Vor dem Auftreten des Coronavirus waren drohende Fahrverbote für Dieselfahrzeuge eines der größten Aufregerthemen der Politik. Insbesondere in Stuttgart und München sind an vielbefahrenen Straßen die Belastungen mit Feinstaub und Stickoxiden immer noch zu hoch. Wie bereits an anderer Stelle berichtet, werden die Werte zwar allmählich besser. Sie liegen aber immer noch über den zulässigen Grenzen. In München gilt das unter anderem für die Landshuter Allee.
In der gestrigen Vollversammlung wurde von einem Forschungsprojekt berichtet, das in den nächsten Wochen beginnen soll. Große Filtersäulen entlang der Landshuter Allee sollen Stickoxide und Feinstaub aus der Luft herausfiltern. Im Stadtrat traf das auf allgemeine Zustimmung, nicht zuletzt, weil der Freistaat fast alle Kosten des Projekts trägt. Worum es dabei geht und was aus meiner Sicht davon zu halten ist, wird im Folgenden erläutert.
Endlich wieder richtige Kommunalpolitik, möchte man nach der letzten Vollversammlung am vergangenen Mittwoch ausrufen. Die am Anfang der Sitzung von Wolfgang Schäuble, dem Leiter des Krisenstabes, erläuterte Corona-Lage ist so erfreulich, dass es keines weiteren Berichts bedarf. Stattdessen geht es hier um die Einführung eines 365-EUR-Tickets für alle für den öffentlichen Nahverkehr in München. Im Folgenden werden die Hauptargumente aus der Diskussion des Stadtrats zusammengefasst und mit ein paar eigenen Gedanken ergänzt.
Die – allmählich abklingende – Corona Pandemie bremst die Kommunalpolitik in München immer noch aus. Viele Ausschusssitzungen des Stadtrats entfallen und in der monatlichen Vollversammlung nimmt die Diskussion zur Pandemielage jedes Mal soviel Zeit in Anspruch, dass viele andere Themen vertagt werden müssen, beispielsweise die Beschlussfassung über die in diesem Bericht diskutierte Vorlage der Verwaltung.
Worum geht es dabei ? Für viele Münchner Haushalte wird es immer schwieriger, die hohen Mieten des freien Wohnungsmarktes zu bezahlen. Da kommt den beiden Wohnungsbaugesellschaften GWG und GEWOFAG große Bedeutung zu. Allerdings verfügen sie mit ca. 67.000 Wohnungen zusammen über nicht einmal 10% des gesamten Wohnungsbestandes der Stadt. Zum Vergleich: In Wien sind fast 25% aller Wohnungen in der Hand des Wiener Gemeindebaus. Ein schnelles Wachstum der Anzahl günstiger Wohnungen in München ist nicht zu erkennen. Im Gegenteil, selbst bei der Bebauung von städtischen Grundstücken braucht es immer wieder private Investoren. Deren Neubauten stellen jedoch nur zum Teil günstigen Wohnraum bereit und das auch nur über einen begrenzten Zeitraum. Das wirft die Frage auf, ob nicht eine einzige, größere Wohnungsbaugesellschaft deutlich leistungsfähiger wäre. Die Vorlage des Stadtplanungsreferats, deren Diskussion am Mittwoch leider vertagt worden ist, erläutert das Für und Wider einer Fusion der beiden Gesellschaften.
Ein weiteres Mal bestimmt Corona die Diskussion in der Vollversammlung des Stadtrates. Am vergangenen Mittwoch hat der Leiter des städtischen Krisenstabes Wolfgang Schäuble aktuelle Daten zur Entwicklung der Coronalage in München präsentiert, die im Folgenden genauer betrachtet werden. Dabei zeigt sich, dass mit fortschreitender Impfung die Zusammenhänge komplizierter werden und sich die Einschätzung der Situation in München nicht mehr nur auf die allgemeine Inzidenz stützen sollte.
Natürlich sind die Infektionszahlen ein ganz wichtiger Parameter des Geschehens hier in München. Das von Herrn Schäuble dazu präsentierte Schaubild sieht wie folgt aus:
Anders als die auf muenchen.de tagesgenau präsentierten Daten sind hier die Infektionen auch nach Altersgruppen aufgeschlüsselt. Der Verlauf war dabei zwischen Oktober und Januar in allen Altersgruppen im Wesentlichen gleich mit einem starken Anstieg im Oktober / November, dem Höhepunkt der zweiten Welle kurz vor Weihnachten und dem starken Rückgang im Januar.
Der Verlauf in den Monaten Februar und März ist jedoch anders, hier nochmal im Detail dargestellt:
Wie Herr Schäuble in der Vollversammlung zutreffend bemerkt hat, ist der Effekt der Impfungen unübersehbar: Während die Fallzahlen seit Mitte Februar in den drei Altersgruppen 20 – 80 wieder steigen, sind in der Altersgruppe 81+ seit Ende Februar praktisch keine Infektionen mehr aufgetreten. Das finde ich beeindruckend, auch und gerade unter Berücksichtigung der Tatsache, dass laut den Angaben auf muenchen.de die Mutation B.1.1.7 in München inzwischen einen Anteil von 86% einnimmt.
Was folgt daraus für die weitere Entwicklung? Herr Schäuble hat sich damit nur kurz befasst und Überlegungen über die zu erwartende Beanspruchung der Kliniken angestellt (dazu unten mehr).
Hier soll zunächst noch einmal festgehalten werden, dass der Schutz der Altersgruppe 81+ in München erhebliche Auswirkungen auf mögliche Opferzahlen der Pandemie in der dritten Welle hat:
Über 60% der ca. 1100 Todesfälle der Pandemie in München betreffen die Altersgruppe >80. Diese Gruppe ist ab jetzt glücklicherweise im Wesentlichen geschützt, wie der Verlauf der Infektionszahlen im Februar und März eindrücklich zeigt. Damit reduzieren sich auch die zu erwartenden Opfer in der dritten Welle um 60%. Würde es gelingen, auch die Altersgruppe 61 – 80 noch vor einem großen Anstieg der Inzidenzen zu impfen, wäre die dritte Welle kein wirkliches Problem mehr, da die Anzahl der Todesfälle in der Altersgruppe unter 61 vergleichsweise gering ist.
