Ein „Glücksfall“ für die Finanzen

Zu welchen Schwierigkeiten die Corona-Pandemie für die Finanzen Münchens geführt hat, habe ich in der Vergangenheit in mehreren Beiträgen erläutert. Die Gewerbesteuer, Haupteinnahmequelle für den städtischen Haushalt, ist in 2020 und 2021 erheblich eingebrochen. Gleichzeitig sind die Ausgaben angestiegen, um die Pandemie und ihre Auswirkungen auf München zu bekämpfen.

Da war es erfreulich, im gestrigen Finanzausschuss zu erfahren, dass sich die Lage inzwischen deutlich verbessert hat. Das liegt jedoch nicht nur an den vom Stadtrat beschlossenen Sparmaßnahmen und dem allmählich wieder steigenden Gewerbesteueraufkommen. Verantwortlich ist auch ein „Glücksfall“, der den Betrachter allerdings etwas ratlos zurücklässt.

In der Vorlage der Stadtkämmerei für die gestrige Sitzung werden eine Menge Zahlen zur aktuellen Finanzlage der Stadt präsentiert. Will man dieses Dokument verstehen, muss man sich zunächst mit den Begrifflichkeiten der kommunalen Finanzverwaltung beschäftigen. Ein kurzer Erklärungsversuch:

Für die Planung der städtischen Finanzen gibt es zwei Haushalte, den Verwaltungshaushalt und den Vermögenshaushalt. Der Verwaltungshaushalt plant alle Einnahmen der Stadt im nächsten Jahr, unter anderem die bereits erwähnte Gewerbesteuer, und stellt sie den geplanten Ausgaben für die städtische Verwaltung gegenüber, beispielsweise den Personalkosten für die Angestellten oder auch den Auszahlungen der Sozialhilfe. Nach den gesetzlichen Vorgaben muss der Verwaltungshaushalt ausgeglichen sein, d.h. die Stadt darf im Regelfall für ihre normale Verwaltungstätigkeit keine Schulden einplanen. Wegen der Pandemie durfte davon gemäß einer Verordnung des Freistaats Bayern in 2020 und 2021 ausnahmsweise abgewichen werden.

Investitionen der Stadt, beispielsweise für den Kauf eines Grundstücks oder für den Bau einer Schule, finden sich im Vermögenshaushalt. Hier werden Ausgaben geplant, die das Vermögen der Stadt verändern werden. Grundsätzlich sollten die dafür erforderlichen Finanzmittel durch Überschüsse im Verwaltungshaushalt erwirtschaftet werden – ein Zustand, den München gegenwärtig nicht erreicht, da es nur mit Hilfe einer Rücklage aus früheren Jahren überhaupt gelingt, den Verwaltungshaushalt auszugleichen. Im Vermögenshaushalt dürfen allerdings Schulden aufgenommen werden. Anders wären große Investitionen, wie der Bau einer neuen U-Bahn Linie nicht zu finanzieren.

Zur Steuerung der Finanzen im laufenden Jahr dient der Ergebnishaushalt. Hier werden die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben der Stadt München gegenübergestellt. In der gestrigen Sitzung wurde den Stadträtinnen und Stadträten mit der bereits erwähnten Vorlage aktuelle Zahlen zum Ergebnishaushalt vorgelegt.

Die folgende tabellarische Auflistung zeigt die Verbesserung des Ergebnishaushalts gegenüber der Planung für 2021:

Angaben in Mio. EUR; Quelle: Vorlage der Stadtkämmerei

Ohne auf alle Details einzugehen, erkennt man zwei wesentliche Veränderungen, die für das um über 800 Mio. EUR verbesserte Ergebnis verantwortlich sind. Zum einen sind die Einnahmen aus der Gewerbesteuer um 478 Mio. EUR höher als geplant. Allerdings liegt das weniger an der Erholung der Münchner Wirtschaft nach Corona, sondern an zusätzlichen Nachzahlungen aus den (Boom-) Jahren davor. Die aktuelle Entwicklung der Gewerbesteuervorauszahlungen ist in einigen Branchen (z.B. Gastgewerbe, produzierendes Gewerbe) immer noch sehr verhalten:

Gewerbesteuervorauszahlungen der verschiedenen Münchner Branchen; Quelle: Aufstellung der Stadtkämmerei

Neben den Gewerbesteuernachzahlungen verbessert sich das Ergebnis in 2021, weil Vorsorgeaufwendungen um 458 Mio. EUR geringer ausfallen als im Verwaltungshaushalt geplant. Das überrascht. Bei den Versorgungsaufwendungen handelt es sich um Rückstellungen für die Alters- und Krankenversicherung des städtischen Personals. Da sich die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den letzten Monaten nicht halbiert hat, kam im Ausschuss die Frage auf, wie die Veränderung zu erklären ist. Die Antwort ist ganz einfach – ein simpler Rechenfehler im Personalreferat. Das ist im Ergebnis erfreulich, weil es damit fast gelingt, einen ausgeglichenen Ergebnishaushalt zu erreichen. Der aus einer Rücklage gedeckte Fehlbetrag beträgt jetzt nur noch 38 Mio. EUR, bei einem Gesamtvolumen von fast 8 Mrd. EUR. Allerdings fragt man sich, wie die Lage wäre, wenn der Rechenfehler in die andere Richtung gegangen wäre und auf einmal eine halbe Milliarde Euro zusätzlich benötigt würde.

Ob und wie sichergestellt werden kann, dass Fehler in dieser Größenordnung – immerhin mehr als 5% des gesamten Haushaltsvolumens – sich bei der anstehenden Aufstellung des Verwaltungs- und des Vermögenshaushalts für 2022 nicht wiederholen, wurde im Ausschuss nicht weiter diskutiert. Man war wohl einfach froh, endlich wieder einmal gute Nachrichten aus der Kämmerei zu bekommen.

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