreferat für die gestrige Ausschusssitzung das neue Werkzeug der Wohnungspolitik erläutert und vorgeschlagen, wie es in Zukunft in München zur Anwendung kommen soll.

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Tiefgehende Grünflächenplanung

Letzte Woche habe ich über einen Beschluss der Vollversammlung berichtet, mit dem das Bürgerbegehren zum Erhalt der städtischen Grünflächen vom Stadtrat übernommen worden ist. Direkte Auswirkungen hat das jedoch nicht. Auch in Zukunft wird der Stadtrat den Grünflächenschutz mit konkurrierenden Anforderungen abwägen müssen. In der gestrigen Sitzung des Stadtplanungsausschusses ging es um die dabei einfließenden „städtebaulichen Orientierungswerte“ . Was damit gemeint ist und wie in Zukunft genauer erfasst werden soll, ob ein Bebauungsplan tatsächlich hochwertige Grünflächen enthält, wird im Folgenden erläutert.

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Wann platzt der Knoten?

Schon mehrfach wurde auf diesen Seiten über den schleppenden Ausbau der Photovoltaik auf Münchens Dächern berichtet. Anblicke wie hier sieht man immer noch sehr selten im Stadtbild:

Solaranlage auf den Wohnungen des „Lilienhofs“ in der Au (Quelle: Fraunhofer Institut)

Seit 2020 sind nur wenige neue Anlagen errichtet worden, sowohl auf privaten Mietshäusern, als auch auf den Immobilien der städtischen Wohnungsbaugesellschaften. Einmal mehr hat sich gestern der Stadtplanungsausschuss mit diesem Problem befasst. Die Debatte hat leider wenig Erkenntnisse geliefert, warum das so ist. Beim genauen Studium der Vorlage des Planungsreferats kann man jedoch erkennen, dass sich zumindest die Rahmenbedingungen für einen zukünftigen Ausbau der Solarenergie in München verbessert haben.

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Bürgerbegehren, Ratsbegehren oder Stadtratsbeschluss – wer entscheidet die Hochhausfrage?

Die Hochhausdebatte in München ist voll im Gange. Während das Stadtplanungsreferat zusammen mit dem Investor die Pläne für die Bebauung des Paketpostareals vorantreibt, sammelt eine Bürgerinitiative seit Monaten Unterschriften, um die zwei 150 Meter hohen Türme unbedingt zu verhindern.

Die Debatte gestern im Stadtplanungsausschuss hat sich weniger mit dem inhaltlichen Für und Wider der Hochhausplanung befasst, sondern mit der Frage, wie diese Entscheidung zustande kommen soll. Und da wird es richtig kompliziert. Im vorliegenden Beitrag sollen die verschiedenen Möglichkeiten zur Entscheidungsfindung kurz dargestellt und anhand der Argumente aus der heutigen Sitzung diskutiert werden.

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Eine ernstzunehmende Empfehlung

Art. 18 der Bayrischen Gemeindeordnung verlangt, dass in jeder Gemeinde mindestens einmal im Jahr eine Bürgerversammlung stattfindet. In München gilt das für jeden Stadtbezirk. Gemäß Art. 18 (4) müssen dort verabschiedete Empfehlungen vom Stadtrat behandelt werden.

Im Juli 2021 hat die Bürgerversammlung des Stadtbezirkes Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt Folgendes beschlossen:

„München hat den Klimanotstand ausgerufen [….] . Eine der wichtigen Transformationen ist die Umstellung von fossilen Energieträgern auf erneuerbare Energie, wie etwa durch Solaranlagen. Bei bereits bestehenden Gebäuden sind Bebauungspläne eine Voraussetzung, um Neubauten oder alte Gebäude bei Dachsanierungen mit Solaranlagen auszustatten. Der Bezirksausschuss möge daher die Verwaltung mit der Erstellung von Bebauungsanträgen für den Bezirk beauftragen, um im nächsten Schritt auf die weitflächige Durchsetzung von Solaranlagen hinzuwirken […] “

(Hervorhebung hinzugefügt)

In der Sitzung des Stadtplanungsausschusses am vergangenen Mittwoch hat die Verwaltung dazu Stellung genommen. Die Ausführungen in der entsprechenden Vorlage sind zwar zutreffend, aber letztlich ebenso enttäuschend wie die Tatsache, dass es dazu keine Debatte im Ausschuss gab.

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Ein neuer „Stadtbaustein“

In München steht ein Justizpalast, der auch gut zu Paris oder London passen würde. Mit seiner Größe und Architektur bringt er die Bedeutung der dritten Staatsgewalt zum Ausdruck. Wer hier an einer Gerichtsverhandlung teilnimmt, merkt noch bevor er das Gebäude betritt, dass es um etwas geht.

Der Justizpalast (Quelle: Google Street View).

Umso erstaunlicher erscheint es aus heutiger Perspektive, dass in den 70er Jahren unmittelbar gegenüber ein riesiges Kaufhaus gebaut worden ist, dessen Fassade – vorsichtig ausgedrückt – ein gewisses Kontrastprogramm darstellt:

Die Fassade des Karstadt-Kaufhauses

Welche Überlegungen der Genehmigung dieses Baus zugrunde lagen, weiß ich nicht. Sollten Straftäter damit einen ersten Eindruck ihres zukünftigen Wohnortes bekommen? Oder ging es darum, Stilelemente der wenige Jahre zuvor errichteten Berliner Mauer in vierfacher Größe aufzugreifen?

Nun ändert sich nicht nur der Zeitgeschmack, sondern auch das Einkaufsverhalten. Große Kaufhäuser sterben aus und auch der Karstadt zwischen Schützenstraße und Prielmayerstraße rechnet sich nicht mehr. Der Abriss des Betonklotzes hat bereits begonnen. Was stattdessen hier errichtet werden soll, wurde am Mittwoch im Stadtplanungsausschuss vorgestellt.

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