Echt divers

Selbst wenn Corona alles andere als vorbei ist, hat sich die Finanzlage der Stadt in den letzten Monaten deutlich verbessert. Die Gewerbesteuereinnahmen sind im dritten Quartal überraschend stark angestiegen und liegen in 2021 voraussichtlich wieder auf dem Niveau vor Corona. Dies kann man in einer am vergangenen Mittwoch von der Stadtkämmerei im Finanzausschuss vorgelegten Übersicht erkennen. Wie das mit der Wirtschaftsstruktur Münchens zusammenhängt, wird im Folgenden erläutert.

Für den Haushalt der Stadt München haben die Gewerbesteuereinnahmen zentrale Bedeutung. Das sieht man unmittelbar in folgendem Diagramm:

Verlauf der Steuereinnahmen 2018 – 2020 (Quelle: muenchen.de)

In der Pandemie ist das Gewerbesteueraufkommen schlagartig um fast eine Milliarde Euro zurückgegangen, viel stärker als andere Steuereinnahmen. Allerdings hat der Bund den Städten in 2020 einmalig den Ausfall der Gewerbesteuer in großem Umfang ersetzt, um den finanziellen Kollaps vieler Gemeinden zu verhindern. Das hat München etwa 600 Mio. EUR gebracht.

Inzwischen sieht die Finanzlage der Stadt wieder deutlich besser aus. In der monatlich erscheinenden Finanzinformation der Stadtkämmerei findet sich dazu folgendes Schaubild:

Entwicklung der Einnahmen der Stadt München (Quelle: muenchen.de)

Mit einem prognostizierten Wert von über 2,6 Mdr. EUR liegt die Gewerbesteuer wieder auf dem Niveau von 2019. Wie konnte das so schnell gelingen?

Die Antwort liegt in der Diversität der Münchner Wirtschaftsstruktur. Das folgende Diagramm zeigt die zeitliche Entwicklung des Gewerbesteueraufkommens der verschiedenen Branchen:

Entwicklung des Gewerbesteueraufkommens in verschiedenen Branchen Münchens.
(Quelle: Anlage 2 zur Bekanntgabe der Gewerbesteuervorausszahlungen)

Gerettet hat die Finanzlage der enorme Anstieg der Gewerbesteuer von Banken und Versicherungen (rot), die nicht nur unbeschadet die Pandemie überstanden haben, sondern aktuell offensichtlich Rekordgewinne einfahren. Aber auch das produzierende Gewerbe (dunkelblau) und die Dienstleistungen (dunkelgrün) sind wieder auf dem Weg nach oben. Einzig das Gastgewerbe (hellblau) zeigt kaum Anzeichen der Erholung, schon gar nicht, wenn in Anbetracht der aktuellen Pandemielage neue Schließungen im Raum stehen. Für das Gewerbesteueraufkommen insgesamt hat das allerdings kaum Auswirkungen.

Die Mischung mehrerer starker Branchen schafft finanzielle Stabilität. Denn nicht jede Krise trifft alle gleich. So kann man am linken Rand des obigen Schaubilds sehen, dass Banken und Versicherungen nach der Finanzkrise in 2008 länger gebraucht haben, um sich zu erholen. Das Steueraufkommen anderer Branchen, beispielsweise des Groß- und Einzelhandels, zeigt kaum Schwankungen.

Der neu gewonnene finanzielle Spielraum der Stadt ist dringend nötig. Denn die Kosten der Pandemie sind weiterhin hoch. In der Sitzung des Finanzausschusses am vergangenen Mittwoch wurde auch der jährliche Beteiligungsbericht vorgestellt, der die wirtschaftliche Lage der Unternehmen der Stadt zeigt. Hier die Situation bei den Münchner Verkehrsbetrieben:

Auswirkungen der Pandemie auf die Münchner Verkehrsbetriebe (Quelle: Beteiligungsbericht 2021)

Der Einbruch ist dramatisch. Die Fahrgeldeinnahmen sind in 2020 um über 300 Mio. EUR zurückgegangen. Bei vielen anderen städtischen Unternehmen sieht es ähnlich aus.

Ausgleichen kann die Stadt diese horrenden Zahlen nur mit einem stabilen Gewerbesteueraufkommen. Es bleibt zu hoffen, dass es gelingt, den dafür erforderlichen Mix verschiedener Branchen der Münchner Wirtschaft zu erhalten und weiter auszubauen.

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