Vor etwa einem halben Jahr gab es hier einen Bericht zu diesem Dauerthema der Münchner Kommunalpolitik. Wie vom Stadtrat damals beschlossen, hat das Referat für Arbeit und Wirtschaft in einer aktuellen Vorlage am vergangenen Dienstag über den weiteren Netzausbau (4G und 5G) berichtet. Und da zeigt sich, dass es kaum vorangeht.
Ein paar Zahlen dazu: In München gibt es gegenwärtig etwa 1570 Sendeanlagen. Laut der drei Netzbetreiber (Telekom, Vodafone, Telefonica) werden für den weiteren Ausbau des Netzes dringend weitere Anlagen benötigt. Dazu melden die Netzbetreiber bei der Bundesnetzagentur sogenannte „Suchkreise“ an, d.h. Gebiete in München, in denen ein Standort für einen zusätzlichen Sendemast gesucht wird. Allein seit der letzten Befassung des Ausschusses mit diesem Thema im November 2020 sind 18 neue Suchkreise hinzugekommen. Im Gesamtjahr 2020 waren es 89. Das ist die Nachfrageseite.
Auf der Angebotsseite wurden mit dem Beschluss im November die Stadtwerke beauftragt, die Auswahl städtischer Gebäude zu koordinieren, die den Netzbetreibern angeboten werden können. Zwar konnten auf diese Weise inzwischen über 200 grundsätzlich mögliche Standorte identifiziert werden. Allerdings wurden in den vergangenen sechs Monaten für ganze drei Standorte eine Freigabe durch die Stadtverwaltung erreicht.
Warum ist das so ? Die Vorlage formuliert etwas nebulös, dass Nutzer einer städtischen Liegenschaft, beispielsweise ein anderes Referat, häufig Bedenken gegen eine Installation einer Sendeanlage erheben. In der Debatte im Ausschuss hat der Referatsleiter klargestellt, dass solche Einwände, unabhängig von ihrer Begründung, wie ein Veto wirken. Denn es gibt innerhalb der Verwaltung bislang niemanden, der die Argumente für und gegen einen Sendemast bewertet und dann eine Entscheidung herbeiführt. Genau dieser Punkt war bereits im November 2020 intensiv diskutiert worden, vgl. den damaligen Bericht.
Wie lässt sich dieser Stillstand endlich überwinden? Zunächst einmal haben am Dienstag alle großen Fraktionen im Ausschuss einmal mehr ihre Unterstützung für einen schnellen Ausbau der Mobilfunknetze bekräftigt. Das gilt auch für die Grünen, bei denen es jedoch nach eigener Aussage außerhalb der Stadtratsfraktion auch ganz andere Meinungen zu diesem Thema gibt.
Vielleicht liegt da das Problem. Denn nach übereinstimmender Auffassung der Ausschussmitglieder muss bei einem Konflikt zwischen verschiedenen Referaten eine Entscheidung eine Ebene weiter oben herbeigeführt werden. Und damit liegt die Verantwortung bei Frau Habenschaden (Grüne), die als zweite Bürgermeisterin für das Referat für Arbeit und Wirtschaft zuständig ist. Ihr stünde es durchaus zu, Einwände abzuwägen und eine Entscheidung herbeizuführen, gegebenenfalls nach Rücksprache mit dem Stadtrat, wenn es um grundsätzlichere Aspekte wie die anzuwendenden Kriterien geht.
Allerdings war davon nichts zu erkennen, jedenfalls nicht in der von Frau Habenschaden selbst geleiteten Debatte im Ausschuss. Sie moderiert die Diskussion freundlich, aber ohne wahrnehmbaren Führungs- und Gestaltungswillen, den Mobilfunkausbau in München voranzubringen. Da mag der Gedanke eine Rolle spielen, im anstehenden Wahlkampf niemanden durch Standortentscheidungen für neue Sendemasten zu verprellen. Denn die Bedenken gegen Mobilfunkanlagen sind immer noch weit verbreitet und leben mit jedem Generationswechsel der Mobilfunktechnologie wieder auf.
Anfang 2022 wird die (unendliche) Geschichte mit einem weiteren Bericht des Referats für Arbeit und Wirtschaft fortgesetzt. Dieser Termin liegt nach der Bundestagswahl. Vielleicht geht es dann vorwärts.