Aber genau hier hakt es und das liegt nicht an der Münchner Kommunalpolitik, sondern an der verfehlten Impfstrategie des Freistaats. Denn schaut man sich an, wie die Impfdosen in Bayern bislang verteilt worden sind, sieht man Folgendes:
Bayern und auch Baden-Württemberg haben nur geringfügig mehr Impfdosen an die altersbedingten Risikogruppen verteilt als an Empfänger mit beruflicher Indikation (Ärzte, Pfleger, aber auch Polizisten, Lehrerinnen und Lehrer, etc.). Ganz anders in Berlin: Hier ist man offensichtlich der Empfehlung der Ständigen Impfkommission gefolgt und hat nicht dem Druck einzelner Interessengruppen nachgegeben. Berlin hat zwar auch sein Klinikpersonal geimpft, ist aber trotzdem viel weiter als Bayern bei der Impfung der gefährdeten Bevölkerungsteile. Während in Bayern noch lange nicht alle der etwa 830.000 80+ -Jährigen geimpft sind, ist diese Gruppe in Berlin bereits durchgeimpft. Zudem sind dort schon über 60.000 Personen unter 80 geimpft worden (in Berlin gibt es nur etwa 211.00 Personen über 80). In München steht laut Aussage der Leiterin des Gesundheitsreferats, Beatrix Zurek, die Impfung aller Impfwilligen, die 81 Jahre und älter sind, kurz vor dem Abschluss.
Die weitere Entwicklung der dritten Welle in München wird durch zwei gegenläufige Effekte bestimmt:
Herr Schäuble hat in seinem Vortrag bereits daraufhin gewiesen, dass die Patienten auf den Intensivstationen der Kliniken der Stadt „jünger“ werden, mit der Präzisierung, dass es sich dabei im Wesentlichen um die Altersgruppe 60 – 80 handelt. Das ist wenig überraschend, da diese Personengruppe aufgrund ihres Alters einerseits immer noch stark gefährdet ist und andererseits weiterhin auf eine Impfung warten muss. Problematisch ist die längere Verweildauer dieser Patienten im Krankenhaus und auf den Intensivstationen als die Altersgruppe 80+, die bislang einen großen Teil der Patienten ausgemacht hat.
Andererseits sind durch die bereits erfolgten Impfungen auch erhebliche Entlastungen in den Krankenhäusern in der dritten Welle gegenüber der zweiten Welle zu erwarten. Das kann man an folgendem Schaubild des RKI zur Altersverteilung der Krankenhauseinweisungen erkennen:
Fällt die Altersgruppe 80+ (orangefarbene Linie) weg, weil sie sich wegen der bereits erfolgten Impfung nicht mehr infiziert, reduziert sich die Belastung der Krankenhäuser um etwa 40%. Würden auch die 60 – 79 jährigen (blaue Linie) geimpft, wäre die zusätzliche Entlastung noch einmal fast genauso groß.
Wie sich die beiden gegenläufigen Effekte in der dritten Welle auswirken, ist schwer vorherzusagen. Klar ist aber, worauf es jetzt ankommt: Maßgeblich für die Verringerung von Todeszahlen und eine Überlastung des Gesundheitssytems ist nicht die Inzidenz insgesamt, sondern das Vermeiden von Erkrankungen der noch ungeschützten, aber massiv gefährdeten Altersgruppe 61 – 80. Diese Gruppe muss so schnell wie möglich geimpft werden, ohne Verzögerungen durch das Impfen weiterer Berufsgruppen jüngeren Alters. Gelingt dies nicht und steigt die Inzidenz in dieser Altersgruppe weiter an, so wie es sich auf dem Schaubild von Herrn Schäuble oben abzeichnet, kommen die Kliniken irgendwann an ihre Grenzen und die Zahlen der Pandemieopfer werden noch einmal deutlich zunehmen, in München und auch anderswo. Als Alternative bleibt dann nur noch der allgemeine Lockdown, um die Inzidenz in allen Altersgruppen und damit auch in der Gruppe 60 – 80 zu senken. Die Kollateralschäden einer solchen Vorgehensweise sind enorm.
Der Weg aus der Pandemie führt weder nach China noch nach Neuseeland oder Australien, wie manche meinen, sondern nach Israel. Nur schnelles Impfen bietet eine verlässliche Perspektive, das „neue Normal“ endlich hinter uns zu lassen. Die Vollversammlung am vergangenen Mittwoch bot die Gelegenheit zu erfahren, wie die Impfkampagne in München vorankommt. Und dabei zeigt sich, dass eine Software des Freistaats, mit der die Verteilung des zunächst sehr knappen Impfstoffs optimiert worden ist, sich zunehmend als Hemmschuh erweisen könnte, wenn es jetzt um das schnelle Hochfahren der Impfungen geht.
Ausgangspunkt der Beratungen im Stadtrat war wieder einmal der Sachstandsbericht von Wolfgang Schäuble, dem Leiter des städtischen Krisenstabes. Neben den bekannten Inzidenzzahlen (aktuell 45, Tendenz wieder leicht steigend) und den Corona-Auslastungen der Krankenhäuser (aktuell weniger als 30% der Spitzenwerte in der zweiten Welle, weiter fallend) lag der Schwerpunkt seines Vortrages auf der Erläuterung der Impfkampagne der Stadt.
Zentrales Planungswerkzeug für ganz Bayern ist die Software BayIMCO. Dieses Programm errechnet aus den bei der Registrierung zur Impfung eingegebenen persönlichen Daten (Alter, Vorerkrankungen etc.) eine individuelle Rangnummer. Diese Rangnummer bestimmt innerhalb der gerade zu impfenden Priorisierungsgruppe (gegenwärtig immer noch Priogruppe 1), die genaue Impfreihenfolge. Anschaulich gesprochen wird damit sichergestellt, dass beispielsweise der 95-jährige Pflegefall vor der rüstigen 81-jährigen Rentnerin geimpft wird.
Allerdings ist der Algorithmus vollkommen intransparent, d.h. die Kriterien, nach denen die Impfreihenfolge innerhalb einer Priorisierungsgruppe festgelegt wird, sind nicht erkennbar, nicht einmal für die Mitarbeiter des Münchner Impfzentrums oder des Gesundheitsreferats. Die Erfahrung mit dem System zeigt aber, so Herr Schäuble, dass das Alter für den Algorithmus ein ganz maßgeblicher Faktor ist. Nachdem die Pflegeheime im Wesentlichen durchgeimpft sind, ist die Impfung zwei Monate nach Beginn – sozusagen von oben – bei den 81-jährigen Münchnerinnen und Münchnern angekommen.
Mir scheint, dass mit dieser Planungssoftware die extrem knappen Impfstoffe in den vergangenen zwei Monaten optimal verteilt worden sind. Denn so wie über alle Altersgruppen hinweg, steigt auch innerhalb der Gruppe der über 80-jährigen das Risiko eines schweren Verlaufs der Krankheit mit fortschreitendem Alter weiter stark an, vgl. dazu die von Prof. Drosten in seinem Podcast mehrfach zitierte Übersichtsstudie.
