Die neue Grundsteuer kommt!

Vor einigen Tagen ist in der Süddeutschen Zeitung ein Artikel erschienen, der große Unsicherheiten zur neuen Grundsteuer beklagt. Unklar sei, wie hoch die Steuer ausfalle und wann sie erhoben werde. Jedenfalls für München gibt es seit Mittwoch letzter Woche Klarheit. Denn da hat die Vollversammlung des Stadtrates den Hebesatz für die neue Grundsteuer beschlossen. Damit steht für jedes Grundstück in München fest, wie hoch die zu zahlenden Beträge sind. Und in der zugrundeliegenden Vorlage der Stadtkämmerei kann man lesen, wann die entsprechenden Zahlungsaufforderungen verschickt werden.

Wie bereits in einem früheren Beitrag erläutert, hat sich Bayern bei der Neufassung der Grundsteuer für eine Berechnungsmethode entschieden, bei der es nur auf die Flächen (Grundfläche und Nutzfläche) ankommt. Die neue Grundsteuer wird nach folgender Formel bestimmt:

Grundsteuer = [Fläche x Äquivalenzbetrag] x Grundsteuermesszahl x Hebesatz

Da es für Grundflächen (GF) und Nutzflächen (NF) unterschiedliche Äquivalenzbeträge (0,04 EUR/qm bzw. 0,5 EUR/qm) und unterschiedliche Grundsteuermesszahlen gibt, sieht die komplette Berechnungsformel so aus:

Grundsteuer =

[GF x 0,04EUR x GrundsteuermesszahlGrund + NF x 0,5 EUR x GrundsteuermesszahlNutz] x Hebesatz

Der rot markierte Teil ist der sogenannte Grundsteuermessbetrag. Er wurde in den vergangenen Monaten von den staatlichen Finanzämtern (nicht der Stadt München) berechnet und per Bescheid an alle Eigentümer verschickt.

Auszug aus einem Bescheid mit Festsetzung des Grundsteuermessbetrages

Das sollte man genauer anschauen. Denn laut Vorlage der Kämmerei ist ein erheblicher Teil der Messbescheide fehlerhaft, beispielsweise wenn Eigentümer in der zugrundeliegenden Steuererklärung (unabsichtlich) falsche Angaben zu Grundstücksgrößen und Nutzflächen gemacht haben.

Im April 2025 wird die Stadtkämmerei auf der Grundlage der festgesetzten Messbeträge die Grundsteuer berechnen und die entsprechenden Bescheide verschicken. Dazu wird der Messbetrag mit dem Hebesatz multipliziert, den der Stadtrat in der Sitzung am vergangenen Mittwoch auf 824% festgelegt hat. Im obigen Beispiel fällt damit eine jährliche Grundsteuer von 59,36 EUR x 824% = 489,13 EUR an.

Somit kann sich schon jetzt jeder Eigentümer in München genau ausrechnen, was im April zu zahlen ist.

Wie kommt die Kämmerei auf einen Hebesatz von 824%? Ausgangspunkt war die Überlegung, dass die Grundsteuerreform für die Stadtkasse „aufkommensneutral“ sein soll. Mit anderen Worten möchte der Kämmerer Christoph Frey mit der neuen Grundsteuer genauso viele Einnahmen erzielen wie mit der alten Grundsteuer, nämlich etwa 350 Mio EUR. Das sind fast 5% des städtischen Haushaltes. Dass der Hebesatz von bislang 535% nun auf 824% steigt, dient nicht einer Erhöhung des Grundsteueraufkommens. Es liegt ausschließlich daran, dass die nach der neuen Berechnungsmethode bestimmten Grundsteuermessbeträge im Mittel niedriger ausfallen als nach der alten Berechnungsmethode.

