Schon einmal ist auf diesen Seiten über die Schwierigkeiten des Mobilfunkausbaus in München berichtet worden. Am vergangenen Donnerstag hat die Vollversammlung des Stadtrates mit den Stimmen der grün-roten Mehrheit einen wegweisenden Beschluss zu diesem Thema verabschiedet. Danach soll der Aufbau des 5G-Netzes bevorzugt mit Mikrozellen erfolgen, wobei die Stadtwerke mit ihrer Tochter M-Net eine koordinierende Rolle übernehmen werden.
Ausgangspunkt der Diskussion war eine Vorlage des Referats für Arbeit und Wirtschaft, um die Genehmigung von neuen Mobilfunkanlagen zu beschleunigen. Die Bearbeitungsdauer von im Schnitt eineinhalb Jahren liegt an einem verwaltungsinternen Dauerstreit zwischen dem Referat für Arbeit und Wirtschaft und anderen Referaten, die Eingriffe in das Stadtbild und in Grünflächen durch zusätzliche Mobilfunkanlagen minimieren möchten.
Neue Standorte werden zum einen für das bestehende Netz aus 4G-Makrozellen benötigt aber auch für das zukünftige 5G-Netz. Und genau hier setzt der Gestaltungswille der Rathausmehrheit an. Mit einem Änderungsantrag vorgestellt von der SPD-Fraktion wurde eine Festlegung getroffen, dass das 5G-Netz bevorzugt mit Mikrozellen aufgebaut wird. Ferner sollen die Stadtwerke in Zukunft für den gesamten Netzausbau eine koordinierende Funktion übernehmen und wo immer möglich, Standorte von den vier Netzbetreibern gemeinsam genutzt werden („Sharing-Modell“).
Die CSU-Fraktion fand dieses Konzept nicht überzeugend. Damit entstünde lediglich eine weitere „Schnittstelle“ ohne Entscheidungsbefugnis, die den Stillstand beim Genehmigen neuer Standorte nicht überwinden könne. Außerdem hätten die Stadtwerke gar kein Interesse an diesem Thema, da sie kein Mobilfunkbetreiber seien. Schließlich sei das Sharing von Mobilfunkmasten auch jetzt schon ständige Praxis.
Der zweite und der dritte Einwand wurden von einem Vertreter von M-Net und einer Vertreterin der Stadtwerke sofort widerlegt. M-Net betreibt ein flächendeckendes Glasfasernetz in München und hat nach eigener Aussage ein erhebliches wirtschaftliches Interesse daran, dieses Netz mit dem Anschluss von 5G-Mikrozellen zusätzlich auszulasten. Zugleich können die Stadtwerke den Strom für die Mikrozellen liefern und zum Teil auch weitere geeignete Mobilfunkstandorte auf ihren Liegenschaften anbieten. Im Übrigen werde Sharing in München mit seiner hohen Mobilfunknachfrage anders als im ländlichen Raum von den Netzbetreibern bislang nicht praktiziert.
Aus meiner Sicht ist es stimmig, die Stadtwerke am 5G-Ausbau zu beteiligen. Wie von der SPD-Fraktion zu Recht angemerkt, gehört ein leistungsfähiger Mobilfunk zur Daseinsvorsorge. Ein starker öffentlicher Einfluss ist daher genauso wichtig wie in anderen Bereichen der öffentlichen Infrastruktur (Strom, Wasser, Gesundheit, etc.). Die Bedenken der ÖDP, dass dadurch rechtliche Probleme zu erwarten seien, halte ich im Grundsatz nicht für gerechtfertigt, da M-Net nicht als Wettbewerber der Mobilfunkbetreiber auftritt, sondern als Grundlagenanbieter für den Aufbau der weiteren Infrastruktur. Trotzdem sind Interessenkollisionen nicht ganz ausgeschlossen, wenn die Stadtwerke einerseits den Genehmigungsprozess für neue Anlagen koordinieren sollen und andererseits daran auch wirtschaftlich partizipieren wollen.
Auch die Festlegung auf Mikrozellen als bevorzugtes Infrastrukturelement für den 5G-Netzaufbau finde ich richtig. Wie vom Vertreter von M-Net bereits früher ausgeführt, können damit Netzwerke aufgebaut werden, die eine hohe Leistungsfähigkeit mit geringsten Eingriffen in das Stadtbild verbinden. Das ist die richtige Zielvorgabe für den weiteren Mobilfunkausbau in einer dicht besiedelten Großstadt wie München mit seiner historisch gewachsenen Architektur.
Zweifelhaft ist allerdings weiterhin, wie der Stillstand in der Verwaltung bei den anstehenden Genehmigungsverfahren überwunden werden kann. Dieser Punkt, der ja der Ausgangspunkt der Vorlage gewesen ist, scheint immer noch ungelöst. Das ist schade, denn die Diskussion im Stadtrat hat auch gezeigt, dass es neben dem in weiter Ferne liegenden autonomen Fahren auch andere Anwendungen gibt, die von schnellem Mobilfunk profitieren werden und damit auch neue wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeiten mit sich bringen.