Eine Verteilung des bislang sehr knappen Impfstoffs, die diese Risikoverteilung berücksichtigt, rettet Leben.
In München sind das laut Aussage der Leiterin des Gesundheitsreferats, Beatrix Zurek, immerhin über 25.000 Personen.
Ob diese altersunabhängige Änderung sinnvoll ist, erscheint mir sehr fraglich. Denn das von Corona ausgehende Risiko ist für eine 30-jährige Erzieherin in etwa um den Faktor 100 (!) geringer als für eine 70-jährige Rentnerin, vgl. das obige Schaubild. Natürlich hat die Erzieherin bei wieder geöffneten Kitas deutlich mehr Kontakte als die Rentnerin, aber das kann diesen riesigen Unterschied wohl kaum ausgleichen. Und 25.000 Personen, die jetzt sofort geimpft werden, verzögern eben für 25.000 Ältere eine zügige Impfung.
Starten kann die Sonderimpfung für Erzieher und Lehrer, etc. allerdings erst, wenn die oben erläuterte Software vom Freistaat entsprechend angepasst worden ist. Bislang darf nämlich nur nach der darin festgelegten Reihenfolge geimpft werden. Wie lange die Anpassung dauern wird, war in der Vollversammlung am Mittwoch nicht zu erfahren. Eine weitere Änderung der Software wird erforderlich aufgrund der heute verkündeten Empfehlung der STIKO, den Impfstoff von AstraZeneca auch für Personen über 65 zu verwenden. Auch diese Änderung muss erst in der Software implementiert werden, bevor dieser Impfstoff entsprechend eingesetzt werden kann.
Zum richtigen Hemmschuh könnte die Software werden, wenn die Impfung auch von Hausärzten durchgeführt werden soll, was bereits für Ende März / Anfang April geplant ist. Denn auch hier ist bislang der Betrieb von BayIMCO Voraussetzung, was in jeder einzelnen Praxis umfangreichen Aufwand zur Anpassung und Installation der Software sowie zur Schulung der Mitarbeiter mit sich bringt. Um in München vorab erste Erfahrungen damit zu sammeln, wird das Gesundheitsreferat demnächst einen Pilotversuch mit drei Münchner Arztpraxen starten.
Mir kommen erhebliche Zweifel, ob die zentralistische Steuerung der ganzen Impfkampagne in Bayern mit BayIMCO auf Dauer der richtige Ansatz ist, insbesondere wenn in den nächsten Wochen immer mehr Impfstoff geliefert wird. Möglicherweise wäre es ab einem bestimmten Zeitpunkt besser, weil viel schneller, die Hausärzte eigenverantwortlich handeln zu lassen und nur noch grobe Richtlinien (z.B. „ab jetzt alle zwischen 60 und 70″) zentral vorzugeben. Zwar kann BayIMCO die exakte Einhaltung der vom Freistaat festgelegten Impfreihenfolge sicherstellen. Der Preis ist aber möglicherweise eine wochenlange Verzögerung beim Hochfahren der Impfungen. Und genau da liegt der entscheidende Unterschied zur Situation in den ersten zwei Monaten der Impfkampagne. Während es bei den bislang sehr geringen Impfstoffmengen enorm wichtig war, zuerst die „Richtigen“ zu impfen, sinkt die Bedeutung dieses Aspekts, wenn fortlaufend immer mehr Impfstoff zur Verfügung steht. Die exakte Einhaltung einer richtigen Reihenfolge wird dann zweitrangig. Dafür steigt der bürokratische Aufwand.
Bilder wie in Israel, wo es die Impfung in einer Bar zusammen mit einem Freibier gab, wird man in Bayern jedenfalls so schnell nicht sehen, vielleicht auch dann noch nicht, wenn beides, Impfstoff und Bier hinreichend verfügbar ist.
Wieder einmal sind die Beratungen zum Thema Corona des Stadtrats ein Anlass für mich, Informationen und Gedanken zur aktuellen Situation in München zusammenzustellen. Um es kurz vorab zu sagen: Nach einem Jahr der Pandemie liegt das Maximum der zweiten Welle hoffentlich hinter uns, denn viele Kennzahlen sinken. Hingegen könnte die Lernkurve, wie man Risiken durch Corona wirksam verringern kann, noch ansteigen, nicht nur auf Bundes- und Landesebene, sondern auch bei der Verwaltung der Stadt München.
Die nachfolgende Darstellung orientiert sich am Vortrag des Leiters der Branddirektion Wolfgang Schäuble und der nachfolgenden Diskussion im Stadtrat in der Vollversammlung am vergangenen Mittwoch.
1. Die Inzidenz
Der Verlauf der Inzidenz in München zeigt dieses Bild:
Die aktuelle Inzidenz (<70) ist inzwischen niedriger als in der Spitze der ersten Welle (~100). Ihr Rückgang um zwei Drittel innerhalb eines Monats ist in etwa genauso stark wie im April.
2. Die Situation in den Kliniken Münchens
Auch hier zeigt sich eine positive Entwicklung, vgl. das Diagramm, das Herr Schäuble in seinem Vortraggezeigt hat.
Auf den Normalstationen ist die Belegung mit Corona-Patienten seit Weihnachten um mehr als die Hälfte zurückgegangen. Auf den Intensivstationen sinken die Zahlen etwas langsamer, von in der Spitze ca. 180 auf jetzt unter 100. Das liegt immer noch weit über den Zahlen aus der ersten Welle.
3. Todesfälle
Keine klaren Daten gibt es zum zeitlichen Verlauf der am Coronavirus verstorbenen Münchner. Zwar werden seit einigen Tagen hier Zahlen veröffentlicht. Auf Nachfrage in der Vollversammlung hat die Leiterin des Gesundheitsreferats, Beatrix Zurek, aber auf große Unsicherheiten und Verzögerungen bei diesen Angaben verwiesen. Ein Rückgang der Mortalität ist jedenfalls (noch) nicht zu erkennen.
Die Altersverteilung der bislang etwa 800 Todesfälle war nicht Gegenstand der Präsentation im Stadtrat. Allerdings findet man diese Information auf muenchen.de. Hier die aktuelle Grafik:
Diese Daten erscheinen mir wichtig – insbesondere zur Einordnung der weiteren Diskussion in der Vollversammlung (siehe unten unter 6.)
4. Kontaktnachverfolgung
Inzwischen hat die Stadtverwaltung ein Team aus mehr als 400 Personen zur Kontaktnachverfolgung aufgebaut, darunter 148 Soldaten der Bundeswehr. Wie Herr Schäuble ausgeführt hat, ist damit der angestrebte Schlüssel von 5 Mitarbeitern pro 20.000 Einwohner erreicht und das Team voll einsatzfähig.
