So könnte man in Kurzform die Ergebnisse der umfangreichen Serie von NO2-Messungen bezeichnen, die gestern im Ausschuss für Klima und Umwelt vorgestellt worden sind. In Wirklichkeit sind die Zusammenhänge natürlich komplizierter, wie im Folgenden erläutert wird:
2018 und 2019 hat der Stadtrat beschlossen, insgesamt 44 kommunale NO2-Messstationen aufzustellen, zusätzlich zu den bestehenden fünf Messanlagen des Bayrischen Landesamts für Umwelt. Mit einer Vorlage des Klima- und Umweltreferats wurden gestern die Messergebnisse für das Jahr 2020 vorgelegt und im Ausschuss diskutiert.
NO2 ist ein giftiges Gas, das als Nebenprodukt bei jeder Art von Verbrennung anfällt, beispielsweise in Öl- und Gasheizkesseln, aber auch und gerade in Verbrennungsmotoren. Wie lange NO2 in der Luft stabil ist, hängt stark von den Wetterbedingungen ab. Die EU hat daher 2010 zwei Grenzwerte festgelegt, zum einen ein Jahresmittel von maximal 40 µg/m³, zum anderen einen 1-Stunden-Grenzwert von 200 µg/m³, der höchstens 18 mal pro Jahr überschritten werden darf.
Was ergeben die Messungen in 2020? In der nachfolgend gezeigten Liste kann man sofort sehen, wie hoch der jährliche Mittelwert der Stickoxidbelastung in der Nähe der eigenen Adresse ist:
Zur Messung der NO2-Konzentration verwenden die 44 Messstationen der Stadt sogenannte Passivsammler, die jeweils nur alle zwei Wochen einen Messwert ausgeben. Die technisch weit aufwändigeren Messgeräte an den fünf Stationen des bayrischen Landesamtes für Umwelt können auch stündliche Spitzenwerte messen. Nach den dort aufgenommenen vorläufigen Messwerten ist in 2020 keine Überschreitung des oben genannten Grenzwerts von 200 µg/m³ aufgetreten.
Was ergibt sich jetzt daraus? Aus meiner Sicht zweierlei: Zum einen ist Corona-bedingt die Stickoxidbelastung in München im Lockdown überall sprunghaft zurückgegangen, vgl. in der obigen Tabelle die Werte aus dem 1. Quartal 2020 (noch vor Corona bzw. Lockdown) mit dem 2. Quartal. Dieser Rückgang steht ohne Zweifel mit der Abnahme des motorisierten Verkehrs in München in Zusammenhang. Das zeigt der Blick auf die Verkehrsdaten in München für den gleichen Zeitraum:
Ein genauerer Blick auf die Daten zeigt aber auch, dass die NO2-Belastung unabhängig von Corona leicht rückläufig ist. So kann man an den bereits 2018 installierten Messstellen überall einen leichten Rückgang der Mittelwerte von 2018 auf 2019 erkennen , vgl. die ersten beiden Spalten der oberen Tabellenhälfte. Mehrere mögliche Gründe werden dafür in der Vorlage genannt. Aus meiner Sicht liegt das weniger an der Zulassung neuer Autos mit der neuesten Abgasnorm, sondern eher daran, dass – altersbedingt – immer weniger ganz alte (Diesel-) Fahrzeuge mit sehr schlechten Abgaswerten unterwegs sind.
Ist das Stickoxidproblem in München damit gelöst? Noch nicht, muss man wohl sagen. Denn im Bereich des mittleren Rings (Chiemgaustraße, Tegernseer Landstraße) sind selbst im Corona-Jahr 2020 die Mittelwerte immer noch deutlich über dem zulässigen Grenzwert. Wie aus der SPD-Fraktion zu Recht angemerkt wurde, werden damit weiterhin sozial schwache Bevölkerungsgruppen, die an diesen Straßen wohnen (müssen), nicht nur durch erheblichen Lärm, sondern auch durch dauerhaft zu hohe Immissionen von Stickoxiden gesundheitlich geschädigt.
Die Verwaltung nennt in ihrer Vorlage verschiedene Maßnahmen, mit denen die Werte weiter gesenkt werden sollen. Beispielsweise sollen auf den hochbelasteten Straßen Busse des MVV, die bislang mit einem Dieselmotor angetrieben werden, durch neue Elektrofahrzeuge ersetzt werden. Das ist sicher sinnvoll, aber es erscheint mir zweifelhaft, ob damit bereits in den nächsten Jahren die Messwerte auch am mittleren Ring unter den EU-Grenzwert sinken. Abhilfe könnte wohl nur der schnellere Umstieg aller PKW und LKW auf emissionsfreie E-Antriebe bringen. Es ist eben wie mit den Corona-Impfungen. Die Lösung an sich ist bekannt, aber es hapert an der schnellen Umsetzung, um weitere größere Schäden zu vermeiden.