Eine schwierige Umstellung

Kinderbetreuung kostet sehr viel Geld. Würden Krippen und Kindergärten von den Eltern kostendeckende Beiträge erheben, könnten sich das die meisten Familien nicht leisten. Der Freistaat unterstützt daher Kindertageseinrichtungen nach dem Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz (BayKiBiG).

Jedoch wären in München die verbleibenden Kosten für die Eltern immer noch bei einigen hundert Euro pro Monat und Kind. Die Stadt München hat daher 2011 unter Führung von SPD und Grünen die Gebühren in städtischen Kindergärten erheblich abgesenkt bzw. ganz abgeschafft. Allerdings gibt es neben den städtischen Einrichtungen über 600 Kitas (Krippen und Kindergärten), die von freien Trägern, beispielsweise den Kirchen, aber auch von privaten Initiativen betrieben werden. Im Kitafinder+ auf den Webseiten der Stadt kann man nach freien Plätzen suchen.

Startseite des Kitafinder+ der Stadt München

Parallel zur Gebührensenkung in den eigenen Kitas hat die Stadtverwaltung die „Münchner Förderformel“ (MFF) entwickelt. Dabei handelt es sich um ein Regelwerk für die finanzielle Unterstützung freier Träger. Grob gesprochen erhalten Betreiber von Kindergärten und Krippen, die eine Betreuung in ähnlicher Weise wie städtische Einrichtungen anbieten (vergleichbare Betreuungsschlüssel, Ausstattung und Bezahlung des Personals, etc.), viel Geld, das es ihnen ebenfalls ermöglicht, die Elternentgelte stark zu senken. Die Anzahl der betreuten Kinder ist dadurch in den letzten Jahren deutlich angestiegen und hat das Leben vieler Münchner Familien erleichtert. 2023 hat die Stadt München im Rahmen der MFF über 170 Millionen Euro an die freien Träger bezahlt.

Die Sache hat leider einen Haken:

Von den knapp 100.000 Kindern in Kindertageseinrichtungen werden ungefähr 5% in privaten Einrichtungen betreut, die ein besseres Betreuungsniveau anbieten wollen, dafür aber höhere Elternentgelte verlangen, z.T. vierstellige Beträge pro Monat und Kind. Über ein anschauliches Beispiel einer solchen Einrichtung habe ich hier berichtet. Nach der MFF sind solche Kitas von der städtischen Förderung ausgeschlossen. Das hatte vor Gericht jedoch keinen Bestand. In seinem Urteil vom September 2021 hat der Münchner Verwaltungsgerichthof festgestellt:

Eine kommunale freiwillige Förderung von Trägern von Kindertageseinrichtungen mit wettbewerbsbeeinflussender Wirkung [….] verstößt ohne entsprechende gesetzliche Ermächtigung gegen Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG.“

(1. Leitsatz des Urteils des VG München, Aktenzeichen M 18 K 20.737)

Daher musste die Stadt München ihre Förderung der Kinderbetreuung völlig neu aufstellen. Im Folgenden werden die Überlegungen des Verwaltungsgerichts kurz erläutert und berichtet, wie das neue Regelwerk aussieht, das am vergangenen Dienstag im Bildungsausschuss vorgestellt und diskutiert worden ist.

Die fast 50 Seiten des Urteils sind kein einfacher Lesestoff. Hier mein Versuch einer Zusammenfassung, warum die MFF als rechtswidrig betrachtet wird:

  • Das Gericht sieht in dem Förderausschluss eines Trägers, der sich nicht dem Regelwerk der MFF unterwirft, einen Verstoß des Gleichheitsgrundsatzes von Art. 3 Grundgesetz zusammen mit Art. 12, der die freie Berufsausübung schützt.

Denn mit der Förderung werden die Elternentgelte, sofern sie nicht komplett wegfallen, jedenfalls halbiert. Dadurch entsteht eine erhebliche Wettbewerbsverzerrung zu Lasten von Betreuungseinrichtungen, die nicht nach der MFF gefördert werden.