Leider gab es keine Aussage darüber, ob mit diesem Team vielleicht jetzt schon, bei einer Inzidenz von etwa 70, die Nachverfolgung gelingt. Auch vom Stadtrat wurde diese Frage nicht gestellt. Eine 7-Tage Inzidenz von 70 führt in München zu etwa 150 Neuinfektionen pro Tag. Das bedeutet, dass 2-3 Mitarbeiter einen Tag lang Zeit haben, um alle Kontakte eines Coronafalls zu erreichen und gegebenenfalls unter Quarantäne zu stellen. Das sollte zu schaffen sein, vorausgesetzt, der/die Infizierte kann (und will) sich an alle Kontakte erinnern. Diese Voraussetzung hängt allerdings nicht von der Inzidenz ab.
5. Impfungen
Die Impfverordnung des Bundesgesundheitsministeriums definiert drei Gruppen erhöhter Priorität für das Impfen:
Diese Priorisierung geht auf die Empfehlungen der ständigen Impfkommission (STIKO) zurück. Ihre Begründung dafür ist ein lesenswertes Dokument mit einer Gesamtdarstellung aller aktuellen Erkenntnisse über COVID 19, einschließlich der zugelassenen Impfstoffe. Anders als viele Corona-Maßnahmen berücksichtigen die Empfehlungen der STIKO die extreme Altersabhängigkeit des Risikos (vgl. die Abbildung oben). Zusätzlich hat das bayrische Gesundheitsministerium festgelegt, dass innerhalb der Gruppe 1 Impfungen vorrangig in Pflegeheimen stattfinden sollen.
Laut Herrn Schäuble fallen in die Prioritätsgruppe 1 in München bereits 120.000 Personen, von denen bislang nur etwa 10% geimpft werden konnten. Warum ist das so? Größtes Problem ist natürlich der fehlende Impfstoff. Gegenwärtig können aufgrund der Liefersituation nur etwa 1000 Personen pro Tag geimpft werden. Die bereits vorhandenen Impfzentren Münchens sind auf 40.000 Impfungen pro Tag ausgelegt und auch diese Zahl könnte – wenn genug Impfstoff vorhanden wäre – noch gesteigert werden.
Aber auch die Logistik der Impfstoffverteilung durch den Freistaat ist problematisch. So wird beispielsweise der Moderna-Impfstoff in einem Zustand vom Freistaat geliefert, der – zur Vermeidung von Erschütterungen – innerhalb der Stadt keinen weiteren Transport zulässt, was die Versorgung der Altenheime mit diesem Impfstoff quasi unmöglich macht. Die Verteilung der Impfdosen in Bayern ist nach Aussage von Herrn Schäuble bislang auf den ländlichen Raum ausgerichtet und muss für München (und andere Großstädte) noch angepasst werden. Entsprechende Gespräche mit dem bayrischen Gesundheitsministerium sind im Gange.
Leider war nicht zu erfahren, ab wann mit einer Durchimpfung der Altenheime der Stadt zu rechnen ist. Für die weitere Strategie, insbesondere beim Testen, wäre das eine wesentliche Information (siehe nächster Abschnitt).
6. Münchens Teststrategie
Nach der geltenden 11. Bayrischen Infektionsschutzverordnung muss das Personal von stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen sich „mindestens an drei verschiedenen Tagen pro Woche“ einem Test unterziehen. Im Dezember hat die Münchner CSU-Fraktion beantragt, diese Testpflicht in München auf ein tägliches Testen auszudehnen. In der Vollversammlung wurde der Antrag vom stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Prof. Theiss in einer engagierten Rede mit dem großen Infektions- und Sterberisiko der hochbetagten Heimbewohner begründet. Ziel aller Maßnahmen müsse es sein, die Mortalität von Corona in München so schnell wie möglich zu senken. Die Stadt übertreffe auch in vielen anderen Bereichen der sozialen Fürsorge die Vorgaben des Freistaates und man könne sich nicht auf die Mindestanforderungen der geltenden Infektionsschutzverordnung zurückziehen.
Prof. Theiss – als Mediziner vom Fach – hat dazu bereits Anfang Dezember einen lauten „Wutausbruch“ in den sozialen Medien an seinen Parteifreund Markus Söder gerichtet:
„Ich habe bisher aus parteiinterner Loyalität geschwiegen, aber was zu viel ist, ist zu viel. Bei allem Respekt vor Amt und Person – im Kampf gegen Corona brauchen wir weniger Herrenchiemsee und mehr Ehrlichkeit bzw. politische Treffsicherheit. [……] Hier [in den Heimen] gibt es bis jetzt keine schlüssigen Sicherheits- und Testkonzepte. Ab heute zweimal Mitarbeitertesten pro Woche kann doch nicht unser Ernst und nicht alles sein.“
Leider ist er damit nicht durchgedrungen, denn die geforderten schlüssigen Sicherheitskonzepte gibt es in Bayern weiterhin nicht. Zwar muss inzwischen dreimal pro Woche getestet werden, aber die Vorschrift verlangt nicht einmal, dass diese Tests gleichmäßig über die Woche verteilt werden. Die Folge sind nach einem Jahr Pandemie fast 4000 verstorbene Heimbewohner, etwa die Hälfte aller Coronatoten im Freistaat.
Der CSU-interne Frieden ist dann wohl dadurch wiederhergestellt worden, dass mit dem vorliegenden Antrag nunmehr die Stadt München in die Verantwortung genommen werden soll, das tägliche Testen des Pflegepersonals in den Heimen der Stadt sicherzustellen . Der Stadtrat hat diesen Antrag jedoch abgelehnt und ist mehrheitlich den Argumenten der Leiterin des Gesundheitsreferats in der Vollversammlung gefolgt, wonach
– dreimaliges Testen pro Woche ausreichend sei;
– tägliche Tests von den Heimen nicht durchgeführt werden könnten; und
– die strikte Umsetzung von Hygienekonzepten in den Heimen ohnehin wichtiger sei, worauf in Zukunft verschärft geachtet werde.