Allerdings verteilt sich die Steuerlast jetzt anders als vor der Reform. Die Kämmerei hat dazu eine Übersicht mit Beispielfällen vorgelegt. Daraus kann man erkennen, dass die Grundsteuer zwar für die meisten Eigentümer in etwa gleich bleibt, es aber auch zu erheblichen Abweichungen kommen kann, wenn z.B. die neue Grundsteuer bei nur noch einem Drittel oder – umgekehrt – dem Zweieinhalbfachen der alten Beträge liegt. Die Gründe für solche Einzelfälle konnte der Kämmerer auch in der Vollversammlung nur vermuten. Neben der Einführung der Fläche als Berechnungsgrundlage liegt es wohl an den veralteten Einheitswerten der früheren Grundsteuer, die zum Teil in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts festgelegt worden sind und die aktuellen Werte der Grundstücke nicht mehr widergespiegelt haben. Die dadurch verursachten Ungerechtigkeiten haben das Verfassungsgericht in 2018 veranlasst, die Neuregelung der Steuer zu verlangen.

Allerdings weist die Vorlage – aus meiner Sicht völlig zu Recht – auf einen grundsätzlichen Misstand der neuen bayrischen Grundsteuer hin:

„Unbebaute Grundstücke werden durchwegs entlastet. Der Bundesgesetzgeber hat aus diesem Grund den Kommunen die Möglichkeit der Einführung einer Grundsteuer C gegeben. Das Bayerische Grundsteuergesetz erklärt diese Regelung in Art. 5 Abs. 2 BayGrStG allerdings für nicht anwendbar. Eine derartige Grundsteuer C hätte ggf. einen Anreiz setzen können, dass Grundstücke in München, die als Spekulationsobjekte gehalten werden zeitnah dem Wohnungsbau zugeführt worden wären. Dies hätte durch einen besonders hohen Hebesatz, wie beispielsweise in Hamburg (8000%) verstärkt werden können.“

Wenn daher immer wieder beklagt wird, dass der Wohnungsbau in München anders als in Hamburg nicht ausreichend vorankommt, liegt eine Ursache beim Freistaat und der spekulationsfreundlichen Umsetzung der Grundsteuerreform.

In der Debatte gab es parteiübergreifend Zustimmung für die vorgeschlagene Festsetzung des Münchner Hebesatzes, der einstimmig beschlossen wurde.

Streitig war allerdings die Bewertung der Landesgesetzgebung zur Grundsteuer. Dabei ging es nicht nur um die bereits erwähnte Grundsteuer C, sondern ganz grundsätzlich um den Umstieg von einer wertbasierten Berechnung in der Vergangenheit auf eine rein flächenbasierte Berechnung. Während die CSU-Fraktion diesen Ansatz verteidigt hat und große Vorteile in der einfachen Berechnung sieht, haben mehrere Redebeiträge von SPD, Grünen und Linken daran Kritik geübt.

In der Tat wird die Grundsteuer mit der neuen Berechnung zu einer Art Nutzungsgebühr für städtische Infrastruktur umfunktioniert. Eine wertbasierte Grundsteuer ist etwas ganz Anderes. Große Werte (z. B. das Haus in Bogenhausen) würden dabei wie in der Vergangenheit mehr zum Steueraufkommen beitragen als kleine Werte (das gleichgroße Haus im Hasenbergl). Auch Wertzuwächse, die ohne Zutun des Eigentümers entstehen, beispielsweise wenn die Stadt durch neue Infrastruktur (Glasfaseranschluss, U-Bahnbau, Fernwärme, etc.) den Wert eines Grundstücks oder Hauses vermehrt, würden bei einer wertbasierten Grundsteuer berücksichtigt werden. Die jetzt in Bayern geltende Berechnung ausschließlich aufgrund der Grund- und Nutzflächen bietet dafür keine Möglichkeit. Letztlich wird damit die ohnehin schon ausgeprägte Vermögensungleichheit in der Gesellschaft weiter verstärkt. Das halte ich weder für gerecht noch für sinnvoll.

Ein weiterer Kritikpunkt an der geltenden Rechtslage ist die Möglichkeit, die Grundsteuer auf Mieter umzulegen. Betrachtet man die Grundsteuer als reine Nutzungsgebühr für städtische Infrastruktur, ist es nur folgerichtig, dass die Mieter, die diese Infrastruktur nutzen, dafür bezahlen müssen. Bei einem wertbasierten Ansatz, der letztlich das in Immobilien und Grundstücken begründete Vermögen besteuert, wäre dies anders. Denn dann gibt es keinen Grund, die Mieter damit zu belasten.

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