  • Nun könnte man einwenden, dass es jeder Einrichtung frei steht, die Anforderungen der MFF zu erfüllen. Allerdings betrachtet das Gericht einige der dort festgelegten Verpflichtungen als zu weitgehend, insbesondere die Verpflichtung, keine Elternentgelte jenseits einer in der MFF definierten Höhe zu verlangen:

Die Höhe der Vergütung für eine im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit erbrachten Leistung rechnet jedoch zu den Essentialia der Berufsausübung eines Selbständigen, die hoheitliche Festlegung von Entgelten erweist sich daher als Eingriff.“

  • Allerdings kann der Gesetzgeber durchaus Eingriffe in die Grundrechte nach Art. 3 und Art. 12 ermöglichen. Aber eben nur der Gesetzgeber. Und das ist in diesem Fall der Freistaat, der für Bildung und Jugendhilfe zuständig ist. Eine Förderformel einer Stadt, auch wenn sie vom Stadtrat beschlossen worden ist, reicht dazu nicht aus. Das oben erwähnte Bayerische Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz enthält gerade keine Möglichkeiten für eine Stadt, die Höhe von Elternentgelten privater Träger zu begrenzen oder daran eine zusätzliche Förderung zu knüpfen.

Damit war seit der Verkündung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofes klar, dass die MFF rechtswidrig ist.

Seither hat die Stadtverwaltung vergeblich darauf gewartet, dass der Freistaat eine gesetzliche Grundlage für die MFF erlässt. In der Sitzung am Dienstag haben zwei Stadträtinnen der CSU berichtet, dass sie ihre Parteifreunde aus der Landesregierung dazu mehrfach ohne Erfolg kontaktiert haben.

Im Ergebnis ist die Stadt München gezwungen, ihre zusätzliche Förderung von Kitas privater Träger auf eine völlig neue Grundlage zu stellen. Und die soll laut einer umfangreichen Vorlage des Bildungsreferats so aussehen:

An die Stelle der Münchner Förderformel tritt ein sogenanntes Defizitausgleichsverfahren. Der Träger einer Kita bestimmt seine Betriebsausgaben und zieht davon alle seine Einnahmen ab, d.h. Elternentgelte, Aufnahmegebühren, Geld vom Freistaat, Spenden, etc. Die Stadt gleicht dann das verbleibende Defizit aus.

Dieser Defizitausgleich ist keine Erfindung der Stadt München, sondern eine im Sozialbereich in Bayern vielfach geübte Praxis. Die dazu vom Bildungsreferat verfasste Förderrichtlinie wurde in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband und der Regierung von Oberbayern entwickelt, die die Rechtaufsicht über die Stadt München ausübt.

Was im Grundsatz einfach klingt, ist bei genauerer Betrachtung außerordentlich kompliziert, denn die neue Förderrichtlinie regelt bis ins kleinste Detail, welche Betriebsausgaben der freien Träger anerkannt werden und wie die Einnahmen genau zu berechnen sind. Ein Beispiel:

Das neue Regelwerk ist in Abstimmung mit der Arbeitsgemeinschaft der freien Träger entstanden. Allerdings gab es bis in die Ausschusssitzung hinein noch umfangreichen Änderungsbedarf. Der am Ende der Sitzung mit den Stimmen der grün-roten Rathauskoalition verabschiedete Beschluss enthält neben zahlreichen Detailänderungen auch noch mehrere Prüfaufträge an die Verwaltung, wie die neue Förderrichtlinie weiter entwickelt werden soll.

Muss das so kompliziert sein oder ist die neue Richtlinie ein Paradebeispiel für Bürokratismus? Ich glaube, es verhält sich wie im Steuerrecht, das zur Bestimmung von Betriebsausgaben oder steuerpflichtigen Einnahmen ebenfalls genaue Vorschriften enthält. Wenn die haushaltspolitischen Grundsätze von „Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit“ berücksichtigt werden sollen, kann die Stadt gar nicht anders als genau hinzuschauen, wie ein von ihr ausgeglichenes Defizit eines freien Trägers berechnet wird.