Aus meiner Sicht ist dieses Ergebnis höchst bedauerlich. Es zeigt wie unter einem Brennglas, woran es bei der wirksamen Bekämpfung des gefährlichen Virus fehlt, nämlich der Fähigkeit der staatlichen Verwaltung, nicht nur mit allgemein gültigen Verboten, sondern auch mit eigenem Verwaltungshandeln flexibel und gezielt auf die Anforderungen der Pandemie zu reagieren. Wie schlimm Corona in Pflegeheimen wütet, ist seit der ersten Welle im Frühjahr bekannt. Auch auf diesen Seiten ist auf die fehlenden Tests immer wieder verwiesen worden (vgl. hier und hier). Sowohl der Freistaat als auch das Gesundheitsreferat der Stadt München ignorieren mit ihrer lückenhaften Teststrategie für Heime grundlegende wissenschaftliche Erkenntnisse und werden damit ihrer Verantwortung für die Gesundheit der Heimbewohner nicht gerecht. Im Einzelnen:
Drei Schnelltests pro Woche sind nicht ausreichend. Das kann man sich anhand folgender Grafik leicht überlegen:
Wird ein infizierter Pfleger beispielweise am 3. Tag seiner Infektion mit einem Schnelltest getestet, kann die Viruslast, die die Gefahr einer Ansteckung bestimmt, noch unter der Detektionsgrenze liegen. Am nächsten Tag (4. Tag im Schaubild oben) ist diese Person jedoch bereits hochansteckend. Erfolgt jetzt kein neuer Schnelltest, wird die Infektion ins Heim getragen. Prof. Drosten hat daher in seinem bekannten Podcast immer wieder darauf hingewiesen, dass die Aussagekraft eines Schnelltest auf maximal 24h begrenzt ist.
Es führt daher kein Weg an der Erkenntnis vorbei, dass mit der Testung nach der geltenden bayrischen Infektionsschutzverordnung viele Infektionen unentdeckt bleiben – mit den bekannten tödlichen Folgen.
Schaffen es die Pflegeheime jeden Tag zu testen? Wohl kaum, denn das häufig unterbesetzte Personal ist schon jetzt überlastet. Insoweit trägt das zweite Argument der Leiterin des Gesundheitsreferats. Aber Schnelltests könnten, wie Prof. Theiss zu Recht ausgeführt hat, auch von anderen Personen durchgeführt werden, beispielsweise Sanitätssoldaten oder Medizinstudenten. Das geht vielleicht nicht von heute auf morgen, aber das Problem der hohen Infektionszahlen in Pflegeheimen ist seit der ersten Welle im Frühjahr bekannt. Hier fehlt es ganz offensichtlich an der bereits oben genannten Flexibilität im Verwaltungshandeln, um kurzfristig nach unkonventionellen Lösungen zu suchen. Und wenn das in der Vergangenheit versäumt worden ist, sollte wenigstens jetzt damit begonnen werden, auch auf kommunaler Ebene.
Ist die Anwendung strenger Hygienekonzepte die bessere Lösung ? Jedenfalls nicht, wenn damit die ständige Desinfektion von Oberflächen gemeint ist. Hier ist die Wissenschaft längst zur der Einsicht gelangt, dass „Schmierinfektionen“ kein relevanter Übertragungsweg für den Coronavirus sind. Wer das nicht glaubt, findet den aktuellen Forschungsstand in diesem Aufsatz in „Nature“. Maßgeblich ist die Übertragung durch Tröpfchen und Aerosole. Das lässt sich zuverlässig nur durch tägliches Testen des Pflegepersonals ausschließen. Masken, auch FFP2 Masken, reichen dazu nicht aus.
Im Ergebnis ist die Entscheidung des Stadtrates, auf ein tägliches Testen zu verzichten, ein schwerer Fehler. Gleiches gilt für die insoweit mangelhafte Infektionsschutzverordnung des Freistaats. Es bleibt nur zu hoffen, dass das Impfen aller Heimbewohner in naher Zukunft abgeschlossen wird. Dann käme es auf die richtige Teststrategie nicht mehr an.
So wie der Impfstoff hoffentlich bald die Corona-Pandemie beendet, so glauben manche, dass sich auch die Verkehrsprobleme Münchens im Wesentlichen mit technischen Lösungen überwinden lassen. Ein großer Hoffnungsträger sind selbstfahrende Fahrzeuge, die – elektrisch angetrieben – keine Emissionen verursachen und mit künstlicher Intelligenz den begrenzten Straßenraum viel effizienter nutzen als der motorisierte Individualverkehr der Gegenwart.
Ob das so kommt, ist natürlich unsicher und kann – wie bei einem Impfstoff – nur durch Testen ermittelt werden. Eine aktuelle Vorlage des Kreisverwaltungsreferats für die Vollversammlung des Stadtrats am vergangenen Mittwoch befasst sich mit zwei Forschungsprogrammen zu diesem Thema. EASYRIDE läuft seit 2018 und untersucht den Einfluss staatlicher Regulierungen auf die Nutzung von On-Demand-Diensten mit automatisierten Fahrzeugen. Das neue Programm TEMPUS betrifft den Aufbau konkreter Feldversuche zum automatisierten Fahren im Münchner Norden ab 2021. Innerhalb von 30 Monaten sollen durch verschiedene Teilprojekte („Arbeitspakete, AP“) sechs „Milestones“ erreicht werden:
Dazu wird die Expertise von BMW, Siemens, mehreren Universitäten und der städtischen Verwaltung zusammengebracht. Finanziert wird das Programm vom Bundesverkehrsministerium mit fünf Millionen Euro. Da hat der Stadtrat nicht lange diskutiert, sondern nach kurzer Debatte mit großer Mehrheit zugestimmt – auch weil dafür fast kein Geld der Stadt benötigt wird.
Daran gibt es nichts zu kritisieren. Denn nur durch wissenschaftlich begleitetes Ausprobieren gewinnt man neue Erkenntnisse, ob und wie das automatisierte Fahren funktioniert und welchen Beitrag es zur Lösung der vielfältigen Verkehrsprobleme Münchens beitragen kann.
Allerdings hat mich das Studium der Vorlage und der beiden Forschungsprojekte ins Nachdenken gebracht, was man realistischerweise in einem hochverdichteten städtischen Raum erwarten kann, wenn die technischen Probleme des automatischen Fahrens eines Tages gelöst sind. Dabei bin ich auf Seiten des ADAC gestoßen, die gut verständlich den Stand der Technik und die weitere Entwicklung des autonomen Fahrens erläutern. Aus verkehrspolitischer Perspektive besonders interessant ist eine Abbildung, mit der ein bekannter deutscher Fahrzeughersteller die Zukunft des innerstädtischen Verkehrs illustriert:
Was sieht man hier? Einen Straßenraum, der überall breite Fahrradwege vorsieht, genau wie vom Münchner Radlbegehren gefordert. Und wenn man die Verkehrsteilnehmer zählt, stehen vier Radfahrer und drei Busse gerade mal zwei fahrenden Fahrzeugen des motorisierten Individualverkehrs gegenüber. Eine gläserne Fahrradparkanlage an einer U-Bahn Station nimmt über 20 parkende Räder auf, während man nur wenige parkende Autos im Bild erkennen kann. Und dazwischen jede Menge Fußgänger. Wenn das die Zukunft mit autonomen Fahrzeugen ist, bin ich begeistert.
