Die Pandemie beschäftigt weiterhin in vielfältiger Weise die Kommunalpolitik der Stadt München. Mehrere Berichte auf diesen Seiten haben sich mit der aktuellen Situation in den städtischen Krankenhäusern befasst. Auch die erheblichen Einnahmeausfälle im städtischen Haushalt waren und sind immer wieder Gegenstand von Beratungen des Stadtrates. Die heutige Sitzung des Sozialausschusses (zusammen mit dem Ausschuss für Kinder- und Jugendhilfe) hat deutlich gezeigt, wer von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und der Infektionsschutzmaßnahmen am schlimmsten betroffen ist.
Die Anzahl der Münchner, die Hilfe wegen Überschuldung suchen, ist in den vergangenen Monaten dramatisch angestiegen. Waren es im Februar ungefähr 500 Personen, die Kontakt zur städtischen Schuldner- und Insolvenzberatung aufgenommen haben, ist diese Zahl im Juli auf fast 1400 gestiegen. Arbeitsplatzverlust, beispielsweise in der Gastronomie oder im Kulturbereich, führen bei vielen Betroffenen zu existentiellen Nöten. Die Folgen des aktuellen „Lockdown light“ sind da noch nicht mit berücksichtigt.
Überschuldung geht häufig mit dem Verlust der eigenen Wohnung einher. Die Anträge für Sozialwohnungen beim Amt für Wohnen und Migration haben um fast 20% zugenommen, von ca. 30.000 in 2019 auf voraussichtlich 35.000 in 2020. Täglich erkundigen sich 600 – 800 Anrufer beim Servicetelefon der Stadt über die Unterstützungsmöglichkeiten bei der Suche nach günstigem Wohnraum.
Vor diesem Hintergrund erscheint es mir trotz der miserablen Finanzlage der Stadt nachvollziehbar, wenn das Sozialreferat mit seiner heutigen Sitzungsvorlage zusätzliche Stellen zur Beratung von in Not geratenen Münchnerinnen und Münchner schaffen möchte. Dafür werden Personalkosten von jährlich ca. 1.3 Mio EUR beantragt, allerdings befristet für die nächsten drei Jahre. Damit sollen die langen Verfahrensdauern – vier Monate bis zu einem Beratungstermin bei der Schuldnerberatung und sechs Monate bis zu einen Wohnungsbescheid – verkürzt werden.
Zum Vergleich: Das Gesamtbudget des Sozialreferats für 2021 liegt gemäß der ebenfalls heute vorgelegten Haushaltsplanung bei knapp 1,5 Mrd EUR und ist damit geringfügig höher als in 2020.
Wo es im Haushalt des Sozialreferats Einsparmöglichkeiten gibt, soll bis Mitte 2021 im Rahmen einer detaillierten „Aufgabenkritik“ genauer untersucht werden. Die Anzahl der Mitarbeiter ist bereits rückläufig, von rechnerisch etwa 3700 Vollzeitbeschäftigen in 2018 auf 3637 in 2020.
Die Stadträte haben den zusätzlichen Stellen für die oben genannten Beratungsangebote mit großer Mehrheit zugestimmt. Allerdings waren sie optimistischer im Hinblick auf das baldige Ende der Pandemie, so dass auf einen Änderungsantrag der Grünen und SPD hin die Befristung der meisten Stellen auf zwei Jahre verkürzt worden ist. Es bleibt zu hoffen, dass wir dann das Virus und seine Folgen tatsächlich hinter uns haben.