Handhabbar werden solche Detailregelungen mit Hilfe von IT. So wie man für die eigene Steuererklärung eine Software verwendet, die durch den Dschungel der Vorschriften führt, so brauchen auch die freien Träger ein digitales Werkzeug, mit dem sie die Förderung ihrer Einrichtungen ab September 2024 planen und beantragen können. Leider war weder in der Vorlage noch in der Sitzung des Bildungsausschusses zu erfahren, ob und inwieweit die Stadt die Antragsteller in dieser Hinsicht unterstützen wird.

Und wie sieht es mit der Rechtsicherheit der neuen Kitaförderung aus? Die CSU-Fraktion hatte große Zweifel und hat daher die Vorlage abgelehnt, allerdings ohne zu erläutern, worauf sich die Bedenken stützen. Das scheint mir wenig überzeugend, denn jegliches Verwaltungshandeln kann vor Gericht angegriffen werden. Ob eine Förderrichtlinie tatsächlich rechtsicher ist, weiß man erst nach der letzten Gerichtsentscheidung.

Das Hauptproblem der bisherigen MFF, nämlich ein Förderausschluss eines freien Trägers, der Elternentgelte jenseits einer Höchstgrenze erhebt, besteht so nicht mehr. Die neue Regelung dazu findet sich in Abschnitt 2.2.3 der Richtlinie für den Defizitausgleich:

„(1) Der Zuschussempfänger ist frei in der Festlegung der Entgelte, die er je Kind für die Inanspruchnahme der Kindertageseinrichtung nach Buchungszeiten monatlich von den Personensorgeberechtigten erhebt (Elternentgelte). [….]
(2) Elternentgelte werden dem Zuschussempfänger in der Höhe angerechnet, in welcher er sie vereinnahmt
. [….].“

(Hervorhebung hinzugefügt)

Damit verringern hohe Elterngelte im Rahmen des neuen Defizitverfahrens einfach das von der Stadt zu erstattende Defizit. Die Förderung fällt also nicht weg, sie wird nur entsprechend geringer.

Aus meiner Sicht ist zu hoffen, dass die neue Förderrichtlinie für den Defizitausgleich der freien Träger auf Dauer Bestand hat. Denn dann könnten sich die vielen davon betroffenen Kitas nach einer schwierigen Umstellungsphase wieder auf ihre wichtige Arbeit, die Betreuung und Erziehung der Münchner Kinder, konzentrieren.

2 Antworten auf „Eine schwierige Umstellung“

  1. Vielen Dank für diesen Artikel, den ich gerne gelesen habe. Es ist immer wieder interessant zu sehen, wie schnell man sich im Recht in Details verzettelt und am Ende das Resultat weit weg von dem ist, was eigentlich beabsichtigt ist.

    Das Resultat sollte sein, dass eine gerechte und soziale Förderung von Familien in München ermöglicht wird. Ich stelle gerecht voran, weil bisher die Förderung auch nicht sozial gestaffelt war. Jetzt aber (auf ungerechte Art und Weise) ist.

    Vorab, meine Familie ist von dieser Konstellation betroffen. Während unsere ältere Tochter nun schon in den Kindergarten geht, ist unser jüngerer Sohn seit November in der Krippe eines privaten Trägers ‚untergebracht‘ (wie schon seine Schwester vor ihm). Wir hatten schon bei der Schwester erhebliche Probleme einen Krippenplatz (sowie einen Kindergartenplatz später) über den Kitafinder zu bekommen. Letztendlich haben wir alle Plätze über direktes Engagement bei den Einrichtungen bekommen. Der Kitafinder ist leider eine Katastrophe (andere Familien haben mehr als drei Angebote bekommen, wir gar keins). Wir waren also froh, eine Stelle für die Schwester und die Nachfolgestelle für den Bruder bekommen zu haben.