Leider habe ich den Verdacht, dass diese Vision des innerstädtischen Verkehrs, auch wenn sie von einem namhaften Automobilhersteller kommt, (noch) nicht konsensfähig ist, jedenfalls nicht im Münchner Stadtrat. Denn in der Debatte am Mittwoch haben Stadträte von CSU und FDP nachdrücklich Platz für autonom fahrende Autos eingefordert. Die Auseinandersetzung über die richtige Verteilung des Straßenraums in München wird also andauern, unabhängig davon, ob Autos durch Menschen oder Computer gesteuert werden.
Mit diesen Gedanken verabschieden sich die Stadtratsberichte nach 47 Beiträgen in 2020 in eine kombinierte Weihnachts- / Coronapause. Sobald die Münchner Kommunalpolitik in 2021 wieder Fahrt aufnimmt, geht es auch hier weiter.
Schon einmal ist auf diesen Seiten über die Schwierigkeiten des Mobilfunkausbaus in München berichtet worden. Am vergangenen Donnerstag hat die Vollversammlung des Stadtrates mit den Stimmen der grün-roten Mehrheit einen wegweisenden Beschluss zu diesem Thema verabschiedet. Danach soll der Aufbau des 5G-Netzes bevorzugt mit Mikrozellen erfolgen, wobei die Stadtwerke mit ihrer Tochter M-Net eine koordinierende Rolle übernehmen werden.
Ausgangspunkt der Diskussion war eine Vorlage des Referats für Arbeit und Wirtschaft, um die Genehmigung von neuen Mobilfunkanlagen zu beschleunigen. Die Bearbeitungsdauer von im Schnitt eineinhalb Jahren liegt an einem verwaltungsinternen Dauerstreit zwischen dem Referat für Arbeit und Wirtschaft und anderen Referaten, die Eingriffe in das Stadtbild und in Grünflächen durch zusätzliche Mobilfunkanlagen minimieren möchten.
Neue Standorte werden zum einen für das bestehende Netz aus 4G-Makrozellen benötigt aber auch für das zukünftige 5G-Netz. Und genau hier setzt der Gestaltungswille der Rathausmehrheit an. Mit einem Änderungsantrag vorgestellt von der SPD-Fraktion wurde eine Festlegung getroffen, dass das 5G-Netz bevorzugt mit Mikrozellen aufgebaut wird. Ferner sollen die Stadtwerke in Zukunft für den gesamten Netzausbau eine koordinierende Funktion übernehmen und wo immer möglich, Standorte von den vier Netzbetreibern gemeinsam genutzt werden („Sharing-Modell“).
Die CSU-Fraktion fand dieses Konzept nicht überzeugend. Damit entstünde lediglich eine weitere „Schnittstelle“ ohne Entscheidungsbefugnis, die den Stillstand beim Genehmigen neuer Standorte nicht überwinden könne. Außerdem hätten die Stadtwerke gar kein Interesse an diesem Thema, da sie kein Mobilfunkbetreiber seien. Schließlich sei das Sharing von Mobilfunkmasten auch jetzt schon ständige Praxis.
Der zweite und der dritte Einwand wurden von einem Vertreter von M-Net und einer Vertreterin der Stadtwerke sofort widerlegt. M-Net betreibt ein flächendeckendes Glasfasernetz in München und hat nach eigener Aussage ein erhebliches wirtschaftliches Interesse daran, dieses Netz mit dem Anschluss von 5G-Mikrozellen zusätzlich auszulasten. Zugleich können die Stadtwerke den Strom für die Mikrozellen liefern und zum Teil auch weitere geeignete Mobilfunkstandorte auf ihren Liegenschaften anbieten. Im Übrigen werde Sharing in München mit seiner hohen Mobilfunknachfrage anders als im ländlichen Raum von den Netzbetreibern bislang nicht praktiziert.
Aus meiner Sicht ist es stimmig, die Stadtwerke am 5G-Ausbau zu beteiligen. Wie von der SPD-Fraktion zu Recht angemerkt, gehört ein leistungsfähiger Mobilfunk zur Daseinsvorsorge. Ein starker öffentlicher Einfluss ist daher genauso wichtig wie in anderen Bereichen der öffentlichen Infrastruktur (Strom, Wasser, Gesundheit, etc.). Die Bedenken der ÖDP, dass dadurch rechtliche Probleme zu erwarten seien, halte ich im Grundsatz nicht für gerechtfertigt, da M-Net nicht als Wettbewerber der Mobilfunkbetreiber auftritt, sondern als Grundlagenanbieter für den Aufbau der weiteren Infrastruktur. Trotzdem sind Interessenkollisionen nicht ganz ausgeschlossen, wenn die Stadtwerke einerseits den Genehmigungsprozess für neue Anlagen koordinieren sollen und andererseits daran auch wirtschaftlich partizipieren wollen.
Auch die Festlegung auf Mikrozellen als bevorzugtes Infrastrukturelement für den 5G-Netzaufbau finde ich richtig. Wie vom Vertreter von M-Net bereits früher ausgeführt, können damit Netzwerke aufgebaut werden, die eine hohe Leistungsfähigkeit mit geringsten Eingriffen in das Stadtbild verbinden. Das ist die richtige Zielvorgabe für den weiteren Mobilfunkausbau in einer dicht besiedelten Großstadt wie München mit seiner historisch gewachsenen Architektur.
Zweifelhaft ist allerdings weiterhin, wie der Stillstand in der Verwaltung bei den anstehenden Genehmigungsverfahren überwunden werden kann. Dieser Punkt, der ja der Ausgangspunkt der Vorlage gewesen ist, scheint immer noch ungelöst. Das ist schade, denn die Diskussion im Stadtrat hat auch gezeigt, dass es neben dem in weiter Ferne liegenden autonomen Fahren auch andere Anwendungen gibt, die von schnellem Mobilfunk profitieren werden und damit auch neue wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeiten mit sich bringen.
Wo stehen wir in der zweiten Welle? Sind die Zahlen endlich rückläufig oder braucht es weitere Maßnahmen? Wie sieht es in den Krankenhäusern und Heimen aus? Sind die Schulen Hotspots? Das sind Fragen, zu denen es meistens nur auf Bundes- und Landesebene Antworten gibt. Die gestrige Vollversammlung des Stadtrats hat jedoch die Möglichkeit geboten, sich ein aktuelles Bild der Lage in München zu verschaffen.
