Dass Wohnraum in München Mangelware ist, weiß jeder. Umso ärgerlicher ist es, wenn Wohnungen oder Häuser leer stehen. Beispielsweise gibt es in meiner Nachbarschaft ein kleines Reihenhaus, dessen letzter Bewohner vor über einem Jahr verstorben ist. Neue Eigentümer oder Mieter sind bislang nicht in Sicht, obwohl das Haus geradezu danach ruft, von einer jungen Familie bewohnt zu werden.
Für solche Leerstände kann es viele Gründe geben. Ungeklärte Erbfälle gehören ebenso dazu wie aufwendige Renovierungen, bei denen allein die Planung der Baumaßnahmen mehrere Monate dauern kann. Besonders problematisch ist der Leerstand bei städtischen Wohnungsbauunternehmen, die über günstigen Wohnraum verfügen, der in München besonders knapp ist.
In 2013 gab es Presseberichte über eine hohe Anzahl an ungenutzten Wohnungen der beiden städtischen Wohnungsbaugesellschaften (die zum 1. Januar 2024 zur Münchner Wohnen fusioniert haben). Der Stadtrat hat daher die Verwaltung Ende 2013 beauftragt, regelmäßig über die Entwicklung der Leerstände zu berichten.
In der Sitzung des Stadtplanungsausschusses am vergangenen Mittwoch wurde dazu ein „Abschlussbericht“ vorgelegt. Danach hat die Zahl der leerstehenden städtischen Wohnungen in München deutlich abgenommen. Die Verbesserung der Situation wird im folgenden Bericht ebenso erläutert, wie die Frage, ob es eine gute Idee ist, in Zukunft auf Leerstandsberichte zu verzichten.
Eine gewisse Leerstandquote ist aus den oben erwähnten Gründen unvermeidlich. Zum Vergleich bieten sich Zahlen von Vonovia an, dem größten deutschen Immobilienkonzern mit über 600.000 verwalteten Wohnungen. Als gewinnorientiertes DAX-Unternehmen hat Vonovia sicher ein großes Interesse daran, Leerstände zu vermeiden.
In München liegt die Leerstandsquote von Vonoviawohnungen bei 1,1%, und damit niedriger als in den meisten deutschen Großstädten.
Die kritisierte Leerstandsquote der Münchner Wohnungsbauunternehmen lag 2013 mit 1,02% im gleichen Bereich. Aufgrund des öffentlichen Drucks hat die Stadtverwaltung dennoch eine „Task Force Wohnungsleerstände und Zwischennutzung“ ins Leben gerufen. Damit ist es in den letzten zehn Jahren gelungen, die Anzahl ungenutzter Wohnungen weiter zu verringern.
Wie man sieht, sind die Zahlen von über 600 ungenutzten Wohnungen in 2013 auf etwa die Hälfte zurückgegangen – bei erheblichen jährlichen Schwankungen. Das ergibt im Mittel 300 zusätzliche Wohnungen, die dem angespannten Mietmarkt in München zur Verfügung stehen.
Die letzte Spalte der Tabelle gab in der Ausschusssitzung Anlass zur Diskussion. Wie Brigitte Wolf von der LINKEN zutreffend bemerkt hat, entspricht die Quote von 0,48% für 518 Wohnungen in 2022 einem Gesamtwohnungsbestand von knapp 108.000 Wohnungen, während die aktuelle Quote von 0,34% bei 301 leerstehenden Wohnungen zu einem Gesamtbestand von nur 88.000 Wohnungen passt. Hier kann etwas nicht stimmen, denn die Stadt hat in diesem Zeitraum keine 30.000 Wohnungen verkauft.
Leider konnten die anwesenden Vertreter des Stadtplanungsreferats diesen Widerspruch während der Sitzung nicht aufklären. Dennoch gab es im Grundsatz keinen Zweifel an der insgesamt positiven Tendenz eines rückläufigen Leerstands bei den städtischen Wohnungen.
Ist das Problem damit dauerhaft gelöst? Das scheint zumindest die Auffassung der Verwaltung zu sein, die in ihrer Vorlage beantragt hat, die wiederkehrenden Berichte nunmehr zu beenden und das Thema Leerstand an den Aufsichtsrat der neuen Münchner Wohnen zu übergeben.
Aus meiner Sicht ist das keine gute Idee. Denn das Risiko von (zu) hohen Leerstandsquoten verschwindet ja nicht, nur weil aktuell die Quote niedrig ist. Im Gegenteil, die Anstrengungen, den Wohnungsbestand effizient zu verwalten und Leerstände auf einem niedrigen Niveau zu halten, sollten dauerhaft fortgesetzt werden. 300 zusätzliche Wohnungen sind Anlass genug, dass sich der Stadtrat in wiederkehrenden Zeitabständen damit beschäftigt und die Öffentlichkeit ein klares Bild über den Leerstand in städtischen Wohnungen bekommt.
Die grün-rote Stadtratsmehrheit hat mit einem Änderungsantrag schließlich eine Kompromisslösung durchgesetzt. Danach wird in Zukunft „im Geschäftsbericht der Münchner Wohnen GmbH eine Übersicht über längerfristig leerstehende Wohnungen veröffentlicht.“
CSU-Stadtrat Alexander Reissl hat in der Debatte Zweifel geäußert, ob diese Übersicht – irgendwo tief im Inneren des jährlichen Geschäftsberichts – in Zukunft noch die erforderliche Aufmerksamkeit bekommt. Da ist was dran. Denn die Geschäftsberichte der neuen Wohnungsbaugesellschaft werden voraussichtlich Anlass zu vielen Diskussionen geben, beispielsweise zum Umfang des Wohnungsneubaus, der energetischen Sanierung des Bestands und zu vielen weiteren Aspekten der neuen Münchner Wohnen. Das Thema Leerstand kann dann leicht hinten runter fallen. Es wäre aber sehr schade, wenn die erfolgreichen Anstrengungen zur Verringerung des Leerstands unbemerkt nachlassen und die 300 Wohnungen dem höchst angespannten Mietmarkt in München wieder verloren gehen.