Sparen ist schwierig

Mit dem Sparen ist es wie mit einer Diät. Man hat gute Vorsätze und ein klares Ziel – um im Einzelfall doch immer wieder schwach zu werden und der Versuchung zu erliegen.

Ein Schulbeispiel dazu war die heutige Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Wirtschaft. Thema war die weitere Finanzierung des Europe Direct Informationszentrum, kurz EDIC. Dabei handelt es sich um ein in der Stadtbibliothek am Gasteig eingerichtetes Informationsbüro zu allen Fragen der Europäischen Union. Wie man dem Webauftritt entnehmen kann, findet man dort Auskünfte zu Förderprogrammen der EU, Austauschprogrammen wie Erasmus, aber auch Unterstützung für Lehrer bei der Darstellung der Europäischen Union im Unterricht. Finanziert wird das EDIC zu einem größeren Teil durch die Stadt München und zu einem kleineren Teil durch ein Förderprogramm der EU.

Allerdings läuft die bisherige EU-Förderung des EDIC im April 2021 aus. Es stellte sich daher die Frage, ob die Stadt die befristeten Personalstellen über dieses Datum hinaus finanziert, gegebenenfalls weiterhin unterstützt von der EU, wenn rechtzeitig im Oktober ein neuer Antrag gestellt wird.

Dazu hat das Referat für Arbeit und Wirtschaft eine etwas seltsame Vorlage eingebracht. Darin wird zunächst die gute Arbeit und die große Bedeutung des EDIC ausführlich gewürdigt sowie die gestiegene Nachfrage nach Informationen dargestellt – zuletzt immerhin 80 Anfragen pro Monat. Am Ende der Vorlage wird jedoch völlig überraschend der Antrag gestellt, die Finanzierung einzustellen und auch keinen Folgeantrag auf Förderung des Informationszentrums bei der EU zu stellen. Begründet wird das mit dem Sparbeschluss des Stadtrates vom 22. Juli, wonach im kommenden Haushalt 240 Mio EUR einzusparen sind. Eine Gegenfinanzierung durch Umschichtungen im eigenen Referat sei unmöglich.

Eine Begründung für diese Aussage sucht man in der Vorlage allerdings vergebens. Sie wäre vielleicht auch nicht ganz einfach gewesen, denn schaut man in die Vorlage zum Eckdatenbeschluss vom 22. Juli 2020 zum Haushalt 2021, sieht man auf Seite 25, dass dort Beträge von > 15 Mio EUR für Personalkosten und > 40 Mio EUR für Sach- und Dienstleistungen für das Referat für Arbeit und Wirtschaft angesetzt sind. Dass da nirgends Luft für gerade mal 100.000 EUR ist (das entspricht etwa 2 Promille), um die es bei der Weiterfinanzierung des EDIC geht, erscheint mir zumindest erklärungsbedürftig.

Die Stadträte haben danach nicht gefragt – jedenfalls nicht in der heutigen Ausschusssitzung. Stattdessen war man sich in mehreren Redebeiträgen der Europapolitischen Verantwortung Münchens bewusst und hat einstimmig mit einem Änderungsantrag beschlossen, das EDIC weiter zu finanzieren und – entgegen dem Sparziel vom Juli – zusätzliche Mittel freigegeben.

Vielleicht war genau das der listige Plan des Referenten, der auf diese Weise problemlos das zusätzliche Geld für sein Referat bekommen hat. Jedenfalls hat er freudig versichert, den Änderungsantrag so umzusetzen. Als Sahnehäubchen gab es dann – gegen die Stimmen der FDP – gleich noch 1,5 zusätzliche Personalstellen für die konzeptionelle Weiterentwicklung des EDIC.

So ist das eben bei einer Diät: Hat man sich erst einmal zum Küchenschrank aufgemacht, bleibt es häufig nicht bei einer Tafel Schokolade.