Wie bereits vor einem Monat hat zunächst der Leiter der Branddirektion einen Überblick gegeben, gefolgt von Fragen und Kommentaren aus den Reihen des Stadtrats.
1. Das Infektionsgeschehen
Auf muenchen.de informiert die Stadt weiterhin tagesgenau über die 7-Tage Inzidenz und weitere Daten zum Verlauf der Pandemie in München. Seit dem 13. November sind die Infektionszahlen rückläufig, aber immer noch auf hohem Niveau:
Der Oberbranddirektor war jedoch optimistisch, dass sich der Trend nach unten fortsetzt.
2. Tests und Nachverfolgung
Die Kapazität der städtischen Teststation auf der Theresienwiese steigt weiter, von gegenwärtig 8.700 Tests auf 11.200 Test pro Woche. Daneben gibt es mobile Teststationen, beispielsweise für Schulen, mit einer zusätzlichen Kapazität von bislang 7000, demnächst 10.500 Tests.
Zur effektiven Pandemiebekämpfung ist die unmittelbare Benachrichtigung von positiv Getesteten und ihren Kontaktpersonen entscheidend. Gegenwärtig sind in München etwas weniger als 7000 Personen infiziert, die im Schnitt jeweils vier Kontaktpersonen benennen. Damit müssen insgesamt etwa 35.000 Personen nachverfolgt werden – keine leichte Aufgabe.
Zwei Probleme treten dabei auf: Zum einen hat sich in den letzten Wochen die Bearbeitung in den Laboren verzögert und es kam zu Rückstaus von bis zu 5 Tagen. Zum anderen war die personelle und räumliche Ausstattung der Nachverfolgungsteams in München unzureichend. Das soll sich ändern. Dazu hat die Stadt eine Messehalle angemietet, in der ab Dezember 400 Mitarbeiter mit Call-Center-Ausstattung ihre Arbeit aufnehmen werden. Aber auch schon vorher soll es bei der Weiterleitung von Testergebnissen der Labore keine Verzögerungen mehr geben. Auf Nachfragen der CSU-Fraktion konnte die Leiterin des Gesundheitsreferats bestätigen, dass jedenfalls ab sofort positiv Getestete unmittelbar über eine App („Doctor Box“) informiert werden und spätestens 24 Stunden später zusätzlich per Brief.
3. Intensivbetten
Die Anzahl der aktuell freien Intensivbetten in München wird nicht nur durch die Anzahl der Patienten bestimmt (aktuell 88). Maßgeblich ist auch wieviel Kapazität die Krankenhäuser bereitstellen, indem sie andere Operationen verschieben und dafür – jedenfalls kurzfristig – finanzielle Einbußen in Kauf nehmen. Gegenwärtig gilt „Level 2“, d.h. noch ist es den Krankenhäusern selbst überlassen, inwieweit sie Betten für Corona Patienten freihalten. Die folgende Tabelle aus der Präsentation des Oberbranddirektors zeigt auch die weiteren Level 3 und 4:
Mit „Level 4“ wären insgesamt 500 Betten verfügbar, das ist mehr als das Fünffache der aktuellen Belegung, allerdings nur dann, wenn alle nicht lebensrettenden Operationen in München verschoben würden. Im Lichte der Infektionszahlen rechnet der Oberbranddirektor mit einem leichten weiteren Anstieg der Belegung, bevor in einer knappen Woche auch hier die Zahlen zurückgehen sollten.
3. Schulen
Inzwischen stellt die Stadt München auf ihrer Website auch die Zahlen zur aktuellen Situation an den Schulen dar. Dort findet man folgendes Bild:
Deutlich hat der Oberbranddirektor darauf hingewiesen, dass das Infektionsgeschehen hier sehr überschaubar ist. Insgesamt 219 Kinder sind aktuell erkrankt und 18 Lehrkräfte. Bei insgesamt fast 7000 aktuell erkrankten Münchnerinnen und Münchnern sind das gerade einmal 3,5% aller Krankheitsfälle. Auch die Anzahl der Klassen in Quarantäne liegt für fast alle Schularten bei weniger als 5%. Das bedeutet, dass mehr als 95% aller Schüler –von der Maskenpflicht einmal abgesehen– ganz normal unterrichtet werden können.
In der Diskussion hat der Oberbürgermeister – wie ich finde zu Recht – angemerkt, dass diese Situation keine Abweichung vom Regelbetrieb in den Schulen rechtfertigen kann. Es bleibt zu hoffen, dass die aufgeregte Diskussion auf Landes- und Bundesebene nicht zu anderen Vorgaben führen wird.
4. Pflegeheime
Nach den Ausführungen des Oberbranddirektors ist die Situation erheblich besser als im Frühjahr. Dennoch gelten in der zweiten Welle schon wieder 20 Pflegeeinrichtungen in München als Hotspots mit mehreren Infizierten. Insgesamt 183 Heimbewohner sind bereits erkrankt. Die extreme Altersabhängigkeit des mit Corona verbundenen Sterberisikos lässt nichts Gutes erwarten. Ein Blick auf die Münchner Corona Todesfallstatistik zeigt in aller Deutlichkeit die Gefahren für ältere und hochbetagte Münchnerinnen und Münchner:
Warum es offensichtlich auch in der zweiten Welle nicht ausreichend gelingt, den Virus von den hochgefährdeten Heimbewohnern fernzuhalten, wurde durch die Nachfrage des ÖDP-Stadtrates klar: Eine vorbeugende regelmäßige Reihentestung des Pflegepersonals findet in München gegenwärtig nicht statt, weder mit PCR-Tests noch mit Schnelltests. Laut Aussage des Oberbranddirektors sind vom Freistaat bislang 5000 Schnelltests ausgegeben worden, wobei unklar blieb, ob das die Stadt München oder ganz Bayern betrifft. Die Leiterin des Sozialreferats konnte ergänzen, dass das Münchenstift, der Betreiber der städtischen Pflegeheime, ab Dezember in der Lage sein wird, sein Personal einmal die Woche zu testen.
Meiner Meinung nach kommt das viel zu spät und ist immer noch kein ausreichender Schutz der Heimbewohner. Wird ein Mitarbeiter am Montag getestet und steckt er sich am Dienstag irgendwo an, besteht ein erhebliches Risiko, dass er ab Donnerstag oder spätestens Freitag anfängt, den Virus an Heimbewohner weiterzugeben. Der Stadt München ist allerdings kein Vorwurf zu machen. Das Problem liegt vielmehr an der mangelnden Verfügbarkeit von Tests und damit der völlig verfehlten Teststrategie des Freistaats, wie die Gesundheitsreferentin in der Vollversammlung zutreffend festgestellt hat. Viel zu lange hat sich die Staatsregierung darauf fokussiert, durch frei verfügbare Test das allgemeine Infektionsgeschehen in der Bevölkerung herunterzudrücken. Daher hat man jetzt, auf dem Höhepunkt der zweiten Welle, keine ausreichende Testkapazität, um sämtliches Pflegepersonal mindestens alle zwei Tage zu testen. Die Folge ist das Bayern sowohl absolut als auch relativ zur Bevölkerung die meisten Toten in Heimen hat, wie das RKI vor zwei Tagen berichtet hat.
