Homeoffice in der Stadtverwaltung – attraktiv und produktiv?

Ebenso wie viele (Büro-) Arbeitnehmer sind auch die Angestellten der Stadtverwaltung im März 2020 von einem Tag auf den anderen ins Homeoffice geschickt worden. In der damaligen Dienstanweisung hieß es:

„ab dem 19.03.2020 [sollen] alle Beschäftigten in Absprache mit der Dienststelle grundsätzlich […] von zu Hause arbeiten.“

Mit dem Abklingen der Pandemie stellt sich die Frage, wie es weitergeht. Ist Homeoffice nach eineinhalb Jahren immer noch sinnvoll? Wenn ja, in welchem Umfang? Kann man damit Kosten sparen? Die Rathauskoalition aus Grünen und SPD hat bereits im Herbst 2020 einen längeren Antrag zu diesem Thema gestellt. Darin wird verlangt, flexibles Homeoffice dauerhaft zu ermöglichen, zusammen mit folgende Forderungen:

„2. Die bestehenden Büroarbeitsplätze (ausgenommen Lehr- und Erziehungsdienst) der Landeshauptstadt München werden um mindestens 15 Prozent gekürzt. […..]

3. Die aktuellen Kosten für Anmietung / Bewirtschaftung von Büroarbeitsplätzen bei der Landeshauptstadt München werden um mindestens 20 Prozent gekürzt.

Das Referat für Verwaltung und Personal hat dazu für die gestrige Ausschusssitzung eine umfangreiche Vorlage erarbeitet. Das Thema Homeoffice wird darin von allen Seiten beleuchtet. Eine wichtige Frage bleibt jedoch unbeantwortet.

Den Umfang von Homeoffice in der städtischen Verwaltung während der Pandemie zeigen folgende Daten, die in einer Anlage zur Vorlage zu finden sind:

Über 16 Kalenderwochen hinweg lassen sich kaum Veränderungen im Verhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung beobachten. Ein großer Teil arbeitet mindestens einen Tag pro Woche von zu Hause aus.

Darüber hinaus hat das Personalreferat eine Umfrage durchgeführt, an der sich mehr als 6000 Personen beteiligt haben. Die Erfahrung mit Homeoffice werden zu 90% als gut bezeichnet. Die Möglichkeit, auf diese Weise zu arbeiten, halten über 76% des Personals für wichtig, damit die Stadt München ein attraktiver Arbeitgeber ist. Allerdings zeigt die Umfrage auch die Nachteile von Homeoffice. Neben technischen Problemen mit der IT sind dies in erster Linie die mangelnde Kommunikation untereinander und die Befürchtung, die eigenen Leistungen würden nicht mehr richtig wahrgenommen. Insgesamt lässt die Befragung aber keinen Zweifel daran, dass Homeoffice aus Sicht des Personals auch in Zukunft eine Option sein sollte – unabhängig von der Pandemielage.

Nur: bleibt dabei auch die Leistungsfähigkeit der Verwaltung erhalten? Diese Frage wurde weder in der Vorlage noch in der Umfrage untersucht. Zwar haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angegeben, dass viele Kontakte mit „Kunden“ über Telefon und / oder Videokonferenz abgewickelt könnten. Ob die Produktivität des Personals der Stadtverwaltung durch Homeoffice insgesamt steigt oder sinkt, wird damit nicht geklärt. Zweifel klingen allerdings durch, wenn – wie am Rande der Auswertung der Umfrage erwähnt – obere Führungsebenen teilweise fordern, nach Corona zu 100% Präsenz zurückzukehren.

Aus meiner Sicht wäre eine breit angelegte Nachfrage zur Einschätzung der Produktivität auf verschiedenen Stufen der Stadtverwaltung sinnvoll, um ein vollständiges Bild über die Vor- und Nachteile von Homeoffice zu erhalten. Ohne diese Information sollte der Stadtrat keine Entscheidung treffen, in welchem Umfang Homeoffice nach der Pandemie weiter fortgeführt werden soll.

Wenn Homeoffice auch in Zukunft in großem Umfang erhalten bleibt, sind erhebliche Einsparungen möglich. Hierzu enthält die Vorlage klare Vorstellungen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die teilweise im Homeoffice arbeiten, werden sich in Zukunft verstärkt Büroarbeitsplätze teilen müssen – im Neudeutsch der Vorlage wird das als „Zellenbüro-Desksharing, ZDS“ bezeichnet. In fast allen Referaten sollen durch ZDS 15% der Büroarbeitsplätze wegfallen.

Die Reaktionen der Referatsleitungen zu diesen Plänen reichen von kritischer Zustimmung bis zu völliger Ablehnung. In der Tat sind die Voraussetzungen sehr verschieden. In Referaten mit viel Publikumsverkehr wie dem Sozialreferat gibt es sicher weniger Möglichkeiten zum dauerhaften Homeoffice als in der Stadtkämmerei.

Der Ausschuss am vergangenen Mittwoch hat sich mit diesen Einwänden ebenso wenig beschäftigt wie mit der oben gestellten Frage nach den Folgen von Homeoffice für die Produktivität der Stadtverwaltung. Die Vorlage wurde nach kurzer Debatte ohne Änderung einstimmig verabschiedet. Dem liegt offensichtlich die Auffassung zugrunde, dass der Istzustand beim Homeoffice mehr oder weniger unumkehrbar ist und lediglich sichergestellt werden soll, dass mögliche Einsparungen durch den Abbau von Büroarbeitsplätzen auch tatsächlich realisiert werden. Es bleibt zu hoffen, dass die Leistungsfähigkeit der Stadtverwaltung dabei nicht auf der Strecke bleibt.

Im 1. Quartal 2022 wird es zu diesem Thema eine weitere Vorlage geben. Darüber werde ich berichten.

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