Welch große Löcher die Corona-Krise in den Haushalt der Stadt München reißt, ist unverkennbar. Eine aktuelle Pressemitteilung der Stadtkämmerei weist darauf hin, dass 2021 der Schuldenstand der Stadt auf voraussichtlich über 3 Milliarden EUR ansteigen wird. Mit deutlichen Worten hat der Kämmerer daher dem Stadtrat empfohlen:
“ ganz genau hinzusehen, klare Prioritäten zu setzen und gegebenenfalls zu kürzen.“
Wie wenig diese mahnenden Worte bei den Stadträten bislang Gehör finden, hat die heutige Sitzung des Kreisverwaltungsausschusses gezeigt. Einmal mehr wurden zusätzliche Millionenausgaben ohne kritische Nachfragen in kürzester Zeit durchgewunken.
Gegenstand der Beratungen waren mehrere Anträge des Kreisverwaltungsreferats zur Verbesserung der personellen und sachlichen Ausstattung der Münchner Feuerwehr:
– Für die Planung des Ersatzes der Hard- und Software in der Einsatzleitstelle der Berufsfeuerwehr wurden mit einer ersten Vorlage zwei unbefristete neue Stellen beantragt.
– Gemäß einer weiteren Vorlage soll die Unterstützung der freiwilligen Feuerwehr dauerhaft erhöht werden, um auch hier zwei weitere Dauerstellen für deren IT bzw. Verwaltung zu finanzieren.
– Schließlich wird in einer dritten Vorlage unter anderem beantragt, zusätzliche Ergänzungen für die laufende Software der Einsatzleitstelle zu erstellen.
Allen drei Vorlagen enthalten auf den ersten Blick überzeugende Begründungen, warum die vorgeschlagenen Ausgaben unvermeidbar sind. Hinzu kam in der Sitzung der Appell des sympathischen Leiters der Branddirektion, die Arbeit der Münchner Feuerwehr zu unterstützen. Und das reicht dann schon, denn fast alle Ausschussmitglieder haben die drei Vorlagen ohne jede Nachfrage genehmigt, obwohl sich die Stadtkämmerei unter Hinweis auf die angespannte Haushaltslage jeweils strikt dagegen ausgesprochen hat:
„Im Rahmen des Eckdatenbeschlusses wurde für den Haushaltsplan 2021 […] für das Haushaltsjahr 2021 insgesamt eine Einsparsumme i. H.v. 240 Mio. € beschlossen. Für den Haushalt 2021 besteht daher kein Spielraum für weitere Ausweitungen.
Nun ist eine leistungsfähige Feuerwehr in der Tat eine ganz wichtige Aufgabe der Stadt München. Als verantwortungsvolles Ausschussmitglied tut man sich deshalb wohl schwer, den tatsächlichen Finanzbedarf strenger als die Branddirektion einzuschätzen. Dennoch hätten einige Fragen durchaus gestellt werden können, z.B.:
– Warum braucht es für die Planung des Hard- und Softwareaustausches in der Leitstelle unbefristete Stellen ? Die Planung ist gemäß der Vorlage im Wesentlichen in 2023, spätestens in 2025 beendet. Die Vorlage verweist dazu auf die Zertifizierung der IT der Leitstellen, die auch danach in gewissen Zeitabständen immer wieder vorbereitet werden muss. Da könnte man zumindest Zweifel anmelden, ob dafür auf Dauer zwei unbefristete Vollzeitstellen benötigt werden.
– Für andere Softwareprojekte greift die Stadt München auch auf externe Berater zurück. Das ist kurzfristig vielleicht teurer, führt aber nicht zu dauerhaften Personalkosten. Wäre das eine denkbare Alternative ?
– Warum braucht die freiwillige Feuerwehr auf einmal 50 % mehr Verwaltungspersonal, nämlich anstelle der bisherigen vier Mitarbeiter jetzt insgesamt sechs Personen?
– Schließlich könnte man sich fragen, ob die alte Software der Leitstelle für einen sechsstelligen Betrag kurz vor Ende ihrer Nutzungsphase noch mit den genannten Ergänzungen versehen werden muss, oder ob die vorhandenen provisorischen Lösungen nicht doch bis zur Einführung der neuen Software ab 2023 fortgeführt werden könnten.
Beantworten kann ich diese Fragen nicht. Aber so oder so ähnlich hätte man unter dem Eindruck der angespannten Haushaltslage die tatsächlichen Notwendigkeiten in der Sitzung weiter untersuchen können. Der Weckruf des Kämmerers, ganz genau hinzusehen, zu priorisieren und gegebenenfalls zu kürzen ist jedenfalls in diesem Ausschuss noch nicht angekommen.