Der neue Stadtentwicklungsplan „Step 2040“

Stadtplanung ist üblicherweise ein kleinteiliges Geschäft, beispielsweise wenn der Stadtrat einen neuen Bebauungsplan aufstellt oder eine Erhaltungssatzung für einige Straßen beschließt. Manchmal wird es jedoch grundlegender. Dann wird mit einem Stadtentwicklungsplan die mittelfristige Entwicklung der gesamten Stadt München in den Blick genommen. In der Sitzung des Stadtplanungsausschusses am vergangenen Mittwoch war es wieder einmal soweit. Da wurde der „Step 2040“ vom Ausschuss diskutiert und verabschiedet.

Der neue Stadtentwicklungsplan „Step 2040“ im Geoportal der Stadt

Der folgende Beitrag erläutert, warum die digitale Fassung des neuen Stadtentwicklungsplanes am Mittwoch einhellig begrüßt wurde, die Vorlage der Verwaltung dennoch nur die Stimmen der grün-roten Rathausmehrheit und der Linken bekommen hat.

In 2019 hat Oberbürgermeister Dieter Reiter das Stadtplanungsreferat beauftragt, einen neuen Stadtentwicklungsplan zu erarbeiten. Das nun vorliegende Ergebnis findet sich in einer fast 90-seitigen Vorlage. Über fünf Jahre haben zahlreiche Gremien aus Politik und Stadtgesellschaft daran mitgewirkt:

Zeitablauf der Erarbeitung des neuen Stadtentwicklungsplans (Quelle: Vorlage des Stadtplanungsreferats)

Wozu dient der neue Stadtentwicklungsplan? Wie die Referentin, Elisabeth Merk, in der Sitzung erläutert hat, wird damit ein umfassendes Werkzeug für die zukünftige Stadtplanung geschaffen. Sowohl der Ist-Zustand als auch die politischen Ziele zukünftiger Stadtplanung in den Bereichen Verkehr, Wohnen, Wirtschaft, Klimaschutz, etc. sind dort abgebildet.

Ein wesentlicher Unterschied zu früheren Stadtentwicklungsplänen ist seine digitale Fassung. Den Einstieg dazu findet man im Geoportal der Stadt München unter diesem Link:

Einstieg in die digitale Fassung des neuen Stadtentwicklungsplans

Alle Möglichkeiten dieses digitalen Werkzeuges zu erläutern, würde diesen Bericht sprengen. Daher im Folgenden nur ein paar Beispiele, die einen Eindruck vermitteln sollen, was man dort alles finden kann.

Zunächst einmal hat man Zugriff auf den Ist-Zustand der in München geltenden Bebauungs- oder Flächennutzungspläne, die festlegen, wo und wie gebaut werden darf:

Beispielhafter digitaler Zugriff auf den Bebauungsplan eines Grundstücks am Sendlinger Tor. Die geltende Satzung und die Pläne von 1979 sind direkt verlinkt.

In die Zukunft gerichtet sind die sogenannten „Handlungsfelder“ des digitalen Stadtentwicklungsplans. Wer sich für das Thema Verkehr interessiert, findet beispielsweise eine grafische Darstellung aller geplanten ÖPNV-Projekte und vieles mehr:

Auszug aus dem digitalen Stadtentwicklungsplan zum Handlungsfeld Verkehr

Ein anderes Handlungsfeld zeigt Stadtteile, die grundsätzlich für zukünftigen Wohnungsbau in Betracht kommen:

Auszug aus dem digitalen Stadtentwicklungsplan zum Handlungsfeld Wohnen

Wie die Referentin in der Debatte immer wieder betont hat, ist der Stadtentwicklungsplan ein informelles Werkzeug, der insbesondere Entscheidungen über Verkehrs- oder Wohnungsbauprojekte nicht vorwegnimmt. Daher ist der Stadtentwicklungsplan auch nicht widerspruchsfrei. So gibt es beispielsweise Gebiete, die einerseits als freizuhaltende Grünflächen markiert sind und andererseits grundsätzlich für den Wohnungsbau oder als Gewerbefläche zur Verfügung stehen sollen. Damit spiegelt der Stadtentwicklungsplan die Zielkonflikte wider, die erst in der Zukunft im Einzelfall mit der Aufstellung konkreter Bebauungs- oder Flächennutzungspläne aufgelöst werden.

Die digitale Fassung des neuen Stadtentwicklungsplan fand im Ausschuss parteiübergreifendes Lob. Zu Recht, wie ich finde. Jeder, der sich für Stadtentwicklung interessiert, sei es in der direkten Nachbarschaft oder mit stadtweiter Perspektive, bekommt damit kostenlos einen digitalen Zugang zu den relevanten Daten. Das Geoportal mit seiner Vielzahl an Karten ist zwar nicht ganz einfach zu bedienen. Es erleichtert aber, die komplexen Zusammenhänge für jedes Wohnungsbauprojekt, jede Gewerbeansiedlung oder auch jede verkehrspolitische Entscheidung in München zu erfassen.

Neben der digitalen Darstellung gibt es vom neuen Stadtentwicklungsplan auch eine schriftliche Fassung (in der Anlage zur bereits genannten Vorlage des Planungsreferats). Darin findet man jede Menge Aussagen, die den kommunalpolitischen Vorstellungen der grün-roten Stadtratsmehrheit entsprechen. Ein paar Beispiele:

„Durch die Umwandlung von Autospuren und Parkplätzen entstehen neue Freiräume, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren und klimawirksam gestaltet werden können, besonders innerhalb des Mittleren Rings.“

Durch eine Reduzierung des Kfz-Verkehrs vermindern sich die Luftschadstoff- und Lärmimmissionen in an Straßen gelegenen Wohnquartieren. Die Reduzierung der Lärmbelastung ist vor allem entlang des Hauptverkehrsstraßennetzes dringend erforderlich. Insbesondere die Maßnahmen zur Förderung der umweltfreundlichen Verkehrsmittel (ÖPNV und Rad) stellen einen Anreiz für die Verkehrsteilnehmer*innen dar, auf das eigene Auto zu verzichten.

„Gleichzeitig entwickeln sich unsere Stadtviertel weiter. Mal behutsam, mal mutiger. Neue Quartiere entstehen dort, wo ÖPNV-Anbindungen schon jetzt gut sind oder wo neue geplant werden. Denn München braucht bezahlbare Wohnungen – für die, die bereits in München leben und für diejenigen, die neu zuziehen.

Dem wollten weder die CSU- noch die FDP-Fraktion im Ausschuss zustimmen. Auch ÖDP-Stadtrat Tobias Ruff argumentierte vehement gegen den neuen Stadtentwicklungsplan. Allerdings hat keine der drei Parteien irgendeinen Alternativvorschlag eingebracht, wie der Stadtentwicklungsplan Step 2040 aus ihrer Sicht aussehen oder angepasst werden sollte.

Das ist schade. Denn in den fünf Jahren, in denen der vorliegende Entwurf des Referates unter breiter Beteiligung (siehe oben) erarbeitet worden ist, wäre durchaus Zeit gewesen, eigene Vorstellungen zu den übergeordneten kommunalpolitischen Zielen zu entwickeln und – sei es digital oder analog – in vergleichbarer Darstellungstiefe vorzulegen.

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