Unverständlich ist mir insbesondere der noch immer nicht behobene Mangel an Schnelltests in Bayern. Zum Vergleich, die Slowakei hat es bereits Ende Oktober geschafft, ihre gesamte Bevölkerung damit zu testen. Dasselbe findet in den nächsten Tagen in Südtirol statt. Es müssen daher deutlich mehr als die oben erwähnten 5000 Stück am Markt erhältlich gewesen sein.
Das Ganze ist sehr bitter, nicht nur für die Heimbewohner in München selbst, sondern auch für deren Angehörige, die in den nächsten Monaten noch in großer Unruhe sein werden, bis der Beginn der Impfung das Problem hoffentlich beenden wird.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Corona-Lage in München nicht außer Kontrolle ist, weder in der allgemeinen Bevölkerung, noch in den Krankenhäusern und schon gar nicht in den Schulen. Aber es bleibt schwierig, denn der weitere Infektionsverlauf ist immer noch unsicher und die Gefahr ist für hochbetagte Münchnerinnen und Münchner, die auf Pflege angewiesen sind, weiterhin sehr hoch.
Im Jahr 2015 hat der Stadtrat die Planung für den neuen Hauptbahnhof verabschiedet. Der Abriss des alten Bahnhofsgebäudes ist bereits erfolgt und die Bauarbeiten für die Anbindung des zukünftigen Neubaus an die zweite Stammstrecke sind in vollem Gang. Die Computeranimation in der damaligen Stadtratsvorlage zeigt anschaulich, wie das neue Gebäude und der Platz vor dem neuen Hauptbahnhof einmal aussehen sollen:
Nur beim sehr genauen Hinschauen erkennt man an der Nordseite (im „Wimmelbild“ oben rechts) des neuen Gebäudes ein paar Fahrradständer, an denen wohlgeordnet ein paar Räder abgestellt sind. Das sieht schön aus, hat aber mit der zukünftigen Realität möglicherweise nichts zu tun. Bereits am alten Hauptbahnhof gab es jede Menge wild geparkte Räder und keine Abstellanlagen, denen man ein teures Fahrrad länger anvertrauen würde. Der Stadtrat war sich bereits 2015 dieses Problems bewusst und hat daher den Auftrag vergeben, mindestens 3000 Fahrradstellplätze im Bahnhofsbereich einzuplanen. Diese Zahl geht zurück auf eine Bedarfsanalyse aus 2015.
Den erforderlichen Platz dafür in unmittelbarer Bahnhofsnähe zu finden, ist allerdings gar nicht so einfach. In der Vorlage für die Vollversammlung am vergangenen Mittwoch hat das Stadtplanungsreferat verschiedene Standorte aufgelistet:
Bei vielen dieser Standorte ist die Nutzbarkeit noch weitgehend ungeklärt. In der Vollversammlung ging es in erster Linie um den Bereich [1] im nördlichen Untergeschoss des Neubaus des Bahnhofsgebäudes. Die Bauherrin, die DB AG, hat diese Fläche Anfang des Jahres kurzfristig der Stadt angeboten. Das Angebot ist im Stadtrat auf ein geteiltes Echo gestoßen, denn es hat große Nachteile:
– Der Zugang soll nur über zwei Lifte für jeweils vier Radfahrer möglich sein. Da kann man, wie von der FDP Fraktion vorgerechnet, durchaus Zweifel haben, ob damit zu Stoßzeiten ein zügiges Be- und Entladen der 700 Räder in der geplanten Abstellanlage überhaupt möglich wird.
– Noch schwerer wiegen die Kosten. Je nach Schätzung wird der Bau der Anlage zwischen 12 und 20 Mio EUR benötigen, die von der Stadt zu übernehmen sind. Darüber hinaus verlangt die DB AG eine jährliche Miete von ca. 200.000 EUR. Rechnet man das auf den einzelnen Stellplatz um, sind das 17.000 EUR Investitionskosten pro Stellplatz zzgl. 300 EUR jährliche Miete. Das ist sehr viel Geld.
Es drängt sich der Eindruck auf, dass die DB AG, in Kenntnis der Schwierigkeiten des Stadtrats mindestens 3000 Abstellplätze im Bahnhofsbereich vorzusehen, sich ein ansonsten vielleicht gar nicht so attraktives Kellergeschoss vergolden lassen will. Ungünstig ist zudem der enorme Zeitdruck, da laut Vorlage eine Entscheidung innerhalb weniger Tage erforderlich ist, um Planungsverzögerungen beim Gesamtprojekt zu vermeiden.
Von der ÖDP wurde daher – wie ich finde zu Recht – angemerkt, dass man bereits viel früher mit der DB AG die Frage der Bereitstellung von ausreichend Fahrradstellplätzen im Untergeschoss des Neubaus hätte verhandeln müssen und zwar zu einem Zeitpunkt, als die Stadt vor der Bewilligung des Bebauungsplans in den Verhandlungen noch hätte Druck aufbauen können.
Zum jetzigen Zeitpunkt nützen diese Überlegungen leider nichts mehr. Der Vollversammlung blieb nur die Frage zu beantworten, wie wichtig es ist, an so einem attraktiven Standort nah an den Gleisen eine Fahrradabstellanlage errichten zu können. Im Ergebnis hat sich eine große Mehrheit des Stadtrats dazu durchgerungen, das Geld für die ersten 700 der 3000 Stellplätze auszugeben.
Das kann aber nur ein erster Schritt sein, um am neuen Hauptbahnhof die erforderliche Bike & Ride Infrastruktur bereitzustellen. Bei täglich über 400.000 Reisenden führen bereits geringe Zunahmen des Anteils derjenigen, die innerhalb der Stadt das Rad nehmen, zu einem weitaus höheren Bedarf als die in 2015 geschätzten 3000 Stellplätze. Notlösungen wie das schwimmende Parkplatzschiff am Bahnhof Amsterdam sind in München leider nicht machbar:
Es sind daher erhebliche zusätzliche Anstrengungen erforderlich, um den Radlern genügend Stellplätze anzubieten und gleichzeitig die eingangs gezeigte attraktive Gestaltung des neuen Bahnhofsgeländes nicht zu beeinträchtigen.