    Nun wird die Krippe des privaten Trägers dem Defizitausgleichmodell nicht zustimmen. Inwiefern das betriebswirtschaftlich gerechtfertig ist, Gewinngier ist oder nicht, ist für uns als Familie irrelevant. Weiter wird die Frau des Hauses nun bald wieder den Job aufnehmen. Alles in allem werden wir dabei vermutlich mit unserem Nettoeinkommen bei der WFH aus dem Raster fallen oder eine marginal Förderung erhalten. Damit liegen unsere Fixausgaben mit Kaltmiete, Kindergarten und Krippe dann bei ca. 3400€! Und da haben wir noch nicht gegessen, die Wohnung geheizt oder uns gewaschen. Aufgrund der hohen Mieten vermute ich, dass dies nicht nur uns so gehen wird.

    Meiner Meinung nach ist das jetzige System ungerecht und unsolidarisch, steht also dem Grundsatzprogramm der SPD konträr gegenüber. Das ist jedenfalls nichts, wofür sich die SPD feiern lassen könnte (auch wenn Sie es ob einiger Schlagzeilen wohl versucht). Vorab: ich bin eigentlich Mitte-Links Wähler, habe sogar Frau Dietl gewählt und bin generell der Meinung, dass von oben nach unten verteilt werden sollte. Ich hätte auch nichts dagegen, mehr zu bezahlen, wenn, ja wenn das dann alle in meinem Einkommensbereich treffen würde. Tut es jetzt aber nicht und das ist sozial ungerecht.

    Außerdem scheint es mir, dass im Stadtrat einige Beteiligten beleidigt sind, weil ein privater Träger (ob nun als Strohmann für den Verband oder nicht) geklagt hat und damit den Stein ins Rollen brachte. Es erscheint mir, dass jetzt um jeden Preis verhindert werden soll, dass diese Träger weiterhin im Rahmen der Förderung wirtschaften können. Denn nur so kann man die Ablehnung der Änderungsanträge interpretierern. Dabei werden zwei wesentliche Punkte vergessen:

    ‚Das Geld soll bei den Familien ankommen‘

    a) Es fliesst immer noch genug Geld der Stadt über die WJH in die Gewinnspanne der privaten Träger, wenn diese aussteigen. Der Satz ‚Das Geld soll bei den Familien ankommen‘ ist in diesem Zusammenhang blanker Hohn.
    b) Den verbleibenden Gewinnanteil werden einzelne Bürger (Familien) tragen.
    c) Durch die derzeitige (von der Stadt verursachte) Mangellage an Plätzen wird für viele Familien keine Wahl bleiben (den privaten Trägern werden die Kunden also nicht weglaufen).
    d) Die Stadt hat durch Verschleppen der Entscheidung wesentlich zu der fehlenden Möglichkeit der Entscheidung mitbeigetragen. Die neuen Verträge werden Anfang März zur Unterschrift vorliegen – denjenigen möchte ich sehen, der bis dahin einen geförderten Platz ergattert hat.
    e) Ein Wechsel der Einrichtung erzeugt überproportional hohen Aufwand mit Eingewöhnung etc.

    ‚Die klagende Kita ist schuld‘

    a) Die Stadt hat es selbst nicht geschafft, genug städtische oder gemeinnützig getragene Kitaplätze zu etablieren.
    b) Die Stadt hat niemals die Verfassungskonformität der Münchner Förderformel prüfen lassen.
    c) Die Stadt hat ein Konzept erarbeitet, das private Träger vorsieht, um die Lücke (a) zu füllen.
    d) Das einzige Konzept der Stadt, dieses Dilemma zu lösen (Gewinnorientierung der privaten Träger vs. Defizitausgleich), ist, die privaten Träger ins kalte Wasser zu werfen, also möglichst aus dem Förderprogramm zu drängen.

    Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es sich die Stadt sehr sehr einfach macht. Es wird einfach ein Defizitausgleichmodell aufgepfropft. Dieses wurde noch nicht einmal auf Verfassungskonformität geprüft, es wurde lediglich bei der Landesregierung angefragt, ob dies ok wäre, aber keine abgesicherte Antwort bekommen. Es werden die Geister, die gerufen wurden, als sie genehm waren (private Träger), nun einfach düpiert. Dabei wird übersehen, dass sie den Schaden einfach an eine bestimmte Bürgergruppe weitergeben und in dieser sozialen Schicht noch nicht einmal für Gerechtigkeit sorgen.

