Teure Fahrradstellplätze am neuen Hauptbahnhof

Im Jahr 2015 hat der Stadtrat die Planung für den neuen Hauptbahnhof verabschiedet. Der Abriss des alten Bahnhofsgebäudes ist bereits erfolgt und die Bauarbeiten für die Anbindung des zukünftigen Neubaus an die zweite Stammstrecke sind in vollem Gang. Die Computeranimation in der damaligen Stadtratsvorlage zeigt anschaulich, wie das neue Gebäude und der Platz vor dem neuen Hauptbahnhof einmal aussehen sollen:

Der zukünftige Bahnhofsvorplatz. Die wenigen Fahrradstellplätze sind rot umrandet. (Quelle: Anlagen zur Stadtratsvorlage aus 2015, rote Markierung hinzugefügt)

Nur beim sehr genauen Hinschauen erkennt man an der Nordseite (im „Wimmelbild“ oben rechts) des neuen Gebäudes ein paar Fahrradständer, an denen wohlgeordnet ein paar Räder abgestellt sind. Das sieht schön aus, hat aber mit der zukünftigen Realität möglicherweise nichts zu tun. Bereits am alten Hauptbahnhof gab es jede Menge wild geparkte Räder und keine Abstellanlagen, denen man ein teures Fahrrad länger anvertrauen würde. Der Stadtrat war sich bereits 2015 dieses Problems bewusst und hat daher den Auftrag vergeben, mindestens 3000 Fahrradstellplätze im Bahnhofsbereich einzuplanen. Diese Zahl geht zurück auf eine Bedarfsanalyse aus 2015.

Den erforderlichen Platz dafür in unmittelbarer Bahnhofsnähe zu finden, ist allerdings gar nicht so einfach. In der Vorlage für die Vollversammlung am vergangenen Mittwoch hat das Stadtplanungsreferat verschiedene Standorte aufgelistet:

Mögliche Standorte für Fahrradabstellanlagen über und unter der Erde im Bahnhofsbereich (Quelle: Vorlage des Stadtplanungsreferats)

Bei vielen dieser Standorte ist die Nutzbarkeit noch weitgehend ungeklärt. In der Vollversammlung ging es in erster Linie um den Bereich [1] im nördlichen Untergeschoss des Neubaus des Bahnhofsgebäudes. Die Bauherrin, die DB AG, hat diese Fläche Anfang des Jahres kurzfristig der Stadt angeboten. Das Angebot ist im Stadtrat auf ein geteiltes Echo gestoßen, denn es hat große Nachteile:

– Der Zugang soll nur über zwei Lifte für jeweils vier Radfahrer möglich sein. Da kann man, wie von der FDP Fraktion vorgerechnet, durchaus Zweifel haben, ob damit zu Stoßzeiten ein zügiges Be- und Entladen der 700 Räder in der geplanten Abstellanlage überhaupt möglich wird.

– Noch schwerer wiegen die Kosten. Je nach Schätzung wird der Bau der Anlage zwischen 12 und 20 Mio EUR benötigen, die von der Stadt zu übernehmen sind. Darüber hinaus verlangt die DB AG eine jährliche Miete von ca. 200.000 EUR. Rechnet man das auf den einzelnen Stellplatz um, sind das 17.000 EUR Investitionskosten pro Stellplatz zzgl. 300 EUR jährliche Miete. Das ist sehr viel Geld.

Es drängt sich der Eindruck auf, dass die DB AG, in Kenntnis der Schwierigkeiten des Stadtrats mindestens 3000 Abstellplätze im Bahnhofsbereich vorzusehen, sich ein ansonsten vielleicht gar nicht so attraktives Kellergeschoss vergolden lassen will. Ungünstig ist zudem der enorme Zeitdruck, da laut Vorlage eine Entscheidung innerhalb weniger Tage erforderlich ist, um Planungsverzögerungen beim Gesamtprojekt zu vermeiden.

Von der ÖDP wurde daher – wie ich finde zu Recht – angemerkt, dass man bereits viel früher mit der DB AG die Frage der Bereitstellung von ausreichend Fahrradstellplätzen im Untergeschoss des Neubaus hätte verhandeln müssen und zwar zu einem Zeitpunkt, als die Stadt vor der Bewilligung des Bebauungsplans in den Verhandlungen noch hätte Druck aufbauen können.

Zum jetzigen Zeitpunkt nützen diese Überlegungen leider nichts mehr. Der Vollversammlung blieb nur die Frage zu beantworten, wie wichtig es ist, an so einem attraktiven Standort nah an den Gleisen eine Fahrradabstellanlage errichten zu können. Im Ergebnis hat sich eine große Mehrheit des Stadtrats dazu durchgerungen, das Geld für die ersten 700 der 3000 Stellplätze auszugeben.

Das kann aber nur ein erster Schritt sein, um am neuen Hauptbahnhof die erforderliche Bike & Ride Infrastruktur bereitzustellen. Bei täglich über 400.000 Reisenden führen bereits geringe Zunahmen des Anteils derjenigen, die innerhalb der Stadt das Rad nehmen, zu einem weitaus höheren Bedarf als die in 2015 geschätzten 3000 Stellplätze. Notlösungen wie das schwimmende Parkplatzschiff am Bahnhof Amsterdam sind in München leider nicht machbar:

Fahrradparkplatz auf Schiff Amsterdam
Das schwimmende Fahrradparkhaus neben dem Bahnhof Amsterdam – leider keine Lösung für München

Es sind daher erhebliche zusätzliche Anstrengungen erforderlich, um den Radlern genügend Stellplätze anzubieten und gleichzeitig die eingangs gezeigte attraktive Gestaltung des neuen Bahnhofsgeländes nicht zu beeinträchtigen.