Es gibt tatsächlich noch andere Themen als die leidige Pandemie. In der heutigen Ausschusssitzung wurde eine Vorlage des Referats für Arbeit und Wirtschaft besprochen, die einen umfassenden Überblick zur Lage von Startups in München gibt. Das Gesamtbild ist durchaus erfreulich, aber die teuren Münchner Mieten erweisen sich gleich in doppelter Hinsicht als Hemmschuh für ein größeres Wachstum von Startups in München. Im Einzelnen:
Die Bedeutung von Unternehmensgründungen für die Wirtschaft in München steigt ständig – mit den Worten des Referatsleiters: „Die Startups von heute sind die Gewerbesteuerzahler von morgen.“ Im bundesweiten Vergleich liegt München in der Startup-Szene auf Platz zwei hinter Berlin. Eine detaillierte Analyse der Situation in München findet sich im „Deutschen Startup Monitor 2019“ , der in der Vorlage mehrfach zitiert wird.
Für die weitere Wirtschaftsförderung der Stadt sind insbesondere die Schwächen des Standorts München zu beachten . 74% der Unternehmensgründer bezeichnen die Verfügbarkeit von bezahlbaren Büroimmobilien als schlecht oder sehr schlecht. Auch die Suche nach qualifiziertem Personal wird von den Unternehmen als schwierig betrachtet – ein Aspekt, der neben dem harten Wettbewerb der Münchner Unternehmen um die besten Mitarbeiter auch mit den teuren Mieten in dieser Stadt zusammenhängt.
Vor diesem Hintergrund möchte das Referat Startups bei der Suche nach geeigneten Flächen unterstützen. Je nach Lebensalter des Unternehmens sind die Anforderungen ganz unterschiedlich:
1. Gründungsphase
Neue Unternehmen gehen häufig aus einer der beiden Münchner Universitäten hervor. Mit dem LMU Innovation and Entrepreneurship Center und UnternehmerTUM gibt es umfangreiche Förderangebote und Netzwerke für die erste Phase eines Startups. Die Flächenbedarfe der Unternehmen sind zu diesem Zeitpunkt meistens noch gering (ab 20 qm), aber die benötigte Flexibilität sehr hoch. Die Stadt München wird in Zukunft dafür geeignete Räume im Munich Urban Colab (MUC) anbieten, das gegenwärtig an der Dachauerstraße entsteht und ab Mitte 2021 auf 11.000 m² ein günstiges und flexibles Flächenangebot bereitstellen soll.
2. Aufbauphase
In diesem Zeitraum brauchen erfolgreiche Startups mehr Fläche (bis 300 m²), die typischerweise für einen längeren Zeitraum, ca. 2 – 3 Jahre angemietet wird. Die Stadt München bietet passende Räume im Münchner Technologie Zentrum (MTZ) an. Allerdings sind die fast 10.000 m² des MTZ bereits vollständig von etwa 100 Unternehmen mit insgesamt 700 Mitarbeitern belegt. Daneben gibt es weitere Flächenangebote im WERK1, das im Werksviertel hinter dem Ostbahnhof liegt. Gegenwärtig stehen ca. 5000 m² zur Verfügung, die bis 2023 mehr als verdoppelt werden sollen. Weitere Flächen könnten in Zukunft auf dem benachbarten Gewerbehof Ostbahnhof entstehen.
3. Wachstumsphase
Hier liegen laut der Vorlage des Referats die größten Probleme: Flächen von mehr als 300 m² sind für junge Unternehmen in München schwer zu bekommen, selbst wenn sie nicht mehr ganz am Anfang stehen und in dieser Phase marktübliche Mieten bezahlen können. Anbieter bevorzugen Mieter, die langfristige Verträge abschließen und wenig Risiko mit sich bringen. Die Stadt selbst hat geeignete Flächen nicht im Angebot. Laut der Vorlage wird sie daher verstärkt versuchen, durch Beratung und Vernetzung doch noch den ein oder anderen Anbieter zu finden, der bereit ist, seine Flächen an solche Unternehmen zu vermieten, in der Hoffnung an ihrem schnellen Wachstum zu partizipieren.
Mit der Corona-Krise könnte eine Entlastung aus einer ganz neuen Richtung kommen. Die folgende Anzeige habe ich auf munich-startup.de gefunden. Sie bestätigt die in der Vorlage geäußerte Vermutung, dass auch im Innenstadtbereich Flächen von Betrieben, die die Krise nicht überstehen, für eine neue Nutzung in Betracht kommen:
Insgesamt erscheint mir die Stadtverwaltung engagiert und erfolgreich dabei zu sein, in München ein attraktives Umfeld für Unternehmensgründungen zu schaffen. Auch die Ausschussmitglieder waren mit der Vorlage des Referats für Arbeit und Wirtschaft zufrieden.
Wie es noch besser gehen könnte, zeigen Beispiele aus dem Ausland, die am Rande ebenfalls in der Vorlage genannt sind. So werden in Paris, Amsterdam und Barcelona unter dem Stichwort „Coliving“ zusammen mit Büro- und Laborflächen auch gleich Wohnungen für Mitarbeiter der neuen Unternehmen geplant, vgl. die Station F in Paris. Gründer finden hier nicht nur Räume für ihr neues Unternehmen samt der üblichen Vernetzungsangebote, sondern auch gleich die – per Algorithmus – perfekt passende Wohnung oder Wohngemeinschaft. Einen Ansatz, den man in Zukunft auch in München bei der Planung neuer Quartiere oder Stadtteile verfolgen könnte, um auf Dauer im internationalen Wettbewerb um die besten Startups bestehen zu können.