Die Stadt München unterstützt Unternehmensgründungen in vielfältiger Weise. Neben der Bereitstellung von günstigen Gewerbeflächen zählt dazu auch der Innovationswettbewerb der Stadt. Damit sollen Startups gefördert werden, die besonders innovative Lösungen für praktische Aufgabenstellungen der Stadtverwaltung entwickeln. Eine prima Idee, wie ich finde. Startup-Preise gibt es inzwischen jede Menge, aber nicht für Projekte, mit denen sich die Arbeit einer kommunalen Verwaltung verbessern lässt. Neben einem Preisgeld von 1500 EUR bekommen die Gewinner Zugang zu weiteren Förderprogrammen und die Möglichkeit, ihre Entwicklungen im Rahmen einer Testphase in der Stadtverwaltung zu realisieren.
In einer Vorlage, die heute im Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft diskutiert worden ist, werden die Ergebnisse des Innovationswettbewerbs in 2019 und 2020 erläutert und Pläne für den Wettbewerb 2021 vorgestellt. Dabei zeigt sich leider, dass der Ertrag an praktisch umsetzbaren Innovationen bislang eher gering ausgefallen ist.
So betraf eine der vier Aufgabenstellungen aus 2020 die Frage, wie moderne Blockchain-Technologien sinnvoll in der Stadtverwaltung eingesetzt werden können. Preisträger war hier allerdings – etwas irritierend für mich – kein Startup, sondern die Firma Avaya, ein börsennotierter Konzern. Das prämierte Konzept soll mit Hilfe einer Blockchain anonymisiert Daten über die Zufriedenheit der Nutzer städtischer Onlineangebote erheben. Jedoch hat es offensichtlich nicht zu greifbaren Ergebnissen geführt. Dazu heißt es in der Vorlage:
„Das […] Avaya-Happiness-Konzept wurde intensiv diskutiert. Dabei wurde deutlich, wie umfassend und sensibel die Belange des Datenschutzes in diesem Bereich der Verwaltung – also auch der Landeshauptstadt München – sind. Dieses komplexe Thema und der hohe Stellenwert des vertrauensvollen Umgangs mit den Daten führten dazu, dass im vorgegebenen Zeitraum eine Umsetzung nicht möglich war. “
Eine weitere Aufgabenstellung war darauf gerichtet, wie die Notaufnahmen der städtischen Kliniken (München Klinik) durch eine bessere Ersteinschätzung der Patienten entlastet werden können. Gewinner war ein Startup, die Initiative medSNS. Allerdings war schon bei der Entscheidung erkennbar, „dass sich unter den Finalisten kein Startup mit einem Lösungsvorschlag befand, der für eine sofortige Anwendung in den Notaufnahmen der München Klinik ausreichend ausgereift war“ (Zitat Vorlage). Auch heute, ein Jahr später, ist keine weitere Entwicklung zur Lösung der gestellten Aufgabe zu erkennen. Das prämierte Startup hat inzwischen nicht nur den Namen und seine Mitarbeiter gewechselt, es verfolgt inzwischen auch eine andere Fragestellung, die mit den Notaufnahmen der München Klinik nichts mehr zu tun hat.
Wirklich erfolgreich ist bislang nur einer der vier Preisträger, die Firma „Twostay“. Über eine neue App werden Büroflächen in (teilweise) ungenutzten Immobilien für kurze Zeiträume – halbe Tage bis Monate – vermittelt. Selbst wenn die Firma inzwischen bundesweit Büroflächen anbietet, ist auch hier ein direkter Nutzen für die Stadtverwaltung Münchens nicht unmittelbar erkennbar, denn passende städtische Immobilien konnten bislang für das prämierte Konzept der digital verwalteten Mehrfachnutzung nicht identifiziert werden.
Der geringe Nutzwert der Wettbewerbsergebnisse für die Stadt München hat die Stadträtinnen und Stadträte im Ausschuss nicht gestört. Im Gegenteil, man war mit der Vorlage rundherum zufrieden und froh, dass die weitere Finanzierung des Wettbewerbs trotz leerer Kassen gesichert ist. Dazu wird möglicherweise in Zukunft die EU beitragen, wenn ein bereits gestellter Förderantrag der Stadtverwaltung positiv beschieden wird.
Vielleicht sehen die Ausschussmitglieder in dem Wettbewerb in erster Linie ein zeitgemäßes Marketing-Instrument für den (Startup-) Standort München. Dann kommt es auf die konkreten Ergebnisse weniger an. Dennoch wäre aus meiner Sicht ein kritischeres Hinschauen bei den Preisträgern durchaus wünschenswert. So wie bei anderen Wettbewerben auch müssen nicht jedes Jahr zu jedem Thema Preisträger gefunden werden, wenn keines der eingereichten Konzepte wirklich überzeugen kann und es an realistischen Chancen auf eine erfolgreiche Umsetzung fehlt.
Für das Jahr 2021 sind zwei konkrete Aufgaben dabei, die – wenn sich eine überzeugende Lösung findet – in der Tat einen konkreten Mehrwert für die Verwaltung der Stadt München bieten. So soll in einem Projekt die Datenlage zum ruhenden und fließenden Verkehr in München verbessert werden. Wenn dies gelingt, wäre es für das Dauerthema Verkehrsplanung in der Tat ein großer Fortschritt. Zum anderen soll ein günstiger Stickoxid (NOx) Sensor entwickelt werden, der es anders als bisher ermöglichen würde, digitale Informationen über den Tagesgang der Stickoxidbelastung an vielen Messpunkten der Stadt zu erhalten. Auch das wäre ein großer Gewinn, da sich damit ein viel genaueres Bild über die Stickoxidbelastung in München gewinnen ließe als bisher.
Sollte es zu diesen beiden Problemstellungen überzeugende Preisträger geben, wird auf diesen Seiten darüber berichtet werden.