    Auf uns kommen nun Mehrkosten um Bereich von ca. 12000€ zu, da unser Sohn ab September noch ca. ein Jahr in die Kita gehen wird. Das werden wir über bitter angespartes leisten müssen. Eine Familie mit einem Bruttoeinkommen von 200000€+, die einen städtischen Platz ergattert hat, muss dies nicht – ist das gerecht?

    Im Übrigen hat Frau Dielt in einem Repost auf ihrer Facebookseite geschrieben: ‚Hätte es ein besseres System gegeben?‘ Da frage ich mich: was machen die den ganzen Tag im Rathaus? Genau das ist die Arbeit: ein entsprechend geschneidertes System ausdenken, rechtlich absichern und auf den Weg bringen. Dieses System hätte wenigstens diejenigen Familien mitgenommen, die von dem Übergang nun betroffen sind. Aber auch hier wird einfach gar nichts angeboten. Es wird so getan, als gäbe es das Problem nicht.

    Passiert ist: eine Retortenlösung von der Stange nehmen, rechtlich nicht absichern und einfach mit dem Holzhammer auf die bestehende Situation klopfen inklusive sozialer Spähne.

    Diese kann man sich politisch in der jetzigen Situation mMn nicht besonders gut erlauben (Stichwort Protestwähler). Dabei werden auch viele Frauen in die Nichterwerbstätigkeit getrieben (Stichwort Fachkräftemangel). Letztendlich machen die privaten Träger über den hohen Bedarfsdruck am Betreuungsmarkt sicher immer noch ihren Schnitt, teilweise sogar doch gefördert.

    Jeder mag sich zu der Qualität dieser Politik, zu dem Willen der Gestaltung, zum Willen der ‚Mitnahme‘ aller Bürger und zu dem Willen der Einhaltung der Grundsätze der SPD seine eigene Meinung bilden. Gerecht und sozial ist es jedenfalls nicht. Einfach schon.

    Und am Ende steht die Frage im Raum: ist das nun verfassungskonform? Gefühlt nein. Geprüft? Nein. Irgendeiner wird wieder klagen.

  2. Sehr geehrter Herr Eger,

    ich möchte gerne ein paar Worte zu Ihrem Kommentar sagen.

    1. Ihre persönliche Situation:
    Leider denken derzeit fast alle Familien in geförderten Kitas von privaten Trägern, dass sie keine oder nur kaum Wirtschaftliche Jugendhilfe erhalten würden. Dem ist jedoch nicht so. Wir haben ja jetzt schon die Situation, dass va durch die Elternberatung Familien in private nicht-geförderte Kitas vermittelt werden und diese WJH beantragen müssen. Da funktioniert es auch, warum soll es dann jetzt nicht funktionieren, wenn private Träger ihre Einrichtungen aus der Förderung nehmen?
    Lassen Sie sich auf jeden Fall beraten und beantragen Sie Wirtschaftliche Jugendhilfe. Es gestern immer 3000€ netto durch viele Elternbriefe, das ist ziemlich aus der Luft gegriffen, da die WJH nach Familiensituation (Alleinerziehend/2 Erwachsene, Kinderanzahl) und Lebenshaltungskosten (v.a. Höhe der Miete) berechnet wird. Daraus wird eine Einkommensgrenze ermittelt dem dem realen Einkommen gegenüber gestellt wird. von dieser Differenz müssen 30% selbst eingebracht werden und alles an Kitakosten darüber wird ersetzt. Je mehr Kinder also in teuren Kitas sind und je höher der Beitrag ist desto mehr bekommt man ersetzt.

    Die WJH ist eine Bundesgesetzliche Maßnahme, die durch die Kommunen ausgestaltet und finanziert wird. München hat den Rahmen hier sehr weit ausgelegt damit den Eltern möglichst viel refinanziert werden kann und auch mehr Eltern Anspruch haben. Es ist nur sehr kompliziert weil viele Tatbestände das Einkommen nochmal reduzieren können.

    2. Rechtlicher Kram
    Man kann eine ein Gesetz oder ein Verfahren nicht vorab gerichtlich prüfen lassen. Das geht einfach nicht. Man kann es juristisch prüfen durch Kanzleien oder Aufsichtsbehörden wie die Regierung von Oberbayern. Aber eine gerichtliche Entscheidung hat man erst, wenn es beklagt wird und in einem Gerichtsurteil bestätigt wird.
    Parallel zur Münchner Kitaförderung, hat auch ein privater Träger gegen die Regelung in Berlin geklagt und jedes mals verloren aber jedes mal eine Ebene höher gegangen und hat dann am Bundesverwaltungsgericht Recht bekommen auch auf einer Grundlage mit der keiner gerechnet hätte.

    Die Stadt konnte im übrigen nicht in eine höhere Instanz gehen, weil sie nicht verloren hatte, obwohl ihre Förderung als nicht verfassungskonform beurteilt wurde. In einer höheren Ebene hätte auch was anderes rauskommen können.

    3. Stellung Privater Träger
    Die Stadt hat keine Einfluss auf die Existenz privater Träger. Private Kitaträger gibt es in Bayern erst seit 2005 und wurden durch das BayKiBiG zugelassen als Empfänger von staatlicher Förderung. Die BayKiBiG Förderung (50% zahlt Freistaat 50% Kommune) deckt jedoch nur rund 60% der Kosten ab. Der Rest muss woanders herkommen – meist Elternbeiträge.

    Das Hauptziel der Münchner Förderformel war die Beiträge zu deckeln und für Träger eine verlässliche Finanzierung zu schaffen. Wenn Private Träger die Vorgaben erfüllt haben, konnten Sie auch an der MFF teilnehmen. Das Hauptelement war da die Gebührenhöhe analog zur Stadt. Wer das erfüllt nimmt teil wer nicht, bekommt auch kein Geld.

    Gerade die letzte Absenkung 2019 war den privaten Trägern ein Dorn im Auge weil es den Abstand zwischen MFF geförderten Einrichtungen und nichtgeförderten privaten Einrichtung vergrößerte und die haben dann gemerkt dass die Eltern doch lieber weniger zahlen wollen als mehr. Deswegen glaube ich auch nicht, dass die Privaten ohne Probleme ihre Einrichtungen voll bekommen werden.

    4. Hätte es ein besseres System gegeben?
    Ja, die MFF erhalten. Aber dazu hätte der Freistaat die Gesetze ändern müssen und das wollte er nicht. Von dort aus wurde gesagt man solle einfach pro Kopf fördern oder das Defizitverfahren machen.

    Pro Kopfförderung hätte bedeutet pro Kind Summe x egal wie teuer der Kitaplatz ist, d.h. Gewinnmitnahmen ohne Ende, denn Das Urteil sieht vor dass es keine Decklung der Gebühren geben dürfe. und gerade diese Vorgabe macht es so schwer ein anderes Verfahren zu finden, dass auch nur annähernd an den Erfolg der MFF rankommt. Da wurde schon 2 Jahre wirklich jede Idee ersponnen und auch juristisch geprüft.

    Ergänzung
    Noch ein juristischer Punkt der sehr interessant ist, weil er zeigt dass eigentlich das Verhältnis umgekehrt ist. Die Stadt ist nicht dafür zuständig die Kita-Plätze zu schaffen. Aufgrund des Subsidaritätsprinzips sind es die Träger. Nur weil die Träger es nicht schaffen darf die Stadt überhaupt als eigener Träger auftreten und selbst Plätze schaffen – was sie mit 20% Krippen, 40% Kindergarten und 70% Hortplätzen alleine auch nicht so schlecht macht.

    Ich hoffe ich konnte Ihnen auch noch eine andere Seite vermitteln und dass es leider echt kompliziert ist und wirklich alle, die mit Kitas zu tun haben bei Stadt und gemeinnützigen Trägern damals über das Urteil gestöhnt haben, weil klar war was das für eine extra Arbeit das bedeutet. Die privaten Träger haben sich halt verzockt, wollten Geld ohne Gegenleistung und jammern jetzt über die Konsequenzen aus dem Urteil, dass sie erst provoziert haben.

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